Archiv


München wie es stinkt und kracht

Kamelle und Konfetti fliegen beim Münchner Fasching zwar nicht – das fällt aber nicht weiter auf, dafür sorgen schon die Chemiker der Technischen Uni. Einmal in Jahr tauschen sie die Pipette mit der Pappnase und laden zur traditionellen Faschingsvorlesung. Am Freitag – punkt elf – ist es wieder soweit. Geboten werden diesmal lustige Schmankerl aus der Alchemie in Wort und Tat. Professor Friedrich Kreißl erzählt die Geschichte des Goldmachers Marco Bragadini und dazu veranstalten seine Studenten mit chemischen Schauexperimenten ein buntes Spektakel. München wie es stinkt und kracht.

Von Birgit Fenzel |
    Im Chemielabor in Weihenstephan laufen die Vorbereitungen für die Faschingsvorlesung auf Hochtouren. Konzentriert mixt Laborassi Tobias Hubo Pülverchen und Tinkturen und richtet Kolben, Brenner und Reagenzgläser her. Ein letzter Test, bevor es morgen vor 500 Zuschauern Ernst wird mit der Gaudi:

    Ich erhitze jetzt das Kaliumchlorad hier – muss nur schauen, dass das gleichmäßig erhitzt wird. Jetzt haben wir es gleich. Dass es eine schöne Pampe wird. Wenn man jetzt hier das Gummibärchen reinschmeißt, verbrennt das mit einem heftigen Knistern in der Hölle des Gummibärchens.

    Mit einem letzten Zischen hat sich das Gummibärchen in Rauch aufgelöst. Tobias Hubo nickt zufrieden, die Mischung stimmt. Morgen wird allerdings nicht er, sondern einer der Chemiestudenten diesen Versuch durchführen. Für die Showeinlagen in der Faschingsvorlesung sind üblicherweise die Erstsemester Lehramt zuständig. Und die brennen geradezu darauf, es im Hörsaal nach allen Regeln der Kunst krachen zu lassen.

    Ja wir zwei – der Peter und ich wir sind als die Pyromanen verschrien. Es macht schon Spaß, wenn's kracht und knallt und brennt und an erster Stelle steht schon der Spaß.

    Mit entsprechendem Feuereifer ist das Duo Infernale bei der Sache. Thomas wird als Teufel verkleidet das Gummibärchen in die Hölle schicken und Peter fährt im Nomadenkostüm noch schwerere Geschütze auf.

    Ja da hat man so eine Messingkanone und dann schießt man damit. Das ist dann eine Knallgasreaktion und dann Tennisball und dann ab ins Publikum.

    Susi Heinrich, die neben den beiden steht, streitet zwar pyromanische Neigungen aller Art ab, doch hat sie schon ein gewisses Funkeln in den Augen, wenn sie von der Generalprobe erzählt:

    Weil die halt alle so schön sind, weil da werden ja alle Versuche gemacht, die irgendwas hermachen. Wo es laut kracht oder sich die Farben verändern oder sprudelt – die sind alle sehr schön. Besonders lustig war: Ich bin der Engel, aber ich durfte dann dem Teufel den Schwanz anzünden. Das war spannend.

    Der Schabernack der Chemiker zum Fasching hat Tradition. Schon seit 20 Jahren organisiert Professor Friedrich Kreißl das närrische Spektakel im Hörsaal.

    Die Idee war folgende. Ich habe studiert bei Prof. Fischer und der hat tolle Experimentalvorlesungen gehalten. Und wie ich dann seine Vorlesung übernommen habe, hab ich mir gedacht: Einmal im Jahr macht man eine Gaudivorlesung und das war die Faschingsvorlesung.

    Er macht's aus reinem Spaß an der Freud’, aber auch mit pädagogisch-didaktischer Absicht:

    Das ganz bewusst. Das sind ja die Lehramtsstudenten. Die müssen ja das üben und wenn sie vor 600 Leuten stehen, das kostet doch Überwindung und alles muss dann Schlag auf Schlag gehen. Ich war überrascht – ich bin’s eigentlich jedes Mal – wie gut die das machen. Respekt vor den jungen Leuten.

    Obwohl die sich im Grundstudium über Arbeitsmangel nicht beklagen können, opfern sie doch viel Zeit für die Vorbereitung der Faschingsvorlesung. Und vor der Generalprobe sind sie gar nicht mehr nach Hause gegangen

    Ja die haben alle übernachtet hier. Wir auch. Das wir am nächsten Tag in der früh – um 6 Uhr ist’s losgegangen, das alle da sind und einsatzfähig. Die Vorlesung braucht zum Aufbau ungefähr vier Stunden.

    Dass sie mal freiwillig im Schlafsack vor dem Hörsaal übernachten werden, hätten sich die Jungchemiker noch vor einem halben Jahr nicht träumen lassen.

    Ne - Aber es hat sehr viel Spaß gemacht. Die Gaudi, das war’s schon wert.