Donnerstag, 25. April 2024

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Musik unter römischen Sternenhimmel
Oper im Lastwagen

Die Oper aus dem Opernhaus rausholen - das war die Idee von Regisseur Fabio Cherstich. Das von ihm entwickelte Projekt "Operacamion" verwandelt einen Lastwagen in ein mobiles Kleintheater. Auf vier römischen Plätzen können Besucher so Opern unter freiem Himmel erleben - das kommt besonders bei der jüngeren Generation gut an.

Von Thomas Migge | 22.07.2016
    Der Petersdom im Vatikan vor dem abendlichen Himmel. Vorne verläuft die Engelsbrücke über den Tiber.
    Der Petersdom und die Engelsbrücke in Rom (picture alliance / dpa / Kevin Kurek)
    Piazza Sempione im Norden Roms. Abends 21.30 Uhr. Ein Platz voller Menschen und ein Himmel voller Sterne.
    Rossinis "Der Barbier von Sevilla". Open Air, mit Lautsprechern verstärkt und mit einem gemischten Publikum aus der Nachbarschaft.
    Während das Jugend-Nachwuchs-Orchester der römischen Staatsoper und Leitung von Carlo Donadio die Ouvertüre spielt, verwandelt sich ein Lastwagen in ein mobiles Kleintheater: seine dem Publikum zugewandte Längsseite öffnet sich und wird zur Bühne. Mit der geschickten Nutzung beweglicher Seitenwände entsteht ein Fast-Theater-Eindruck, der durch die Videoarbeit des Illustrators Gianluigi Toccafondo noch einmal verstärkt wird.
    Oper Rom
    Oper im Lastwagen und unter römischem Sternenhimmel (Staatsoper Rom)
    Bühne für Nachwuchskünstler
    Fantasievolle Kostüme, wie das des Figaro, interpretiert von dem japanischen Bariton Takajuro Shimotsuka, das anstelle von Ärmeln Scheren hat, witzige Mimen als Nebendarsteller und Nachwuchssänger, die zum ersten Mal die Möglichkeit haben, bei einer Produktion der Staatsoper mitzuwirken. Regisseur Fabio Cherstich:
    "Das Projekt entstand vor zwei Jahren. Wir wollten die Oper aus dem Opernhaus herausholen und unter die Leute bringen. Wie im 18. Jahrhundert, als Theater auf Plätzen dem Volk präsentiert wurde. Eine lange und glorreiche Theatertradition, die leider vergessen wurde. Ein Projekt für vier römische Plätze".
    Das von Cherstich entwickelte Projekt "Operacamion", Opernlastwagen, stieß bei Intendant Carlo Fuortes gleich auf offene Ohren. Auch er will das Genre Oper für eine breitere Bevölkerungsschicht öffnen – natürlich auch in der Hoffnung, damit vor allem jüngere Besucher für die Staatsoper zu gewinnen. Deshalb entwickelte Regisseur Cherstich sein Projekt zusammen mit "Fabbrica", der seit einem Jahr an der Staatsoper existierenden Schule für Theaternachwuchs. Eine besondere Schule, erklärt Fabio Cherstich:
    "Einige der Sänger studieren bei 'Fabbrica'. Auch unsere Bühnenarbeiter und Bühnenbildner nehmen an diesem Nachwuchsprogramm teil, das ja das einzige an einem italienischen Opernhaus ist, das sich nicht nur an angehende Künstler, sondern an den gesamten Nachwuchs für fast alle Berufe an einem Opernhaus richtet. Das ist eine 'Fabbrica'-Produktion".
    Star der Abende ist der israelische Koloratursopran Reut Ventorero: eine stimmlich ausgezeichnete und schauspielerisch perfekte Rosina. Auch sie nimmt am Programm Fabbrica" teil.
    Das Projekt "Operacamion" kommt an. Und wie. 300 Klappstühle stellt die Staatsoper pro Abend den Zuschauern zur Verfügung. Bei den beiden ersten Abenden kamen mindestens drei Mal so viele Opern-Begeisterte.