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Mühsame Wiedereinbürgerung von Tieren in Australien

Die Ankunft der Europäer vor rund 200 Jahren bedeutete einen entscheidenden Einschnitt für die einzigartige australische Tierwelt. Denn mit den Weißen kamen Tierarten auf den fünften Kontinent, die die Ökosysteme gründlich durcheinander brachten. Für die Jagd eingeschleppte Füchse und verwilderte Katzen spezialisierten sich auf viele der kleineren Beuteltiere. Die ebenfalls zu Jagdzwecken ausgesetzten Kaninchen entwickelten sich zu ernsten Nahrungskonkurrenten. Für viele Tierarten waren kleine Inseln vor den australischen Küsten die letzte Rettung. In Westaustralien versuchen Wissenschaftler und Bürgerinitiativen drei besonders gefährdete Arten wieder auf dem Festland zu etablieren. Auf einer Halbinsel in der Nähe des Unesco-Weltnaturerbes Shark Bay. Dafür erhielten sie in diesem Jahr den renommiertesten australischen Umweltschutzpreis, den Banksia Award.

von: Dagmar Röhrlich |
    Die Ankunft der Europäer vor rund 200 Jahren bedeutete einen entscheidenden Einschnitt für die einzigartige australische Tierwelt. Denn mit den Weißen kamen Tierarten auf den fünften Kontinent, die die Ökosysteme gründlich durcheinander brachten. Für die Jagd eingeschleppte Füchse und verwilderte Katzen spezialisierten sich auf viele der kleineren Beuteltiere. Die ebenfalls zu Jagdzwecken ausgesetzten Kaninchen entwickelten sich zu ernsten Nahrungskonkurrenten. Für viele Tierarten waren kleine Inseln vor den australischen Küsten die letzte Rettung. In Westaustralien versuchen Wissenschaftler und Bürgerinitiativen drei besonders gefährdete Arten wieder auf dem Festland zu etablieren. Auf einer Halbinsel in der Nähe des Unesco-Weltnaturerbes Shark Bay. Dafür erhielten sie in diesem Jahr den renommiertesten australischen Umweltschutzpreis, den Banksia Award.

    Es sind drei kleine Inseln vor der Küste Westaustraliens, die zum letzten Rückzugsgebiet für drei Tierarten geworden sind: für das Bürstenkanguruh, den westlichen Bänderbeuteldachs und das Wo-pil-kara.

    Das Bürstenkänguruh ist ein kleines Rattenkänguruh von der Größe eines Kaninchens, und sie graben auch Löcher ähnlich wie sie. Bürstenkanguruhs sind nachtaktiv und leben in unterirdischen Hohlensystemen. Der Westliche Bänderbeuteldachs ist etwa so groß wie ein Eichhörnchen und gleicht vom Aussehen her der Spitzmaus. Auch er ist nachtaktiv und er lebt in Büschen versteckt. Die dritte Art, das Wopilkara, ist eine nestbauende Rattenart. Dieser Nager sieht aus wie ein Hamster mit einem Schwanz. Sie sind sehr freundlich, beißen nicht und gleichen Ratten in in vielerlei Hinsicht gar nicht.

    Jacqui Richards, Biologin bei der Umweltschutzabteilung der australischen Wissenschaftsorganisation CSIRO in Perth. Gemeinsam ist diesen Dreien, daß sie klein sind. Genau das ist auf dem australischen Festland zu ihrem Schicksal geworden. Dort sind sie seit mehr als 60 Jahren ausgestorben. Fuchs, Katze und Kaninchen haben ihnen den Lebensraum weggenommen. Tierschützer jedoch wollen sich nicht damit abfinden, daß sie - auf Inseln verbannt - langfristig zum Verschwinden verurteilt sind. Sie haben für sie auf dem Festland eine Arche geschaffen: eine zwölf Quadratkilometer große Halbinsel nahe der Bergbaugemeinde Useless Loop. Jacqui Richards betreut das Projekt.

    Es ist aus mehreren Gründen ein idealer Platz. Erstens sind die Inseln nahe, auf denen die Tiere noch vorkommen, also sind Lebensraum, Landschaft, Geologie und Vegetation sehr ähnlich. Zweitens kann man auf der Halbinsel mit geringem Aufwand ein großes Gebiet abzäunen.

    Die Halbinsel wurde mit einem fuchs- und katzendichten Zaun vom Umland abgeriegelt. Gleichzeitig wurden die Räuber und auch die Kaninchen der Gegend mit Giftködern und Fallen ausgerottet. Dieses drakonische Vorgehen sei notwendig, so CSIRO-Biologe Jeff Short:

    Alle einheimischen Tierarten sind offenbar auf Räuber wenig vorbereitet. Insbesondere Füchse richten einen gewaltigen Schaden an, denn sie töten sehr viel mehr Tiere als sie als Nahrung benötigen. Sie erlegen sehr viele Tiere innerhalb kürzester Zeit und man sieht die Kadaver herumliegen, ohne daß sie angerührt werden.

    Nachdem Fuchs, Katze und Kaninchen der Garaus gemacht worden war, konnten die drei kleinen Exilanten wieder angesiedelt werden. Falls es ein Räuber doch ins Gehege schafft, gibt es durch zusätzliche Zäune abgesicherte Aufzuchtstationen, in denen Kernpopulationen leben. Den erheblichen Aufwand für den Schutz der Tiere können die Wissenschaftler nur gemeinsam mit den Bewohnern von Useless Loop treiben. Die sehen nach den Zäunen und sorgen dafür, dass die Feinde der Beuteltiere auch in der Nachbarschaft des Reservats nicht überhand nehmen. Die Bergbaugemeinde war es auch, die vor zwei Jahren entschied, daß die Halbinsel für den Tierschutz genutzt werden sollte. In Zukunft sollen die Bürger die Betreuung ganz übernehmen. Useless Loop soll zudem nur der Anfang sein. Künftig sollen noch weitere Arten nach diesem Vorbild aus ihrem Inselexil zurückkehren und eines Tages vielleicht sogar wieder den Kontinent besiedeln. Es wäre eine Art von Wiedergutmachung an der Natur. Zehn bis 15 Tierarten fristen derzeit noch auf vorgelagerten Inseln ihr Dasein, so wie es auch die drei Exilanten von Useless Loop bisher taten. Für 18 weitere Arten ist es allerdings zu spät - sie sind ausgestorben.