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Music Defined Networks
Das musizierende Rechenzentrum

Wie klingt eine Netzwerküberlastung? Forscher haben einen ungewöhnlichen Ansatz für das Management von Netzwerken entwickelt: über akustische Signale. Dabei liefern bestimmte Tonfolgen dem Administrator Informationen darüber, was gerade nicht läuft - oder ob eine Gefahr droht.

Von Achim Killer | 16.03.2019
Glasfaserkabel in einem Rechenzentrum.
Der Vorteil akustischer Netzwerk-Management-Informationen: Es werden keine Übertragungskapazitäten beansprucht (imago / Photothek)
Aus sieben Switches besteht der Versuchsaufbau, mit dem Professor Flavio Esposito und seine Kollegen experimentieren. Hinzukommen sieben Raspberry-Pi-Einplatinen-Computer, die mit Lautsprechern verbunden sind. Die Klein-Computer kodieren beispielsweise durchlaufende Datenpakete in Töne, die von Mikrophonen aufgenommen werden. Ziel ist es, die Übertragungskapazität des Netzes zu entlasten, indem Informationen für den Administrator nicht per Kabel, sondern akustisch übertragen werden. Der Administrator kann dann quasi hören, wie es um sein Netz bestellt ist, sagt Flavio Esposito.
"Bei unserem Versuchsaufbau konnten wir ungefähr 1000 Frequenzen unterscheiden, weil wir 20-Hertz Abstand zwischen den einzelnen Tönen gelassen haben und nur Einzeltöne verwenden."
Hörbare Gefahr
Noch mehr Information ließ sich akustisch bereitstellen, wenn sie nicht in Form von Einzeltönen, sondern etwa als Tonfolge kodiert würde, erläutert Esposito. Der Vorteil der akustischen Übertragung von Management-Informationen wird deutlich, wenn Überlastung droht. Dann beanspruchen nicht auch noch die Management-Informationen Übertragungskapazitäten. Und außerdem kann der Administrator kann die Gefahr unmittelbar hören.
"Wir schicken Datenpakete an einen Switch und erheben, wie viele davon sich in der Warteschlange des Geräts befinden. Wenn sie sich füllt, steigt die Tönhöhe an. - Sie füllt sich. - Noch mehr. - Und dann werden es weniger, weil wir Maßnahmen gegen die drohende Überfüllung ergriffen haben. - So hört es sich an."
Auch eine andere Gefahr kann unmittelbar hörbar gemacht werden:
"Wenn man die entsprechenden Töne mit den Ereignissen verbindet, dann kann sich eine Port-Scanning-Attacke so anhören."
Viele Einschränkungen
Aktive Management-Komponenten nennt Esposito Switches, die eigens Töne generieren, um den Admin zu informieren. Auch an passives Management denken er und seine Kollegen, also etwa das Lüftergeräusch von Servern aufzunehmen und zu übertragen, damit man hören kann, wenn ein Rechner auszufallen droht. Er räumt ein, dass es bei seinem Ansatz viele Einschränkungen gibt: Die Rechenzentrumsbeschäftigten dürften die emittierten Töne nicht als Lärm empfinden. Zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen müssten ergriffen werden, weil die akustischen Informationen eben nicht per Kabel übertragen werden und deshalb im wahrsten Sinne des Wortes leicht abhörbar wären. Die größte Einschränkung aber bestünde darin, dass nur er und seine Kollegen sich mit diesem Ansatz beschäftigen.
"Die wirklich größte Einschränkung ist, dass noch niemand daran arbeitet – außer uns."
Ein gesamtes Netz oder gar ein Rechenzentrum lassen sich sicherlich nicht akustisch managen. In einzelnen Bereichen allerdings haben hörbare Informationen durchaus Vorteile. Außerdem findet Professor Esposito, dass ein klingendes Netz einfach was hat.
"Wenn sie Music Defined Networking betreiben, dann könnten sich ihre Switches so anhören."