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Mücken gegen Malaria

Medizin. - Malaria gehört zu den schlimmsten Seuchen weltweit und lässt sich zudem - je nach Typ - kaum behandeln. Jetzt wollen Forscher dem Parasiten seinen Weg abschneiden - mit Mücken, die gegen ihn resistent sind.

Von Martin Winkelheide |
    Es gibt sie seit etwa sechs Jahren: Genetisch veränderte Mücken, die resistent sind gegen Malaria.

    "Die Mücken tragen ein zusätzliches Gen für ein kleines Eiweiß-Molekül mit Namen SM1. Es blockiert spezielle Strukturen im Darm und in den Speicheldrüsen der Mücken. Das hindert Malaria-Parasiten daran, sich im Mückendarm zu vermehren."

    Die resistenten Mücken sind Laborgeschöpfe. Hätten sie überhaupt eine Chance, in der freien Wildbahn zu überleben? Das war bislang unklar, so Marcelo Jacobs-Lorena vom Malaria Forschungszentrum der Johns Hopkins Universität in Baltimore:

    "Verschiedene Forscher haben bereits untersucht, ob diese genetisch veränderten Mücken kürzer leben und weniger Nachwuchs haben – ob sie also ökologisch gesehen weniger "fit" sind. Die Ergebnisse der Studien waren widersprüchlich. Manche ergaben, dass die transgenen Mücken tatsächlich geschwächt sind. Wir dagegen fanden in unseren Studien keinen Unterschied zwischen den genetisch manipulierten und den normalen Mücken."

    Ein neuer Versuch von Marcelo Jacobs-Lorena und seinen Kollegen sollte Klarheit bringen.

    "Die Forscher setzten zwei Mückengruppen in einem Käfig aus: Genetisch manipulierte Malaria resistente Mücken und normale Mücken im Verhältnis eins zu eins. Als Nahrungsquelle dienten Mäuse, die mit dem mäusetypischen Malaria-Erreger infiziert waren."

    Die beiden Gruppen standen in direkter Konkurrenz zueinander. Neun Mückengenerationen später zählten die Forscher die Tiere erneut durch.

    "Die Malaria resistenten Mücken haben eindeutig gewonnen. Zum Schluss gab es 70 Prozent resistente Mücken und nur 30 Prozent normale Mücken."

    Die gentechnisch veränderten Mücken hatten sich also durchgesetzt und mehr Nachkommen hervorgebracht. Es handelt sich um den ersten experimentellen Nachweis, dass Malaria resistente Mücken einen Überlebensvorteil haben können – unter Laborbedingungen. Die Frage stellt sich: Würden sich Malaria resistente Mücken auch im Freiland durchsetzen?

    Marcelo Jacobs-Lorena von der Johns Hopkins Universität in Baltimore ist vorsichtig. Wahrscheinlich könnten ausgesetzte transgene Mücken überleben. Sie würden nicht – wie Forscher bislang befürchtet hatten - einfach spurlos wieder verschwinden. Aber selbst in afrikanischen Ländern, in denen die Malaria weit verbreitet ist, wäre der Überlebensvorteil der transgenen Mücken nicht groß genug, um die normalen Mücken langfristig zu verdrängen und so dafür zu sorgen, dass die Malaria-Parasiten nicht mehr auf Menschen übertragen werden können. Mit transgenen Mücken allein wird sich das Malaria-Problem nicht lösen lassen, davon ist Marcelo Jacobs-Lorena überzeugt.

    "Wir müssen an verschiedenen Punkten gleichzeitig ansetzen: Dazu brauchen wir Medikamente, die den Malaria-Parasiten abtöten. Wir brauchen Insektengift, das die Mücken umbringt. Die genmanipulierten Mücken könnten hilfreich sein. Und natürlich Impfstoffe - vorausgesetzt, es gelingt eines Tages, eine wirksame Schutzimpfung zu entwickeln."

    Genetisch veränderte Mücken könnten langfristig ein Baustein sein von vielen im Kampf gegen die Malaria. Von Versuchen im Freiland ist man heute noch weit entfernt. Dazu müssen zunächst Mücken entwickelt werden, die gegen plasmodium falciparum resistent sind, den Erreger der Malaria beim Menschen. Unbekannt ist zudem auch, welche Risiken für das ökologische Gleichgewicht bestehen, wenn die genetisch manipulierten Mücken eines Tages in die freie Wildbahn entlassen würden.