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Multimilliardär am Katheder

Er ist der reichste Mensch der Welt, der Microsoft-Gründer Bill Gates. Als Harvard-Student hat er geschafft, was viele Studenten erhoffen – den großen Durchbruch mit der eigenen Firma. Für viele Informatikstudierende ist er deshalb ein Idol. Verständlich also der Andrang, als Bill Gates im Audimax der Technischen Universität München über die IT-Branche der Zukunft sprach.

Susanne Lettenbauer |
    Umfrage unter Studenten:
    "Ich finde es interessant zu sehen welche Perspektiven jetzt Microsoft Deutschland im Hinblick auf Microsoft gesamt einnimmt, ob wir nur Vertriebsstandort sind oder doch auch Entwicklung gemacht wird.

    Also interessantes im Bereich Multimedia, neue Trends, das erwarte ich hier, was anderes als was immer im Fernsehen kommt.

    Ich kenne mich nicht so aus in diesem Bereich mir geht es nur um die Person Bill Gates.

    Ich erhoffe mir einfach einen Einblick wie man den Einstieg in die Industrie schaffen kann.

    Er ist ja das Paradebeispiel für eine Unternehmensgründung. Von der Garagenfirma zum reichsten Mann der Welt."

    Von der Garagenfirma zum reichsten Mann der Welt und dabei so relaxt im Stuhl lümmeln wie gestern Bill Gates im Audimax der Technischen Uni München, das können sich viele Studenten vorstellen. Daneben um die Welt reisen, von München nach Russland, Asien, Brüssel. Bill Gates ist die Ikone der Informatikstudenten. Manfred Broy, Ordinarius am Lehrstuhl für Informatik lädt ihn deshalb sooft es geht nach München ein:

    " Er steht natürlich für den großen Erfolg der Informatik, er steht dafür wie die Informatik die Welt verändert und ein Grund, der für mich auch wichtig ist: Er ist ja auch jemand, der auch bereit ist, die Verantwortung, die ihm durch diese Rolle zugewachsen ist auch wahrzunehmen. Auch das ist, denke ich, nicht ganz selbstverständlich und da gibt er ein Vorbild für unsere Studenten. "

    Bill Gates befindet sich derzeit auf einem Rückzug auf Raten. Noch ist er Chief Architect seiner Firma, doch im Mittelpunkt seiner Auftritte wie in München steht die Nachwuchsförderung. Dabei meint er vor allem auch Deutschland. Die neueste Initiative für Deutschland nennt er "IT-Fitness". Bis zum Jahr 2010 will er insgesamt vier Millionen Menschen in Deutschland für den Umgang mit Informationstechnologie im Berufsleben fit machen und damit deren Chancen auf Beschäftigung erhöhen. Konkret heisst das:

    Auszubildende in Industrie und Handwerk, Jugendliche in der Berufsvorbereitung und Schüler an Haupt- und Gesamtschulen sollen im Fokus stehen. "Lehrlinge gehen online" so der Name des Pilotprojektes.

    shortage, das häufigste Wort dieses Nachmittags, ein Mangel an IT-Kenntnissen muss endlich der Vergangenheit angehören. Computer müssen weniger komplex werden:

    " Einer dieser Trends wird den Anwender so mit dem Internet verbinden, dass für ihn sehr viele Aufgaben per Internet erledigt werden ohne das irgendeine Software installiert werden muss. Der zweite Trend geht dahin, dass Firmen ihre Software quasi personalisieren, d.h. konkret auf das Profil der Firma abstimmen können. Das Problem ist, dass das noch keiner erwartet vom Computer."

    Die Lösung dieses Problems wird seit einiger Zeit in dem vielbeachteten Studentenprogramm von Microsoft gesucht. Die besten Stipendiaten können einen Werkstudentenvertrag wie auch den Titel "Student des Jahres" erringen.

    Die immer härter werdende Konkurrenz, der Bill Gates durch Wettberwerbsklagen und kostenlose Softwareanbieter und Betriebssysteme wie Linux ausgesetzt ist sieht der Informatikprofessor Broy als Herausforderung:

    "Wir erleben in der Informatik seit 30, 40 Jahren, dass Firmen sehr schnell sehr erfolgreich sein können, aber sehr schnell aber auch wieder an Punkte kommen, wo sie sehr kämpfen müssen, sich durch beissen müssen. Das ist nichts ungewöhnliches und ich denke, das ist für unsere Studenten interessant zu sehen wie schnelllebig diese Technologie ist, welche Risiken, aber auch welches Potential sie hat."

    Und die Konkurrenz wächst weiter, meinte Bill Gates:

    "Wir werden in Zukunft sehr viel mehr Weltklasse-Universitäten haben, die startups um sich scharen, in deren Nähe sich Weltklasse-Firmen ansiedeln. Die Welt wird nicht mehr nur von einigen wenigen Ländern beherrscht, das kann ich nur begrüßen. Wenn ich nach China komme kann ich immer nur staunen über den Kapitalismus dort. Wenn ich eine Weltklasse-Universität nennen sollte, wäre das die Uni von Shanghai."

    Und Eliteuniversitäten sind notwendig, deshalb begrüsst Gates die derzeitigen Anstrengungen der Bundesregierung betreffs Exzellenzinitiative und deutsche Eliteuniversitäten:

    " Es ist nun mal so, dass die besten Professoren die besten Studenten haben, das meiste Geld auch das meiste Geld erwirtschaftet. Die Entscheidung einige wenige Unis hier als Eliteunis auszuwählen ist vielleicht politisch schwer vermittelbar, aber für die Exzellenz unabdingbar. "

    Auch wenn sich Bill Gates sich langsam aus dem aktiven Geschäftsleben zurückziehen will, so kann er doch noch durch Visionen überzeugen. Große Durchbrüche liegen vor uns, so sein Credo. Der Schlüssel dazu ist neue Software. Die anwesenden Studenten waren jedoch irritiert über sein überschwängliches Lob für die asiatische IT-Entwicklung:

    "Also ich fand es auch recht interessant was er erzählt hat. Rhetorisch hat der Mann es drauf, muss man sagen. Er war irgendwie sehr auf den chinesischen Markt fixiert: Hat immer gemeint, die Chinesen, die Chinesen. Er hat den Europäern sehr wenige Chancen eingeräumt , was ich jetzt nicht so sehen würde. Man muss das ganz offen sehen: Deutschland ist in der IT ziemlich weit hinten dran, dementsprechend für Gates und Microsoft ist es einfach ein Land, in dem man Geld verdienen kann , weil wir viele Firmen haben, die IT brauchen, aber keine entwickeln. Viele Impulse von einem Unternehmen wie Microsoft können wir hier nicht erwarten."