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Musikalische Hommage an John Sinclair

Seit fast 40 Jahren sorgt John Sinclair für Schauer und Gänsehaut - als Held der Dreigroschenhefte und der daraus entstandenen Hörspiele. Nun haben Sinclair-Fans – darunter auch viele Musiker – ein Album zu Ehren des Geisterjägers veröffentlicht.

Von Andi Hörmann | 26.09.2012
    Bei diesem Gitarrenriff schlägt der Puls aller Hobbygeisterjäger höher: Das John-Sinclair-Thema ist der musikalische Vorhang für Schauermärchen und Actionspaß auf Hörspiellänge. Rockmusik und Fantasyfiktion als Blockbuster-Kino für die Ohren.

    "Oh Scheiße. Verdammte Scheiße... Ich hatte Mühe, mich zurechtzufinden. Der Albtraum hatte sich so echt angefühlt. Verdammt echt..."

    Seit 1973 katapultiert vor allem der Autor Helmut Rellergerd als Jason Dark seine Heldenfigur John Sinclair, ein Oberinspektor von Scotland Yard, in albtraumhafte Abenteuer. Anfangs nur in Dreigroschenromanen, die sich über 400 Millionen mal verkauften, später auch in Hörspielen und einer Fernsehserie. Ein ständiges Jonglieren am Abgrund der Apokalypse. Dämonen, Hexen, Vampire und Zombies. Der ewige Kampf: Gut gegen Böse.

    "Es scheint, als wurde die Stadt buchstäblich im Schlaf überrascht. Ein terroristischer Akt. Noch gibt es keine näheren Einzelheiten..."

    Längst hat der Superheld John Sinclair Kultstatus erreicht. Die Fangemeinde der schaurig-schönen Heldengeschichten ist groß. Darunter viele Musiker. Einer von ihnen: Xavier Naidoo. Etwas ungelenk hat er in der gerade erschienenen Hörspielversion des allerersten, 1981 erschienenen, John Sinclair-Taschenbuchs "Angst über London" die Rolle eines todgeweihten Finanzhais übernommen:

    "Entschuldigung! Wie weit ist es noch bis Liverpool Street?
    Nicht mehr lange.
    Tja, Bruce Carnegie, Finanzhai. Das sage ich immer, wenn meine Schwiegermutter mich fragt, was ich beruflich mache..."

    Auf einer zweiten CD ist dem Hörspiel ein Musikalbum beigelegt: "Dark Symphonies" - 20 Lieder von 20 verschiedenen Musikern und Bands. Zwischen düsterem Gitarrenrock und comichaftem Synthie-Pop. Und auch Xavier Naidoo hat einen Song beigesteuert. Dabei schraubt sich seine digital modellierte Stimme wie ein Unheil verkündendes Martinshorn in die Höhe.

    "Wenn ihr euch nicht bemerkbar macht, werdet ihr aufgescheucht. Ich will euch dringend raten, Alarm zu schlagen."

    Die Schlagersängerin Marianne Rosenberg singt von dunklen, märchenhaften Mächten:

    "Dämonen und Wunder du kennst dieses Spiel. Ein giftiger Pfeil traft mitten ins Ziel."

    Deichkind entwerfen in ihrem Hip-Hop-Elektro-Punk ein Zombieszenario:

    "Heut holt dich die Fresse. Sie kauert an der Ecke. Sie zerrt dich in die Hecke. Und bringt dich dort zur Strecke."

    Und Tocotronic ziehen den Hörer in den Bann einer Zwischenwelt:

    "Du strahlst heller als der hellste Stern. Du strahlst heller als das hellste Licht. Das böse Buch wird noch gesucht. Wir lesen es gern."

    Dirk von Lowtzow, der Sänger von Tocotronic, und Andreas Dorau haben auch im Hörspiel "Angst über London" einen Gastauftritt - als brummelnd, stöhnende Untote:

    "Stinkt der!
    Los, schießen sie.
    Damit wir die anderen auch noch anlocken? Nein. Ich habe da etwas Besseres. Na, komm. Bei Fuß. So ist es brav."

    Akustisches Breitwand-Action-Kino im Hörspiel "Angst über London" und musikalische Schattenspiele auf der beigelegten CD "Dark Symphonies". Hier sollen sich zwei Welten ergänzen: düstere Popmusik und schaurige Popliteratur. Viele der Gruselfantasien im Popformat sind musikalische B-Movies in seichter Rockästhetik. Doch für Fans von John Sinclair sind manche der Songs ein echter Gänsehautbonus. Vor allem auch, da Sinclair-Autor Jason Dark selbst zum Mikro greift und die Welt der Vampire vertont.

    "Er sucht die Menschen, will sie haben, um sich an ihrem Blut zu laben. Darum schließe Fenster und auch Türen. Lass dich durch nichts von ihm verführen. Denn er ist, ja das wissen wir, der lebende Tote, der Vampir."