Neues Wehrdienst-Modell
Musterung soll zur Pflicht werden

Die Fraktionsspitzen von Union und SPD haben sich auf die Ausgestaltung eines neuen Wehrdienstes geeinigt. Wie die Fraktionsvorsitzenden Spahn und Miersch sowie CSU-Landesgruppenchef Hoffmann in Berlin bestätigten, wird zunächt auf Freiwilligkeit gesetzt.

    Alexander Hoffmann (vorne l-r), CSU-Landesgruppenchef, Matthias Miersch, SPD-Fraktionsvorsitzender, Jens Spahn, Vorsitzender der Unions-Fraktion, und Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sprechen zur Wehrdienst-Reform.
    Alexander Hoffmann (vorne l-r), CSU-Landesgruppenchef, Matthias Miersch, SPD-Fraktionsvorsitzender, Jens Spahn, Vorsitzender der Unions-Fraktion im Bundestag, und Boris Pistorius (SPD), Bundesminister der Verteidigung, geben eine Pressekonferenz zur Grundsatzeinigung im Streit um die Wehrdienst-Reform. (dpa / Kay Nietfeld)
    Eine Wehrerfassung wird wieder eingeführt: Alle 18-jährigen Männer und Frauen erhalten künftig einen Fragebogen, mit dem ihre Motivation und Eignung für den Wehrdienst ermittelt werden soll. Frauen müssen den Fragebogen nicht beantworten. Zudem werden alle Männer, die ab dem 1. Januar 2008 geboren wurden, gemustert.
    Sollte die Zahl der Freiwilligen nicht ausreichen, um auf die angestrebte Truppenstärke zu kommen, kann eine Bedarfswehrpflicht greifen. Dafür ist dann aber ein Bundestagsbeschluss erforderlich. Ein Losverfahren ist hier eine Option. Bundesverteidigungsminister Pistorius äußerte sich zufrieden mit dem Kompromiss. Nach seinen Angaben soll das entsprechende Gesetz am 1. Januar kommenden Jahres in Kraft treten. Unionsfraktionschef Spahn sagte, damit stelle man sicher, dass sich Deutschland verteidigen könne. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Miersch meinte, künftig müsse man sich in jeder Familie mit der Frage auseinandersetzen, ob man sich in den Dienst der Allgemeinheit stelle.

    Kritik aus der Opposition und von Schülervertretern

    Die Grünen-Verteidigungsexpertin Nanni kritisierte den Kompromiss zur Wehrpflicht und sprach von einer Verschlimmbesserung, insbesondere mit Blick auf ein mögliches Losverfahren. Man brauche die Besten für die Bundeswehr, nicht irgendjemanden.
    Der Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz, Gärtner, kritisierte die Vereinbarung als unzureichend. Er sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, das Wehrdienstgesetz müsse "mit einer Offensive für Bildung und mentale Gesundheit junger Menschen" im Umfang von 100 Milliarden Euro flankieren werden. "Es gibt noch nicht einmal das kleinste Signal, dass der Staat auch bereit ist, für uns Verantwortung zu übernehmen", sagte Gärtner. "So kann man nicht verteidigungsfähig werden." Die vorgesehene Freiwilligkeit für den Dienst bei der Bundeswehr werde "absehbar scheitern".

    Bundeswehr soll größer werden

    Wegen der Bedrohung durch Russland und der deswegen veränderten NATO-Planungen soll die Bundeswehr um rund 80.000 auf 260.000 Männer und Frauen in der stehenden Truppe wachsen. Zudem soll es 200.000 Reservisten geben, deren Zahl vor allem mit dem neuen Wehrdienst gesteigert werden soll.
    Schon das bisherige Ziel von 203.000 Soldaten wurde allerdings nie erreicht.
    Vor allem Politiker der Union haben wiederholt angezweifelt, dass Freiwilligkeit ausreichen wird, um einen ausreichend schnellen Aufwuchs der Bundeswehr zu garantieren. In den Koalitionsverhandlungen setzte sich die SPD aber mit der Forderung nach Freiwilligkeit durch.
    Die Wehrpflicht war 2011 ausgesetzt worden, ist aber weiter im Grundgesetz verankert. Sie kann mit einfacher Mehrheit im Bundestag wieder eingeführt werden und tritt auch in Kraft, wenn der Bundestag den Spannungs- oder Verteidigungsfall feststellt.
    Das Grundgesetz sieht die Wehrpflicht für Männer vor. Um die Frage, ob und wie Frauen eingebunden werden sollen, gibt es immer wieder Diskussionen, ohne dass eine Mehrheit für eine Änderung des Grundgesetzes aktuell erkennbar wäre.

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    Diese Nachricht wurde am 13.11.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.