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Musikproduzenten-Wettkampf
Sample Slam - der Kampf der Klänge

Poetry Slams sind weitgehend bekannt: Dabei punkten Nachwuchspoeten mit einer überzeugenden Performance ihrer Texte. Beim Sample Slam hingegen geht es nicht um Sprache, sondern um elektronische Musik. Zum ersten Mal traten in München nun sechs junge Musikproduzenten gegeneinander an, eine Jury entschied, wer die besten Beats gebastelt hat.

Von Andi Hörmann | 20.03.2015
    Ein Soundkünstler improvisiert Klangskulpturen mit Mischpult und Computer.
    Die einzige Auflage für die Teilnehmer: Externe Instrumente sind tabu. Ansonsten darf das vorgegebene Klangmaterial nach Belieben verformt und mit Effekten bearbeitet werden. (picture alliance / dpa / Maximilian Schönherr)
    Die Wucht einer nackten Kick-Drum, das Kribbeln einer hellen Snare-Trommel, das Wabern eines dunklen Synthesizer-Teppichs - jeder Sound ein Sample.
    "Ein Sample an sich ist einfach ein Schallereignis - ein Ton, ein Klang. Das kann wirklich ein Snare-Schlag sein, es kann auch einfach nur eine Kick-Drum sein. Es kann aber auch ein kurzer Loop sein, eine kurze Melodie-Abfolge oder so was."
    Gut 300 solcher Schallereignisse sind das Ausgangsmaterial. Zwei Wochen haben sechs Teilnehmer Zeit gehabt, um daraus drei Tracks á drei Minuten zu basteln. Der 29-jährige Tontechnik-Student Philipp Nadler hat ihn initiiert, den ersten Sample Slam in München. Er hat das Sample Pack, eine Art Klangbibliothek, zusammen gezurrt und das Regelwerk für die Sound-Tüftler aufgestellt.
    "Keine externen Klangerzeuger dürfen sie verwenden. Sie dürfen zu Hause auch nichts mit einem Instrument einspielen. Kompressoren, Equalizer - das ist alles frei, sonst macht es keinen Sinn in der Musikproduktion."
    Drei Runden im K.O.-Verfahren
    Klick-Klack, die Tür zur Glockenbachwerkstatt, einem Bürgerhaus Mitten in München, unweit vom Viktualienmarkt - hier zeigt es sich gleich, was die sechs Teilnehmer des Sample Slam für eine musikalische Bühnen-Präsenz haben. Eine fünfköpfige Jury kürt die Gewinner, darunter auch ein prominenter Rapper:
    "Hallo Hallo, ich bin der Flo von Blumentopf. Schuh nennt man mich auch."
    In alter Slam-Manier treten immer zwei Künstler gegeneinander an: bei sechs Teilnehmer also drei Runden im K.O.-Verfahren.
    "Ich höre auch andere Musik als Hip Hop. Ich werde auch andere Musik gut finden, müssen, heute."
    Break-Beats, Dub-Bässe, Trip Hop - alles drin beim Sample Slam in München. Das Duo Fancy Fools mischt sogar live Posaune und Trompete in ihre elektronischen Tracks. Doch punkten lässt sich an diesem Abend mehr mit Oldschool-Hip-Hip-Grooves.
    "Ich mache seit circa zwölf Jahren Musik auf der Beat-Ebene, also Hip-Hop-Beats, schön geshuffelt, fette Bässe, harte Kicks, harte Snares."
    "Wenn du einen Beat produzierst, dann soll es schon im Takt sein"
    Der 34-jährige Gerrit Wagner alias Gridda gilt als einer der Favoriten. Er hat drei Hip-Hop-Tracks gebastelt, die er nicht einfach nur per Play-Taste abspielt, sondern auch live musikalisch in Szene setzt:
    "Die Performance ist bei mir halt, dass ich das wirklich live arrangiere, also dass ich nicht nur da stehe und einen Effekt..., sondern dass ich das wirklich arrangiere. Ich habe meinen Ablauf, aber im Freestyle die Drums setze, Breaks mache, den Bass einsetzen lasse, oder Bass rausnehmen, vielleicht da noch einen Filter drüber, und da, und dann: zack, wieder raus."
    Auf der Bühne steht ein riesiger Tisch, vollgestellt mit Laptops, Effektgeräten, analogem und digitalem Equipment. Gridda drückt und dreht die Knöpfchen seines digitalen Mischpults, dem Midi-Controller - wippt im Takt, nickt zum Rhythmus. Etwa 100 Leute im Publikum feiern lautstark seine Beats. Doch am Ende verpasst er knapp den dritten Platz.
    "Man darf nie vergessen, jeder der heute verliert und von mir keine Stimme bekommt: Es ist auch nur meine Stimme. Es mag das Tollste sein was es gibt, aber wenn es mir nicht gefällt, dann bin ich halt im Moment in der Jury und dann hat der Pech gehabt. Aber es kann trotzdem super sein. Klar gibt es Sachen, die schlecht sind: Wenn du einen Beat produzierst, dann soll es schon im Takt sein und grooven. Aber ab einen gewissen Level ist das Geschmacksache."
    Drei der fünf Jury-Mitglieder sind musikalisch im Hip Hop zu Hause. Ein Hip-Hop-Track macht dann auch das Rennen. Zurecht. Der Sieger nennt sich Grinch. Er hat gleich drei Asse im Ärmel: eine kreative Komposition, komplexe Klänge und eine fette Produktion. Bass ist Trumpf auf dem ersten Sample Slam in München. Mit einem Wummern im Ohr und einem Wumms im Bauch schickt der Grinch dann auch das Publikum nachhause - durch die frühlingshafte Nacht.