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Müde Professoren motivieren

Engagieren sich Professoren mehr in der Lehre, wenn sie dafür zusätzlich Geld bekommen? Das möchten Forscher der Technischen Universität Dortmund herausbekommen. Unter der Leitung von Professor Uwe Wilkesmann werden die Wissenschaftler zwei Jahre lang untersuchen, ob und wie Professoren zu motivieren sind.

Uwe Wilkesmann im Gespräch mit Kate Maleike | 04.09.2008
    Kate Maleike: Engagieren sich Professorinnen und Professoren in Deutschland mehr in der Lehre, wenn sie dafür Leistungsanreize bekommen? Auf diese Frage gibt es sicher so die eine oder andere Spekulation in der Öffentlichkeit. Bislang ist es allerdings nicht empirisch belegt.

    Forscher der Technischen Universität Dortmund wollen das nun ändern. Das Team von Professor Uwe Wilkesmann hat ein entsprechendes Projekt gestartet, gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft für zwei Jahre. Wie gehen Sie denn vor bei diesem Forschungsprojekt?

    Uwe Wilkesmann: Wir werden jetzt erst mal versuchen, herauszufinden, was es für unterschiedliche Formen gibt und anschließend werden wir eine bundesweite Befragung unter Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern zu diesem Thema machen und hoffen, dann diese Frage beantworten zu können.

    Vielleicht muss ich noch mal kurz erklären: Es gibt ja für alle Professoren, die seit dem 1. Januar 2005 neu berufen worden sind in die sogenannte W-Besoldung, da können besondere Leistungen, eben auch besondere Leistungen in der Lehre, monetär belohnt werden.

    Es gibt allerdings auch so was wie Lehrpreise, Urkunden, die vergeben werden, es werden aber auch immer Zielvereinbarungen mittlerweile in allen deutschen Universitäten geschlossen, in denen auch besondere Leistungen in der Lehre verlangt werden können. Und es gibt sogenannte Formelmodelle, das heißt, Indikatoren, nach denen die einzelnen Länder den Hochschulen Geld zuweisen. Und diese werden in der Regel in den Hochschulen weiter an die Fachbereiche und Fakultäten gegeben, und die müssen das natürlich auch weiter an die einzelnen Professorinnen und Professoren weitergeben, weil auf dieser Ebene natürlich die eigentliche Leistung erbracht wird, nämlich Forschung und Lehre.

    Maleike: Die Leistungsanreize haben Sie ja jetzt schon so ein bisschen beschrieben. Wie wollen Sie denn ehrliche Antworten bekommen?

    Wilkesmann: Das ist eine auch unter den Professorinnen und Professoren heiß diskutierte Frage und ich erhoffe mir da auch ein gewisses Engagement von den Kolleginnen und Kollegen. Es gibt, sage ich mal, eine "alte Steuerung", in Anführungsstrichen, und eine neue Steuerung. Also, in der alten Steuerung ist man immer davon ausgegangen, dass Professorinnen und Professoren hoch intrinsisch motiviert sind, also eben aus sich selbst heraus die Aktivitäten machen, die sie machen müssen, weil es einfach ihnen Spaß macht, weil in Deutschland die Qualifikation bis dahin sehr lang war. Also, ich musste erst mal promovieren, dann musste ich habilitieren, das dauerte alles extrem lange. Und diese Phasen kann ich nur überstehen, wenn ich eben einfach hoch intrinsisch motiviert bin. Es ist also ein Selbstselektionseffekt.

    Man muss dazu wissen, es gibt natürlich jetzt in der Forschung, die sich hauptsächlich natürlich auf den Unternehmensbereich bezieht, schon einige Erkenntnisse, die sich darauf beziehen, dass nämlich Leute, wenn Leute schon hoch intrinsisch motiviert sind und sie zusätzlich dann noch einen von außen gegebenen, also extrinsischen Anreiz bekommen, das nicht unbedingt additiv sein muss, also, dass sie zusätzlich noch mehr motiviert sind, sondern dass das nämlich dann die intrinsische Motivation sogar verdrängen kann.

    Also, weil ich nämlich wenn ich einen Anreiz von außen gebe, also zum Beispiel in der W-Besoldung noch eine leistungsorientierte Zulage gebe, dann muss ich das ja irgendwie messen. Also, ich muss messen, der Kollege XY kriegt mehr Geld, weil er besonders gut in der Lehre ist, und das messe ich dadurch, dass er entweder eine gute Lehrevaluation hat, also die Studierenden ihn gut beurteilen, oder er mehr Lehre macht, als er eigentlich machen müsste, oder, oder.

    Und wenn ich das messe, könnte das natürlich bei einigen so wahrgenommen werden, dass sie das als Kontrolle wahrnehmen, nach dem Motto: "Ich habe das zwar bisher gemacht, aber die glauben mir das nicht und kontrollieren mich jetzt". Und dann, wenn das so wahrgenommen wird, sinkt die Motivation. Andererseits ist es aber auch möglich, dass die Leute sagen: "Wunderbar, jetzt endlich sieht jemand, wie toll ich meine Lehre mache oder wie sehr ich mich engagiere und das wird noch mal honoriert und belohnt." Das wollen wir herausfinden.

    Maleike: Wann ist denn mit den ersten Ergebnissen zu rechnen?

    Wilkesmann: Wir hoffen, dass wir in anderthalb Jahren die ersten Ergebnisse dann vorlegen können.

    Maleike: Und was passiert dann damit?

    Wilkesmann: Diese Ergebnisse werden wir veröffentlichen natürlich und wir hoffen, dass dann die Diskussion darüber sozusagen auf eine andere Grundlage gestellt werden kann, weil wir dann endlich empirisches Material haben, wo wir auch sagen können, ob und in welcher Form diese Anreize natürlich wirklich handlungswirksam sind.

    Maleike: Und es könnte möglicherweise auch eine Handreichung sich daraus ergeben für die Hochschulen, bestimmte Leistungsanreize, die durch Ihre Forschung belegt wirken, auch einzuführen?

    Wilkesmann: Genau. Also, wir können dann hoffentlich sagen, dass es gewisse Anreize gibt, die einen gewissen Effekt haben oder vielleicht auch andere Anreize gibt, die keinen oder nur einen geringen Effekt hat. Und das könnte natürlich dann auch eine Handlungsempfehlung für Hochschulen sein, wie sie sich zukünftig verhalten können.

    Maleike: Professor Uwe Wilkesmann, vielen Dank für das Gespräch. Die Dortmunder Forscher haben gerade ein Projekt gestartet, in dem sie herausfinden wollen, ob Professorinnen und Professoren sich mehr engagieren, wenn sie dafür Leistungsanreize bekommen.