Wie stellt man Ideen zur Stadtplanung aus? Die Antwort der Münchner Schau lautet: durch Gegenüberstellung - von schon historisch gewordener Theorie und der heutigen Realität, letztere meist dokumentiert durch - übrigens virtuose - Fotos aus dem Alltag der Städte.
Der Lehrstuhl für Städtebau an der TU München wird 100 Jahre alt, und da das von der Uni betriebene Architekturmuseum sinnigerweise der Pinakothek der Moderne angeschlossen ist, leistet man sich einen Rückblick auf's 20.Jahrhundert - und macht gleichzeitig Inventur. Herausgekommen ist eine großartige, anregende Ausstellung, die den Zuschauer mit ausgewählten Fragestellungen auch didaktisch an die Hand nimmt.
Bruno Taut zum Beispiel wollte, nach dem Ersten Weltkrieg, die Stadt mehr in die Natur einbetten, als Stadt-Landschaft; das will man heute auch. Der Amerikaner Frank Lloyd Wright begriff seine "Living City" schon 1958 als Region, als Netzwerk. Lucio Costa konzipierte 1957 eine künstliche Idealstadt, eine Hauptstadt mitten im Urwald, Brasilia - der ziemlich kurze Masterplan für dieses Riesenprojekt ist ausgestellt. In Dubai oder Shanghai sieht man die Nachfolger ...
Dabei war man um 1900 auf einem ganz anderen Trip gewesen: Richard Riemerschmid entwarf eine Stadt als Garten - in Hellerau bei Dresden. Danach aber dominierten die Funktionalisten vom Bauhaus. Zu ihren Ideen zeigt man einen Plan des streng nach Funktions-Zonen aufgeteilten Budapest aus den 1930iger Jahren: so stellte sich der "4.Internationale Kongress Moderner Architektur CIAM" 1933 die "gute" Stadt vor. Wohnen, Arbeit, Freizeit, Verkehr: Die Komplexität des Lebens wurde auf diese vier Bereiche reduziert. Das sieht man heute etwas anders, sagt die jetzige Münchner Lehrstuhl-Inhaberin und Projektleiterin der Ausstellung, Sophie Wolfrum:
- " Diese Ideologie der Trennung der Funktionen ist seit den 1950iger Jahren schwer kritisiert - und von gestern. Sie wird in der Fachwelt nicht mehr propagiert, sondern heute sprechen wir von Mischnutzung und hybriden Strukturen, wir wollen Überlagerung und Mehrfachnutzung haben ... "
Das heißt: die Urbanistik ist heute weniger ideologisch als in früheren Jahrzehnten. Man will die Vielfalt, die "multiple Stadt", wo alles ineinander übergeht und vieles möglich ist. Allerdings wird die Abgrenzung verschiedener Funktionen von Politikern wie Bewohnern immer noch gewünscht, jedenfalls in Deutschland: In die Innenstadt geht man zum Arbeiten und ins Theater, aber man wohnt nicht dort. Und da, wo man wohnt, möchte man möglichst keinen Lärm haben - und das heißt im Extremfall: bitte auch keinen Sportplatz und keinen Kindergarten.
Oft trennt man allerdings nicht nur Funktionseinheiten, sondern vor allem verschiedene soziale Klassen. Manche Stadtplaner, besonders in den USA und Südamerika, entwerfen "Gated Communities", geschlossene Siedlungen für die Oberschicht, die beschämenderweise oft an die Slums oder Favelas grenzen. Andere verführbare Architekten bauen künstliche Dörfer für reiche Rentner an den Mittelmeerküsten; in München sieht man Fotos dazu.
Mag auch das glückliche Leben noch immer von Reichtum und Entwicklungsstand eines Landes abhängen, so können die Urbanisten doch gestaltend in den kapitalen Wildwuchs eingreifen, auch in der Dritten Welt. Wer Städte als Erinnerungsorte sieht, als steinernes kollektives Gedächtnis, der wird historische Substanz erhalten - aber bisweilen postmoderne Architektur ganz harsch daneben setzen; in Barcelona kann man das beobachten. Der Semiotiker wird die Stadt durch Zeichen, durch Icons aufwerten und durchschaubarer machen; der Ökologe wird die Konversion von Industriebrachen in Wohngebiete und Parks betreiben. Sogar französische Banlieues oder ex-sozialistische Wohnblocks könnten mit wenigen Eingriffen attraktiver werden für eine ganz gemischte Bevölkerung.
So macht diese Ausstellung auch Mut, ungewöhnliche Wege zu beschreiten. Sogar das gigantomane Bauen in Dubai oder Abu Dhabi muss nicht zwangsläufig zu unbewohnbaren Horrorgebilden führen. Die Erfahrung lehrt: Die Menschen werden auch diese Städte nach ihren Bedürfnissen umgestalten.
Der Lehrstuhl für Städtebau an der TU München wird 100 Jahre alt, und da das von der Uni betriebene Architekturmuseum sinnigerweise der Pinakothek der Moderne angeschlossen ist, leistet man sich einen Rückblick auf's 20.Jahrhundert - und macht gleichzeitig Inventur. Herausgekommen ist eine großartige, anregende Ausstellung, die den Zuschauer mit ausgewählten Fragestellungen auch didaktisch an die Hand nimmt.
Bruno Taut zum Beispiel wollte, nach dem Ersten Weltkrieg, die Stadt mehr in die Natur einbetten, als Stadt-Landschaft; das will man heute auch. Der Amerikaner Frank Lloyd Wright begriff seine "Living City" schon 1958 als Region, als Netzwerk. Lucio Costa konzipierte 1957 eine künstliche Idealstadt, eine Hauptstadt mitten im Urwald, Brasilia - der ziemlich kurze Masterplan für dieses Riesenprojekt ist ausgestellt. In Dubai oder Shanghai sieht man die Nachfolger ...
Dabei war man um 1900 auf einem ganz anderen Trip gewesen: Richard Riemerschmid entwarf eine Stadt als Garten - in Hellerau bei Dresden. Danach aber dominierten die Funktionalisten vom Bauhaus. Zu ihren Ideen zeigt man einen Plan des streng nach Funktions-Zonen aufgeteilten Budapest aus den 1930iger Jahren: so stellte sich der "4.Internationale Kongress Moderner Architektur CIAM" 1933 die "gute" Stadt vor. Wohnen, Arbeit, Freizeit, Verkehr: Die Komplexität des Lebens wurde auf diese vier Bereiche reduziert. Das sieht man heute etwas anders, sagt die jetzige Münchner Lehrstuhl-Inhaberin und Projektleiterin der Ausstellung, Sophie Wolfrum:
- " Diese Ideologie der Trennung der Funktionen ist seit den 1950iger Jahren schwer kritisiert - und von gestern. Sie wird in der Fachwelt nicht mehr propagiert, sondern heute sprechen wir von Mischnutzung und hybriden Strukturen, wir wollen Überlagerung und Mehrfachnutzung haben ... "
Das heißt: die Urbanistik ist heute weniger ideologisch als in früheren Jahrzehnten. Man will die Vielfalt, die "multiple Stadt", wo alles ineinander übergeht und vieles möglich ist. Allerdings wird die Abgrenzung verschiedener Funktionen von Politikern wie Bewohnern immer noch gewünscht, jedenfalls in Deutschland: In die Innenstadt geht man zum Arbeiten und ins Theater, aber man wohnt nicht dort. Und da, wo man wohnt, möchte man möglichst keinen Lärm haben - und das heißt im Extremfall: bitte auch keinen Sportplatz und keinen Kindergarten.
Oft trennt man allerdings nicht nur Funktionseinheiten, sondern vor allem verschiedene soziale Klassen. Manche Stadtplaner, besonders in den USA und Südamerika, entwerfen "Gated Communities", geschlossene Siedlungen für die Oberschicht, die beschämenderweise oft an die Slums oder Favelas grenzen. Andere verführbare Architekten bauen künstliche Dörfer für reiche Rentner an den Mittelmeerküsten; in München sieht man Fotos dazu.
Mag auch das glückliche Leben noch immer von Reichtum und Entwicklungsstand eines Landes abhängen, so können die Urbanisten doch gestaltend in den kapitalen Wildwuchs eingreifen, auch in der Dritten Welt. Wer Städte als Erinnerungsorte sieht, als steinernes kollektives Gedächtnis, der wird historische Substanz erhalten - aber bisweilen postmoderne Architektur ganz harsch daneben setzen; in Barcelona kann man das beobachten. Der Semiotiker wird die Stadt durch Zeichen, durch Icons aufwerten und durchschaubarer machen; der Ökologe wird die Konversion von Industriebrachen in Wohngebiete und Parks betreiben. Sogar französische Banlieues oder ex-sozialistische Wohnblocks könnten mit wenigen Eingriffen attraktiver werden für eine ganz gemischte Bevölkerung.
So macht diese Ausstellung auch Mut, ungewöhnliche Wege zu beschreiten. Sogar das gigantomane Bauen in Dubai oder Abu Dhabi muss nicht zwangsläufig zu unbewohnbaren Horrorgebilden führen. Die Erfahrung lehrt: Die Menschen werden auch diese Städte nach ihren Bedürfnissen umgestalten.