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Musikalische Globalisierung

So unterschiedlich die Musikkulturen weltweit sind, gemeinsam in Orchestern wird überall musiziert. Die Ausstellung "Orchesterwelten" versammelt zum ersten Mal Orchesterformationen aus nahezu allen Erdteilen. Sie zeigt nicht nur eine Kakophonie exotischer Klänge, sondern blickt auch auf die Geschichte der Wege der Musik zurück - von der Kolonialzeit bis zur Globalisierung.

Von Rainer Berthold Schossig |
    "Nada Brahma!" Dieses Wort von Joachim-Ernst Berendt gilt international: "Die Welt ist Klang!" Davon kann ein Lied singen, wer ferne Länder offenen Ohres bereist. Und dies taten die Bremer Kaufmanns-Reeder, die im 19. Jahrhundert begannen, die Weltmeere zuerobern. Was sie damals mitbrachten, zeigt jetzt die Ausstellung "Orchesterwelten – Weltorchester" im Überseemuseum:

    Doch es werden nicht nur exotische Instrumente zur Schau gestellt, sondern auch zum Klingen gebracht. Jede Menge Orchestermusiker werden in den kommenden Wochen in Bremen zu Gast sein, und die Instrumente zum Leben erwecken. Der Bremer Ausstellungsmacher Andreas Lüderwald:

    "Das steht durchaus im Hintergrund, die ganze Welt ist Klang, Weltmusik – Weltorchester. Wobei es im Mittelpunkt steht, dass man doch lieber zusammen mit anderen Musik macht, Ensembles bildet und sich als Einzelner einbringt, aber trotzdem diesen Orchesterklang erzeugt."

    "Es ist eine lebendige Musik, die präsentiert wird. Es geht ja auch um Musik als Objekt: Wie stelle ich Musik aus?"

    Der Musikethnologe Andreas Lüderwald hat für diese Ausstellung nicht nur auf die umfangreichen historischen Sammlungen des Überseemuseums zurückgreifen können, sondern auch rare Leihgaben. Zum Beispiel ein indonesisches Bambus-Instrument aus Westbali, das die Ausmaße einer Renaissance-Orgel hat:

    "Das Größte sind schon drei Meter lange Bambusrohre, die entsprechend zugeschnitten werden, da müssen dann zwei Musiker aufs Instrument steigen und von oben spielen, das ganze ist eine phantastische Musik mit dem Naturmaterial Bambus."

    Das Angebot reicht vom japanischen Gagaku bis zur afrikanischen Balaphon-Truppe, von den klirrenden Instrumenten der Pekingoper bis zum indonesischen Gong-Orchester.

    "Gamelan – der Klang von Bronze, das Hauptmaterial ist Eisen oder Bronze, das zum Erklingen gebracht wird, bei den Gongs. Ich schlage mal die großen Gongs an."

    Amerika ist unter anderem mit einem Steelpen-Orchester aus Bayern vertreten. Einst wurden auf Trinidad blecherne Ölfässer zu Instrumenten, weil man den Insulanern ihre eigenen Instrumente weggenommen hatte:

    "Die Ölfässer: Die Einwohner von Trinidad haben herausgefunden, dass man damit Musik machen kann, und dann ist man dazu übergegangen. Man hat die Oberseite in Klangflächen aufgeteilt, sodass man dann einzelne Töne erzeugen kann, die Tonskala."

    Auch die Bremer Philharmoniker lassen in ihrer Museums-Musikwerkstatt ihre Instrumente ausprobieren. Musik nicht nur zum Anhören, sondern auch ganze Klang-Kulturen zum In-die-Hand-Nehmen. Doch Andreas Lüderwald geht es vor allem ums Begreifen:

    "Die Welt ist wirklich klein geworden. Wir Europäer haben ja angefangen, klassische Musik in alle Teile der Welt zu transportieren und die entsprechenden Orchester: Blas- oder Militärorchester nach Afrika, oder Sinfonieorchester, sodass überall europäische Formationen zu finden sind.
    Aber mittlerweile geht es auch anders herum, sodass vom Osten viel in den Westen gebracht wird. In der Bundesrepublik können Sie alles hören, vor allem auch spielen, ob das Gamelan ist oder afrikanische Trommel, Ensembles oder Balaphon-Orchester. Weltmusik um die Ecke kann man sagen."

    So zeigt diese Ausstellung nicht nur eine Kakophonie exotischer Klänge, sondern wirft auch ein Licht auf die Geschichte der Wege der Musik von der Kolonialzeit bis in unsere Tage der - auch musikalischen - Globalisierung.