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"Multikulti" am Ende

Für von Barloewen ist die homogene, globalisierte Welt vorerst nur eine Oberfläche, unter der die Kulturunterschiede der verschiedenen Gesellschaft fortbestehen. Lateinamerika beispielsweise habe eine stark metaphysisch, aufs Jenseits ausgerichtete Kulturtradition, die mit dafür verantwortlich sei, dass sich der Kontinent mit dem wirtschaftlichen Fortschritt so schwer tut. Japan dagegen verdanke seinen wirtschaftlichen Erfolg einer in ihren Wurzeln pragmatischen Kultur.

Der Anthropologe und Kulturwissenschaftler Constantin von Barloewen im Gespräch mit Stefan Fuchs |
    Allerdings hat für den Anthropologen die Auseinandersetzung dieser stark divergierenden Kulturen unter der Decke der Globalisierung bereits begonnen. Von Barloewen spricht von einem "anthropologischen Thermostat" der die Auswirkungen der homogenisierenden Gewalt der technisch-ökonomisch Moderne anzeige. Der islamistische Terror sei ein Warnsignal, ebenso wie die Ethnisierung, die Partikularisierung und die Fundamentalismen in weiten Berei-chen der Welt ein Aufbegehren gegen die "Algebraisierung" durch die westliche Moderne darstellten. Die Politik müsse darauf reagieren und die verschiedenen Kulturtraditionen als einen "harten" Faktor einer möglichen Weltinnenpolitik anerkennen. Schutz der Kulturdiversität sei ebenso wichtig wie der Schutz der Biodiversität.

    2002 ist im Boer-Verlag Constantin von Barloewens "Szenen einer Weltzivilisation" erschienen.

    Im September 2007 erscheint die deutsche Ausgabe des Frankreich viel beachteten Titels "Anthropologie der Globa-lisierung" aus dem Jahre 2003. Barloewen präzisiert dort den Begriff "Interkulturalität" in ihren vielfältigen Dimensi-onen und stellt die entscheidende Frage: Sind intra- und interkulturelle Verständnisse, bzw. Missverständnisse wirk-lich radikal verschieden voneinander?

    Constantin von Barloewen wurde 1952 in Buenos Aires geboren. Er ist Professor für vergleichende Anthropologie und vergleichende Kulturwissenschaft an der "Université Européene de la Recherche" in Paris und leitet das Pro-gramm für den "Dialog der Kulturen und Zivilisationen" bei der Stiftung Schloss Neuhardenberg in Berlin.

    Das Gespräch können Sie für bestimmte Zeit in unserem Audio-on-Demand-Player nachhören.