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Muslime und Klimaschutz
Freitagsgebet jugendgerecht machen

"Achtet man eigentlich auch bei der Pilgerfahrt auf Klimaschutz?" Gerade junge Muslime wünschen sich bei den Freitagsgebeten mehr moderne Themen. Eine Hamburger Moscheegemeinde verbindet das Freitagsgebet jetzt mit dem Anliegen der "Friday for Future"-Bewegung.

Von Daniel Kaiser | 03.12.2019
Die Kaaba in der Mitte der Heiligen Moschee in Mekka, Saudi Arabien, 17.8.2018
Erheblichen Nachholbedarf bei der Pilgerfahrt sieht Imam Mohamed Ibrahim bei seinem Freitagsgebet. (picture alliance / Anadolu Agency / Mustafa Ciftci)
Klingt wie ein normales Freitagsgebet, sieht aus wie ein normales Freitagsgebet: Links beten die Jungs und rechts die Mädchen. In der Predigt erklärt der Imam Mohamed Ibrahim dann aber die islamische Sicht auf den Klimaschutz. Der Islam sei gegen Umweltzerstörung, gegen Verschwendung und für Nachhaltigkeit, sagt er und belegt das mit Versen aus dem Koran: "Geh mit Wasser nicht verschwenderisch um, auch wenn es mehr als genug gibt."
Danach sitzen alle im großen Kreis und diskutieren. Die jungen Leute stellen kritische Fragen. Gibt es in Mekka Mülltrennung? Wie ist eigentlich die CO2-Bilanz der arabischen Öl-Staaten? Und: Was kann ich konkret selbst in Hamburg, in Deutschland tun?
"Jumua for Future" heißt das Projekt. Mehdi Aroui aus dem Vorstand der Muhajirin-Moschee erklärt den Namen: "Das ist einerseits das Wort für Freitag, aber auch für das Freitagsgebet bzw. die Freitagspredigt. Damit wollen wir ausdrücken, dass wir uns auch davon angesprochen fühlen und dass wir darüber den Inhalt unserer Freitagspredigt machen, kindes- und jugendgerecht. Letzte Woche hatten wir auch ein Camp dazu mit vielen Inhalten: mit Besuchen bei Greenpeace und mit vielen Workshops. Dann kommen natürlich Forderungen von den Jugendlichen, dass sich die Moscheegemeinden bewegen und nachhaltiger mit den Ressourcen der Moschee umgehen müssen. Weil das ist genau das, was wir 'lokal handeln' nennen."
Autofreie Pilgerstadt
"Wir Muslime sind facettenreich, und auch Umweltschutz ist unser Thema", sagt Mehdi Aroui.
Etwa 50 meist junge Leute sind in den Kulturladen "Schorsch" gekommen und diskutieren engagiert und informiert. Viele waren schon auf einer "Friday for Futures"-Demo, und man spürt, dass ihnen das Thema wichtig ist. Die jungen Muslime sind von dieser Art Freitagsgebet angetan.
"Es ist für mich neu, dass das thematisiert wird", sagt ein Jugendlicher. "Ich habe das so noch nie wahrgenommen, und ich fand die Predigt heute sehr schön. Ich dachte, dass das wundervoll formuliert wurde und das die Aspekte sehr 'Mainstream' sind. Das war mir selber nie klar."
"Wenn man das auch im islamischen Kontext sieht, sieht man, dass wir sehr viel falsch machen und dass wir es eigentlich ändern sollten", ergänzt ihn eine junge Muslima.
"Ich freue mich, dass endlich modernere Themen angesprochen werden"
"Achtet man eigentlich auch bei der Pilgerfahrt oder bei der Kaba auf Klimaschutz", fragt ein Mädchen. Der Imam Mohamed Ibrahim sieht bei der Pilgerfahrt noch erheblichen Nachholbedarf in Sachen Klimaschutz. Der Flug nach Mekka wäre nicht das Erste, auf das er verzichten würde, aber bei der Situation vor Ort müsse man handeln: "Wenn es nach mir ginge, würde ich Mekka für eine autofreie Stadt erklären."
Nicht immer nur das Kopftuch-Thema
Der Hamburger Omar Ali Hassan studiert in Groningen und ist übers Wochenende in seiner Heimatstadt. Er ist von diesem Freitagsgebet überrascht: "Ich freue mich, dass endlich modernere Themen angesprochen werden. Natürlich wird bei der Freitagspredigt oft über die Vergangenheit geredet, und das ist auch wichtig. Aber ich finde es sehr wichtig, dass der Fokus endlich mal auf das Hier und Jetzt und auf die Zukunft gesetzt wird."
Die Organisatoren der arabischen Muhajirin Moschee wollen das Projekt fortsetzen und hoffen, dass sie auch andere islamische Gemeinden inspirieren: "Wir Muslime sind nicht nur immer mit dem Thema Kopftuch und irgendwelchen islamischen Themen beschäftigt, sondern uns interessiert und beschäftigt auch unsere Hamburger Umwelt, aber auch unser Land, Deutschland", stellt Mehdi Aroui klar. "Wir Muslime sind facettenreich, und auch Umweltschutz ist unser Thema."