Von seinem Labor an der Universität Bordeaux aus beobachtet Jean-Charles Massabuau tagtäglich Jakobsmuscheln in Nordnorwegen. Auf den Skalenkurven im Computer liest er ab, wann die Muscheln ihre Schalen wie weit öffnen, die entsprechenden Daten stammen aus den regelmäßigen Messungen beim arktischen Feldversuch. Ende März hat der Ökophysiologe im Fjord von Tromso, knapp zweieinhalbtausend Kilometer unterhalb des Nordpols, die Weichtier-Kolonie selbst ausgesetzt. Zurück in Frankreich widmet sich Jean-Charles Massabuau beim Programm Talking Clams nun vorerst der Grundlagenforschung:
"Das Meeresmilieu in der Arktis kennen wir bislang noch gar nicht. Das Wasser dort ist eiskalt; zudem reagiert die Zone sehr sensibel auf den Klimawandel. Bislang hat das Packeis die Zone vor der Umweltverschmutzung geschützt. Nun werden wir erst mal das Verhalten dieser in der Arktis sehr verbreiteten isländischen Muscheln genau studieren. Bislang weiß beispielsweise keiner, wie sich die vier Monate Polarnacht auf ihren Biorhythmus auswirken."
Beim Programm Talking Clams bringt der Wissenschaftler die Muscheln im hohen Norden indirekt zum Sprechen. Mit diesem Projekt führt er seine Forschungsarbeiten der letzten zehn Jahre an der französischen Atlantikküste weiter. Dort hat Jean-Charles Massabuau den Biorhythmus von Austern und Jakobsmuscheln rund um die Uhr erforscht. Bestimmt wird der vor allem vom Gezeitenwechsel. Doch selbst geringste Veränderungen der Wasserqualität führen dazu, dass der Biorhythmus der Weichtiere durcheinander gerät.
Die Muscheln ventilieren tagtäglich ein Viertel Liter Wasser: um ihre Nahrung, Plankton, herauszufiltern, um zu atmen. Da sie sich eventuellen Gefahren nicht durch Flucht entziehen können, bleibt ihnen nur eines: wenn sie mit Wasser in einer für sie minderen Qualität konfrontiert werden, machen sie ihre Schalen dicht.
Um die Aktivitäten der Weichtiere zu überwachen, setzt Jean-Charles Massabuau auf eine Technik, die er mit seinem Team entwickelt hat, Valvométrie genannt. Ein eigens geprägter Begriff: Valve ist der französische Ausdruck für Klappe, Métrie stammt von Metermass. Die Valvométrie ermöglicht, die Öffnung der Muschelklappen, Muschelschalen zu messen, mit einer Genauigkeit von 0,1 Millimetern. Dazu wird der Muschel auf beiden Schalenkanten je ein Streichholzkopf großer Elektromagnet aufgeklebt. Verbunden sind diese mit einem Computer in der Größe eines Gameboy. Das Gerät verbraucht zwei Watt Strom: selbst Energiesparlampen liegen bei acht bis zwölf Watt. Der Minicomputer steht, in einer wasserdichten Box verpackt, am Meeresboden neben der Muschelkolonie. Von da gehen die Messergebnisse per Mobilfunk an das Labor in Bordeaux.
"Unsere Methode ist zum einen sehr simpel, denn bei Muscheln handelt es sich um sehr einfache Lebewesen. Zum anderen macht die unglaubliche Datenmenge alles sehr kompliziert. Pro Tag und pro Muschel übertragen unsere Messinstrumente 860.000 Informationen. Wir mussten spezielle mathematische Modelle entwickeln, um diese Datenflut auswerten zu können."
Die permanente Überwachung ermöglicht es, untypisches Verhalten sehr schnell aufzudecken. Im vergangenen Jahr beispielsweise klappten die Austern einer Kolonie in der Bucht von Arcachon zu ungewohnter Stunde plötzlich ihre Schalen zu. Wasserproben ergaben: die Weichtiere hatten auf eine vorbeitreibende Treibstofflache reagiert. Die stammte, so ermittelten die Wissenschaftler, von einem Fischerboot mit Motorschaden vor der Küste. Nun verfolgen die Forscher in Bordeaux auch tagtäglich die Aktivitäten ihrer Muschelkolonie in Nordnorwegen. Weitere Überwachungsstationen sollen dort folgen, bis hin in die tiefste Arktis.
"Ich wäre sehr stolz, wenn wir die Industrie als Auftraggeber für unsere Analyse-Arbeit gewinnen könnten. Unternehmen, die in der Arktis Erdöl und Gas auf saubere Art fördern wollen. Unsere Muschelkolonien könnten helfen, Umweltprobleme sehr frühzeitig zu erkennen."
"Das Meeresmilieu in der Arktis kennen wir bislang noch gar nicht. Das Wasser dort ist eiskalt; zudem reagiert die Zone sehr sensibel auf den Klimawandel. Bislang hat das Packeis die Zone vor der Umweltverschmutzung geschützt. Nun werden wir erst mal das Verhalten dieser in der Arktis sehr verbreiteten isländischen Muscheln genau studieren. Bislang weiß beispielsweise keiner, wie sich die vier Monate Polarnacht auf ihren Biorhythmus auswirken."
Beim Programm Talking Clams bringt der Wissenschaftler die Muscheln im hohen Norden indirekt zum Sprechen. Mit diesem Projekt führt er seine Forschungsarbeiten der letzten zehn Jahre an der französischen Atlantikküste weiter. Dort hat Jean-Charles Massabuau den Biorhythmus von Austern und Jakobsmuscheln rund um die Uhr erforscht. Bestimmt wird der vor allem vom Gezeitenwechsel. Doch selbst geringste Veränderungen der Wasserqualität führen dazu, dass der Biorhythmus der Weichtiere durcheinander gerät.
Die Muscheln ventilieren tagtäglich ein Viertel Liter Wasser: um ihre Nahrung, Plankton, herauszufiltern, um zu atmen. Da sie sich eventuellen Gefahren nicht durch Flucht entziehen können, bleibt ihnen nur eines: wenn sie mit Wasser in einer für sie minderen Qualität konfrontiert werden, machen sie ihre Schalen dicht.
Um die Aktivitäten der Weichtiere zu überwachen, setzt Jean-Charles Massabuau auf eine Technik, die er mit seinem Team entwickelt hat, Valvométrie genannt. Ein eigens geprägter Begriff: Valve ist der französische Ausdruck für Klappe, Métrie stammt von Metermass. Die Valvométrie ermöglicht, die Öffnung der Muschelklappen, Muschelschalen zu messen, mit einer Genauigkeit von 0,1 Millimetern. Dazu wird der Muschel auf beiden Schalenkanten je ein Streichholzkopf großer Elektromagnet aufgeklebt. Verbunden sind diese mit einem Computer in der Größe eines Gameboy. Das Gerät verbraucht zwei Watt Strom: selbst Energiesparlampen liegen bei acht bis zwölf Watt. Der Minicomputer steht, in einer wasserdichten Box verpackt, am Meeresboden neben der Muschelkolonie. Von da gehen die Messergebnisse per Mobilfunk an das Labor in Bordeaux.
"Unsere Methode ist zum einen sehr simpel, denn bei Muscheln handelt es sich um sehr einfache Lebewesen. Zum anderen macht die unglaubliche Datenmenge alles sehr kompliziert. Pro Tag und pro Muschel übertragen unsere Messinstrumente 860.000 Informationen. Wir mussten spezielle mathematische Modelle entwickeln, um diese Datenflut auswerten zu können."
Die permanente Überwachung ermöglicht es, untypisches Verhalten sehr schnell aufzudecken. Im vergangenen Jahr beispielsweise klappten die Austern einer Kolonie in der Bucht von Arcachon zu ungewohnter Stunde plötzlich ihre Schalen zu. Wasserproben ergaben: die Weichtiere hatten auf eine vorbeitreibende Treibstofflache reagiert. Die stammte, so ermittelten die Wissenschaftler, von einem Fischerboot mit Motorschaden vor der Küste. Nun verfolgen die Forscher in Bordeaux auch tagtäglich die Aktivitäten ihrer Muschelkolonie in Nordnorwegen. Weitere Überwachungsstationen sollen dort folgen, bis hin in die tiefste Arktis.
"Ich wäre sehr stolz, wenn wir die Industrie als Auftraggeber für unsere Analyse-Arbeit gewinnen könnten. Unternehmen, die in der Arktis Erdöl und Gas auf saubere Art fördern wollen. Unsere Muschelkolonien könnten helfen, Umweltprobleme sehr frühzeitig zu erkennen."