Doris Simon: Viele haben sich gewundert und manche geärgert, als das Rentenalter, angekündigt wurde, es werde auf 67 Jahre angehoben. In Deutschland haben schon Arbeitslose über 50 allergrößte Mühe, wieder in Arbeit zu kommen. Noch schwieriger ist es für sie, einen dauerhaften Arbeitsplatz zu ergattern. Dann also bis 67 arbeitslos? Nur noch 40 Prozent aller über 50-Jährigen gehen einer Beschäftigung nach, Mini-Jobber eingeschlossen. Bundesarbeitsminister Franz Müntefering will daran etwas ändern, und deshalb wird er dem Kabinett an diesem Mittwoch unter anderem vorschlagen, staatliche Lohnzuschüsse an alle Kurzzeitarbeitslosen über 50 zu zahlen. Der Minister ist jetzt am Telefon, guten Morgen!
Franz Müntefering: Guten Morgen, Frau Simon, grüße Sie!
Simon: Herr Müntefering, es gibt ja unter dem Namen "Entgeltsicherung" bereits etwas Ähnliches und auch für die ALG-II-Empfänger gibt es längst Eingliederungshilfen, wenn sie wieder Arbeit finden. Was ändert sich denn wirklich? Was wird besser mit Ihrem neuen Vorschlag?
Müntefering: Die Modalitäten werden präzisiert. Wir machen das genauer als bisher, nachvollziehbarer. Es hat eine Reihe von Instrumenten gegeben, das waren einige unterschieden, und wir wollen das jetzt konzentrieren - das ist mein Vorschlag, der ja dann zu beraten sein wird im Kabinett und in den Koalitionsfraktionen -, jedenfalls mit der ausdrücklichen Zielsetzung, den über 50-Jährigen die Chance zu geben, länger im Erwerbsleben zu bleiben oder für die, die draußen sind, die Chance zu verbessern, wieder reinzukommen.
Simon: Das heißt aber, sehr viel neue Ideen sind nicht dazugekommen?
Müntefering: Die Idee ist neu, dass überhaupt in Deutschland man sich wieder bewusst wird, dass die über 50-, 55-, 60-Jährigen noch was können, dass man sie braucht und dass sie nicht aus dem Erwerbsleben so früh rausgedrängt werden dürfen, wie das leider in den letzten 20 Jahren der Fall gewesen ist. Und dafür werbe ich.
Simon: Ihr Vorschlag sieht ja vor, dass, wer länger arbeitslos ist - eben ALG-II-Empfänger -, dass der eben keinen Kombilohn bekommt, sondern der Arbeitgeber erhält einen Zuschuss. Dazu heißt es selbst aus dem Arbeitgeberverband: Das würde doch nur den Mitnahmeeffekt erhöhen. Wie wollen Sie sicherstellen, dass der Arbeitnehmer auch dann noch beschäftigt wird, wenn es keinen Zuschuss mehr gibt - oder verhindern, dass Arbeitgeber nur noch Arbeitslose einstellen, deren Lohn der Staat bezuschusst?
Müntefering: Also in der Tat ist zu unterscheiden zwischen denen, die im Arbeitslosengeld I sind, und denen, die im Arbeitslosengeld II sind. Bei den Arbeitslosengeld-II-Empfängern - also denen, die in der Regel länger arbeitslos sind - ist es das Ziel, mit Eingliederungshilfen, mit Zuschüssen für die Arbeitgeber dafür zu werben, dass die solche Arbeitnehmer auch beschäftigen. Und das ist ein Angebot, was es bisher in abgeänderter Form auch gegeben hat. Es soll aber, wie gesagt, deutlicher werden. Es wird noch zu klären sein, ob man mit einem festen Prozentsatz rechnet, ja oder nein. Das ist auch ein Ermessensspielraum. Das heißt, die, die da vermitteln, die können dann auch entscheiden, ob das für diesen konkreten Fall hilfreich ist. Und das gilt natürlich nur, wenn da ein Arbeitsplatz entsteht, der auch wenigstens ein Jahr dauert.
Simon: Das heißt aber, Sie werden auch kontrollieren, ob da nicht jemand vorher entlassen wurde, damit so ein Bezuschusster eingestellt wurde?
Müntefering: Ja natürlich. Das ist eine Sache auf Gegenseitigkeit. Wir signalisieren dem Arbeitgeber: Da ist jemand, der kann was, der ist schon älter, da gibt es möglicherweise aus deiner Sicht ein Hemmnis, wir glauben, er kann das, und wenn du ihn für ein Jahr beschäftigst, dann bekommst du dafür einen staatlichen Zuschuss in einer Größenordnung, die irgendwo zwischen 20 und 40 Prozent des Lohnes liegen wird.
Simon: Es gibt ja auch andere Möglichkeiten. Wenn man ins Ausland guckt, zum Beispiel in Österreich, da zahlt man Unternehmen, die einfach regulär ältere Arbeitnehmer beschäftigen, einen Bonus. Vermeidet man ja auch Mitnahmeeffekte, warum nicht hier in Deutschland?
Müntefering: Ja ich meine, was ist denn jetzt der Unterschied zwischen Bonus und Zuschuss? Wir zahlen den Unternehmen, die Menschen beschäftigen, die lange arbeitslos waren, zahlen wir einen Zuschuss, unter bestimmten Bedingungen. Das ist kein Rechtsanspruch, sondern das ist etwas, was die dann auch nachweisen müssen, dass sie ein Jahr beschäftigen. Und das ist ja vom Gedanken her nicht viel anders als das, was in anderen Ländern auch stattfindet. Mir kommt es darauf an, dass stärker als bisher die über 50-, 55-Jährigen wieder ins Bewusstsein geraten. Es sind auch gute Dinge in Bewegung dabei; die Zahl der Beschäftigten über 50- und 55-Jährigen ist etwas angestiegen in den letzten zwei, drei Jahren. Wir haben ja auch schon einiges gemacht, indem wir die Zahl der Arbeitslosengeld verlängert haben und indem wir den Früheinstieg aus der Arbeitslosigkeit in die Rente langsam anheben. Insgesamt muss das Land sich bewusst werden: Wir müssen in einer älter werdenden Gesellschaft denen, die 50 und 55 und 60 sind, wieder mehr Chancen lassen oder geben.
Simon: Aber Ihnen als Bundesarbeitsminister ist sicher auch aus den Erfahrungen mit den Beschäftigungspakten - davon gibt es ja 62 - klar geworden, wie schwer das ist, denn Sie haben gerade mal in diesen Beschäftigungspakten erreicht, 2500 ältere Arbeitnehmer zu vermitteln - aber angesprochen worden waren 28.000. Das heißt, der Erfolg ist dann doch relativ gering?
Müntefering: Ja, aber 2800 oder 3000 Beschäftigte mit einer solchen Maßnahme sind eben 3000 Menschen, die eine Chance haben. Ich kann mich nicht immer festhalten an der Zahl, die herauskommt. Ich gehe davon aus, dass im Jahr der vollen Wirksamkeit sowohl bei Arbeitslosengeld I als Arbeitslosengeld II 50.000 solcher Plätze erreichbar sind, zusammen 100.000 - das sind 100.000 Menschen, die eine ehrliche Chance haben. Und wir wissen, dass wir nicht mit einem Punkt alles auf einmal lösen können. Aber es ist eine Dimension, die wir anbieten, die konzentrierter und gezielter als bisher laufen soll und die deshalb den Menschen auch eine Chance gibt. Und das werden wir in diesem Herbst nun miteinander zu konkretisieren haben. Ich will dem Kabinett berichten über den Stand der Dinge. Viele andere Themen gehören zu dieser Frage noch mit dazu: die Frage der Qualifizierung, der Weiterbildung ...
Simon: Ja, bei der Qualifizierung eingehakt: Die Maßnahmen für die Qualifizierung älterer Arbeitnehmer, gerade in den kleinen, mittleren Betrieben, die laufen eigentlich bis Ende des Jahres aus. Werden die verlängert?
Müntefering: Ja, ich möchte sie nicht nur verlängern, sondern möchte auch dafür werben, dass wir nicht nur Betriebe bis 100 Beschäftigte, sondern bis 200 oder 250 in diese Begünstigung mit reinnehmen, weil in der Tat eine rechtzeitige Qualifizierung oft eine Voraussetzung dafür ist, dass die Menschen auch lange in Arbeit bleiben können.
Simon: Herr Müntefering, am Wochenende hat sich auch der Bundespräsident zur hohen Arbeitslosigkeit geäußert. Er hat gemeint, die sei durchaus von zehn auf fünf Prozent zu halbieren, nur werde sie durch die - Zitat - "reine Parteipolitik in der großen Koalition" nicht weggehen. Was sagen Sie denn als Arbeitsminister und Vizekanzler dazu?
Müntefering: Ich kommentiere den Bundespräsidenten (Anmerk. der Red: im Hörprotokoll unverständlich) gar nicht, dem steht es frei, da seine eigene Meinung zu zu äußern. Wir bemühen uns, Arbeitslosigkeit zu reduzieren. Wir haben 383.000 Arbeitslose (Anmerk. der Red: im Hörprotokoll unverständlich) als ein Jahr zuvor, dabei waren noch 50.-, 60.000 Ältere weniger als vor einem Jahr. Das ist eine Zahl, wo (Anmerk. der Red: im Hörprotokoll unverständlich) In Deutschland haben wir das ein bisschen verdrängt, aber ich hoffe, dass dieser positive Trend (Anmerk. der Red: im Hörprotokoll unverständlich) auch auf einem guten Weg sein (Anmerk. der Red: im Hörprotokoll unverständlich) halbieren können. Wunder vollbringen können wir alle nicht.
Simon: Das war Bundesarbeitsminister Franz Müntefering. Herr Müntefering, vielen Dank und auf Wiederhören.
Müntefering: Bitteschön, Frau Simon. Wiederhören.
Franz Müntefering: Guten Morgen, Frau Simon, grüße Sie!
Simon: Herr Müntefering, es gibt ja unter dem Namen "Entgeltsicherung" bereits etwas Ähnliches und auch für die ALG-II-Empfänger gibt es längst Eingliederungshilfen, wenn sie wieder Arbeit finden. Was ändert sich denn wirklich? Was wird besser mit Ihrem neuen Vorschlag?
Müntefering: Die Modalitäten werden präzisiert. Wir machen das genauer als bisher, nachvollziehbarer. Es hat eine Reihe von Instrumenten gegeben, das waren einige unterschieden, und wir wollen das jetzt konzentrieren - das ist mein Vorschlag, der ja dann zu beraten sein wird im Kabinett und in den Koalitionsfraktionen -, jedenfalls mit der ausdrücklichen Zielsetzung, den über 50-Jährigen die Chance zu geben, länger im Erwerbsleben zu bleiben oder für die, die draußen sind, die Chance zu verbessern, wieder reinzukommen.
Simon: Das heißt aber, sehr viel neue Ideen sind nicht dazugekommen?
Müntefering: Die Idee ist neu, dass überhaupt in Deutschland man sich wieder bewusst wird, dass die über 50-, 55-, 60-Jährigen noch was können, dass man sie braucht und dass sie nicht aus dem Erwerbsleben so früh rausgedrängt werden dürfen, wie das leider in den letzten 20 Jahren der Fall gewesen ist. Und dafür werbe ich.
Simon: Ihr Vorschlag sieht ja vor, dass, wer länger arbeitslos ist - eben ALG-II-Empfänger -, dass der eben keinen Kombilohn bekommt, sondern der Arbeitgeber erhält einen Zuschuss. Dazu heißt es selbst aus dem Arbeitgeberverband: Das würde doch nur den Mitnahmeeffekt erhöhen. Wie wollen Sie sicherstellen, dass der Arbeitnehmer auch dann noch beschäftigt wird, wenn es keinen Zuschuss mehr gibt - oder verhindern, dass Arbeitgeber nur noch Arbeitslose einstellen, deren Lohn der Staat bezuschusst?
Müntefering: Also in der Tat ist zu unterscheiden zwischen denen, die im Arbeitslosengeld I sind, und denen, die im Arbeitslosengeld II sind. Bei den Arbeitslosengeld-II-Empfängern - also denen, die in der Regel länger arbeitslos sind - ist es das Ziel, mit Eingliederungshilfen, mit Zuschüssen für die Arbeitgeber dafür zu werben, dass die solche Arbeitnehmer auch beschäftigen. Und das ist ein Angebot, was es bisher in abgeänderter Form auch gegeben hat. Es soll aber, wie gesagt, deutlicher werden. Es wird noch zu klären sein, ob man mit einem festen Prozentsatz rechnet, ja oder nein. Das ist auch ein Ermessensspielraum. Das heißt, die, die da vermitteln, die können dann auch entscheiden, ob das für diesen konkreten Fall hilfreich ist. Und das gilt natürlich nur, wenn da ein Arbeitsplatz entsteht, der auch wenigstens ein Jahr dauert.
Simon: Das heißt aber, Sie werden auch kontrollieren, ob da nicht jemand vorher entlassen wurde, damit so ein Bezuschusster eingestellt wurde?
Müntefering: Ja natürlich. Das ist eine Sache auf Gegenseitigkeit. Wir signalisieren dem Arbeitgeber: Da ist jemand, der kann was, der ist schon älter, da gibt es möglicherweise aus deiner Sicht ein Hemmnis, wir glauben, er kann das, und wenn du ihn für ein Jahr beschäftigst, dann bekommst du dafür einen staatlichen Zuschuss in einer Größenordnung, die irgendwo zwischen 20 und 40 Prozent des Lohnes liegen wird.
Simon: Es gibt ja auch andere Möglichkeiten. Wenn man ins Ausland guckt, zum Beispiel in Österreich, da zahlt man Unternehmen, die einfach regulär ältere Arbeitnehmer beschäftigen, einen Bonus. Vermeidet man ja auch Mitnahmeeffekte, warum nicht hier in Deutschland?
Müntefering: Ja ich meine, was ist denn jetzt der Unterschied zwischen Bonus und Zuschuss? Wir zahlen den Unternehmen, die Menschen beschäftigen, die lange arbeitslos waren, zahlen wir einen Zuschuss, unter bestimmten Bedingungen. Das ist kein Rechtsanspruch, sondern das ist etwas, was die dann auch nachweisen müssen, dass sie ein Jahr beschäftigen. Und das ist ja vom Gedanken her nicht viel anders als das, was in anderen Ländern auch stattfindet. Mir kommt es darauf an, dass stärker als bisher die über 50-, 55-Jährigen wieder ins Bewusstsein geraten. Es sind auch gute Dinge in Bewegung dabei; die Zahl der Beschäftigten über 50- und 55-Jährigen ist etwas angestiegen in den letzten zwei, drei Jahren. Wir haben ja auch schon einiges gemacht, indem wir die Zahl der Arbeitslosengeld verlängert haben und indem wir den Früheinstieg aus der Arbeitslosigkeit in die Rente langsam anheben. Insgesamt muss das Land sich bewusst werden: Wir müssen in einer älter werdenden Gesellschaft denen, die 50 und 55 und 60 sind, wieder mehr Chancen lassen oder geben.
Simon: Aber Ihnen als Bundesarbeitsminister ist sicher auch aus den Erfahrungen mit den Beschäftigungspakten - davon gibt es ja 62 - klar geworden, wie schwer das ist, denn Sie haben gerade mal in diesen Beschäftigungspakten erreicht, 2500 ältere Arbeitnehmer zu vermitteln - aber angesprochen worden waren 28.000. Das heißt, der Erfolg ist dann doch relativ gering?
Müntefering: Ja, aber 2800 oder 3000 Beschäftigte mit einer solchen Maßnahme sind eben 3000 Menschen, die eine Chance haben. Ich kann mich nicht immer festhalten an der Zahl, die herauskommt. Ich gehe davon aus, dass im Jahr der vollen Wirksamkeit sowohl bei Arbeitslosengeld I als Arbeitslosengeld II 50.000 solcher Plätze erreichbar sind, zusammen 100.000 - das sind 100.000 Menschen, die eine ehrliche Chance haben. Und wir wissen, dass wir nicht mit einem Punkt alles auf einmal lösen können. Aber es ist eine Dimension, die wir anbieten, die konzentrierter und gezielter als bisher laufen soll und die deshalb den Menschen auch eine Chance gibt. Und das werden wir in diesem Herbst nun miteinander zu konkretisieren haben. Ich will dem Kabinett berichten über den Stand der Dinge. Viele andere Themen gehören zu dieser Frage noch mit dazu: die Frage der Qualifizierung, der Weiterbildung ...
Simon: Ja, bei der Qualifizierung eingehakt: Die Maßnahmen für die Qualifizierung älterer Arbeitnehmer, gerade in den kleinen, mittleren Betrieben, die laufen eigentlich bis Ende des Jahres aus. Werden die verlängert?
Müntefering: Ja, ich möchte sie nicht nur verlängern, sondern möchte auch dafür werben, dass wir nicht nur Betriebe bis 100 Beschäftigte, sondern bis 200 oder 250 in diese Begünstigung mit reinnehmen, weil in der Tat eine rechtzeitige Qualifizierung oft eine Voraussetzung dafür ist, dass die Menschen auch lange in Arbeit bleiben können.
Simon: Herr Müntefering, am Wochenende hat sich auch der Bundespräsident zur hohen Arbeitslosigkeit geäußert. Er hat gemeint, die sei durchaus von zehn auf fünf Prozent zu halbieren, nur werde sie durch die - Zitat - "reine Parteipolitik in der großen Koalition" nicht weggehen. Was sagen Sie denn als Arbeitsminister und Vizekanzler dazu?
Müntefering: Ich kommentiere den Bundespräsidenten (Anmerk. der Red: im Hörprotokoll unverständlich) gar nicht, dem steht es frei, da seine eigene Meinung zu zu äußern. Wir bemühen uns, Arbeitslosigkeit zu reduzieren. Wir haben 383.000 Arbeitslose (Anmerk. der Red: im Hörprotokoll unverständlich) als ein Jahr zuvor, dabei waren noch 50.-, 60.000 Ältere weniger als vor einem Jahr. Das ist eine Zahl, wo (Anmerk. der Red: im Hörprotokoll unverständlich) In Deutschland haben wir das ein bisschen verdrängt, aber ich hoffe, dass dieser positive Trend (Anmerk. der Red: im Hörprotokoll unverständlich) auch auf einem guten Weg sein (Anmerk. der Red: im Hörprotokoll unverständlich) halbieren können. Wunder vollbringen können wir alle nicht.
Simon: Das war Bundesarbeitsminister Franz Müntefering. Herr Müntefering, vielen Dank und auf Wiederhören.
Müntefering: Bitteschön, Frau Simon. Wiederhören.