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Mut zur Karriere

Birgitt Lampe: Mein Blick auf die Welt hat sich verändert, dass ich einen ganz neuen Bereich entdeckt hab. Also Führungspositionen in der freien Wirtschaft, das ist einfach was, das hab ich vorher ausgeblendet. Das Projekt hat bewirkt, dass ich mir diesen Bereich genauer angucke.

Barbara Leitner | 16.08.2000
    So Birgitt Lampe, 33 Jahre alt, Politikwissenschaftlerin. Während ihrer Schulzeit war sie immer eine der Klassenbesten, Schülersprecherin, auch im Studium Spitze. Aber die Idee, ein Unternehmen oder eine Organisation führen zu wollen, war ihr lange Zeit fremd.

    Birgitt Lampe: Ich muss dazu sagen, ich wollte als Kind lange Zeit ein Junge sein. Ich kann mich an eine Situation erinnern, wo ich sagte, ich möchte Kapitän werden und wo mir irgend jemand sagte, Mädchen können nicht Kapitän werden, und das war auch so ein Punkt, da wollte ich auch ein Junge sein... und das auch mit dem Hintergrund, weil ich dachte, dass man da weiter kommt.

    Typisch weibliche Sozialisation bremste Birgitt Lampe in ihrem Karrieredenken. Bis sie ein spezielles Mentoren-Programm für junge Frauen kennenlernte. In der Zeitung stand eine Anzeige:

    Politisch engagierte Absolventinnen, mit sehr guten Noten und Fremdsprachenkenntnissen, Sensibilität für Geschlechterfragen, Durchsetzungswillen und Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen für besondere Absolventenförderung gesucht.

    Darin fand sich die zugezogene Berlinerin gut beschrieben. Prompt bewarb sie sich bei "Preparing women to lead" - einem europaweit angelegten Förderprogramm der Europäischen Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft. Zunächst besuchen die Teilnehmerinnen aus Österreich, Belgien, den Niederlanden und Deutschland diverse Kommunikationsseminare. Das ist ein Bereich, den die Ausbildung an der Universität auch meist vernachlässigt. Der Joker dieses Angebots aber ist jeweils ein dreimonatiges Praktikum bei einer Führungsfrau aus Wirtschaft, Politik oder Verwaltung. Alexandra Palt, 28 Jahre alte Juristin aus Wien:

    Alexandra Palt: Ich muss sagen, dass ich das unterschätzt habe, die Mentorin-Mentee-Beziehung und nicht damit gerechnet habe, daraus so viel zu gewinnen. Ich habe damit gerechnet, dass die Seminare, die am Anfang stattfinden, mir sehr viel bringen, weil das Rhetorik, Präsentation ist. Da habe ich wesentlich weniger profitiert, als ich erwartet habe, weil das wieder ein theoretischer Zugang ist und ich würde sagen, die große Stärke des Programms liegt sicher in diesem Mentoring, das ich einfach ein großartiges Konzept mittlerweile finde.

    Als erstes Beispiel für solch einen fruchtbringenden Kontakt ist die Begegnung und Zusammenarbeit zwischen Telemachos, dem Sohn des Odysseus, und Mentor, einem griechischen Gebildeten überliefert. Davon abgeleitet wurde die Mentoring-Beziehung, nämlich dass ein jüngerer Mensch - in unserem Fall die Mentee - Rat und Unterstützung von einem älteren, erfahreneren Menschen - einem Mentor oder einer Mentorin - erhält. Diese bieten sich über eine vereinbarte Zeit zum Gespräch an, helfen Entscheidungen zu fällen und begleiten die Lernende ein Stück auf ihrem Weg.

    In den USA etablierten sich Mentoren-Programme als berufliche Förderstrategie für Frauen schon in den 70-er-Jahren. Dort meinen 85 Prozent von 500 befragten Top-Managerinnen, Mentoring sei eine erfolgreiche Maßnahme, um die Unternehmenskultur frauenfreundlicher zu gestalten. In den 90 -er-Jahren verbreitete sich diese Erkenntnis auch in Europa, einschließlich Deutschland. Die Europäische Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft entwickelte ihr eigenes Konzept, um Frauen zu ermutigen, Führungsverantwortung anzustreben. In den vergangenen drei Jahren durchliefen über 60 Absolventinnen aller Fachrichtungen diese Form von Eliteförderung

    Die Liste ihrer engagierten Mentorinnen ließt sich wie das Who is Who deutscher Topfrauen. Landespolitikerinnen sind ebenso unter den Mentorinnen wie Managerinnen großer Unternehmen. Alexandra Palt beispielsweise begleitete drei Monate lang die deutsche Generalsekretärin von Amnesty International, Barbara Lochbihler, und Birgitt Lampe erkundete den Alltag von Beate Seewald, der Leiterin der neuen Rehabilitationsklinik in Lübben:

    Birgitt Lampe: Dadurch, dass ich 3 Monate die Möglichkeit hatte, an ihrer Seite zu arbeiten, und zu sehen, wie sie die Rehaklinik leitet, hat sie mir schon auch gezeigt, wie ein Weg aussehen kann für Frauen.

    Alexandra Palt: Es waren sehr, sehr viel kleine Details und Gespräche und Beobachtungen, wo ich mir gedacht habe, ach so macht man das oder so macht Frau das. Ich habe bis dahin in männlich dominierten Strukturen gearbeitet und in all dem ist mir aufgefallen, wie wichtig Frauenvernetzung ist. Die Zuarbeit von Frauen wird überall gern angenommen. Frauen in Führungspositionen zu lassen, ist aber einfach viel schwieriger für uns, dort hinzukommen.

    Durch den hautnahen persönlichen Kontakt und die ständige Rückkopplung erleben die Frauen eine weibliche Leitfigur, an der sie sich orientieren können. An deren Seite nehmen sie an Besprechungen teil, reisen mit zu Tagungen und Kongressen, lesen die Post und lernen so die Organisation und die Rolle ihrer Mentorin genauer kennen.

    Gerade auf solches Handwerkszeug scheint es anzukommen - denn am Wissen und der entsprechenden Ausbildung mangelt es Frauen schon seit Jahren nicht. Mehr als die Hälfte aller Abiturienten sind Frauen und selbst bei den Universitätsabsolventen sind inzwischen 47 Prozent weiblich - übrigens meist mit besseren Noten als die Männer. In der Bundesrepublik Deutschland wird das Potential qualifizierter Frauen aber kaum ausgeschöpft, wie die Frauenministerin Christine Bergmann zu betonen nicht müde wird:

    Christine Bergmann: : Wenn wir uns angucken, dass in den oberen Führungsetagen in der Wirtschaft gerade mal sechs Prozent angekommen sind, obwohl wir gut qualifizierte Frauen haben, dann spricht das Bände. Dann wissen wir, es gibt einen großen Nachholbedarf.

    Ein Nachholbedarf, der besonders im internationalen Vergleich offenbar wird. Denn in den Vereinigten Staaten, Kanada und Australien sind bereits weit über 30 Prozent Frauen in das Top-Management vorgedrungen. Deutschland gilt somit als Entwicklungsland, wenn es um die Chancengleichheit für Frauen und Männer geht. Doch gerade die Generation der Studienabsolventinnen um die 30 will sich nicht mit der rechtlichen Gleichberechtigung begnügen. Sie wollen durchaus auch Karriere machen. Birgitt Lampe und Alexandra Palt:

    Alexandra Palt: Natürlich muss ich sagen, dass ich Jura schon aus Idealismus studiert habe und mich im menschenrechtlichen Bereich arbeiten sehe und da ganz sicher Karriere machen will.

    Birgit Lampe: Mein Traum wäre es z.B. bei der WHO zu arbeiten. Aber auch ich habe noch das Gefühl, dass ich mir diesen Horizont erkämpfen mußte, also dass es mir auch nicht in die Wiege gelegt worden ist zu denken, ich könnte jetzt eine große Institution leiten.

    Seit ihrem Praktikum bei einer Führungsfrau haben die beiden Berufsanfängerinnen auf ihrem Karriereweg eine beratende Unterstützerin an ihrer Seite. Doch noch sind solche weiblichen Unterstützungssysteme rar. Und nicht nur das. Auch der Wunsch, gleichberechtigt Karriere machen zu wollen, ist längst nicht bei allen Frauen ausgeprägt. In ihrem Ratgeber "Top-Arbeitgeber für Frauen" schreibt die Hamburger Wirtschaftswissenschaftlerin Sonja Bischof:

    "Die Aufstiegsorientierung der Frauen ist immer sehr viel geringer ausgeprägt als die der Männer. Männer, egal wie weit oben sie in der Hierarchie bereits stehen, wollen immer weiter, während Frauen oft auf halbem Weg stehen bleiben."

    Bei der Landesbank Berlin zum Beispiel sind 70 Prozent der Mitarbeiter weiblich. Dennoch stellte man vor zehn Jahren erschrocken fest, dass es keine einzige Abteilungs- geschweige denn Filialleiterin oder Direktorin gab. Wollen Frauen denn aufsteigen, wollte damals Personalchef Horst Eimer in einer Umfrage wissen.

    Horst Eimer: Viele Frauen haben damals zum Ausdruck gebracht, dass sie sich kaum vorstellen können, als Führungskraft in ein Unternehmen zurückzukehren Und da haben wir schon gesehen, dass Männer, z.T. auch erziehungsbedingt, leichter ihrer Karrierevorstellungen äußern und dort es bei Frauen nicht so ausgeprägt ist.

    Plötzlich entdeckte die Führungsspitze im Hause selbst jene "gläserne Decke", die Frauen den Zugang zu mehr Einfluß und mehr Gehalt versperrt. Bis zu dem Zeitpunkt war es üblich, dass man einem Chef eine Teilzeitstelle verwehrte und von ihm verlangte, mindestens acht Stunden am Tag verfügbar zu sein. Beinahe automatisch waren Frauen damit ausgeschlossen. Nicht anders bei den unternehmensinternen Weiterbildungen für den Führungsnachwuchs. Genommen wurde, wer sich dafür bewarb und Frauen waren nicht darunter.

    Horst Eimer: Dann haben wir gesagt, wir können es als Personalbereich allein kaum bewirken, denn da müssen wir die Unternehmensspitze mit einbeziehen. Und wir haben dann begonnen mit einem Workshop für Führungskräfte, der Ebene unterhalb des Vorstandes, d.h. alle Direktoren der Bank, alle Filialdirektoren kamen da zusammen. Sie selbst haben gesagt, richtig, wir haben zwar bislang geschlechtsneutrale Ausschreibungen gehabt. Es haben sich Frauen und Männer beworben, überwiegend aber Männer. Wir müssen auch gezielt, wenn wir den Besten an den entsprechenden Arbeitsplatz bringen wollen, gezielt die große Gruppe der Frauen ansprechen.

    So legte die Landesbank Berlin bereits vor zehn Jahren ihren ersten Frauenförderplan auf, der nicht mehr nur soziale Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie enthielt. Vielmehr wurde ein Weg beschritten, um dem Leistungsprinzip zum Durchbruch zu verhelfen, wie Horst Eimer betont:

    Horst Eimer: Es geht nicht darum, Frauen stärker als Männer zu fördern oder Männer stärker als Frauen, sondern unsere Zielstellung ist es, den besten Menschen auch an den Arbeitsplatz zubringen.

    Wie aber gelingt es, eher zurückhaltende Frauen zu ermutigen, Führungspositionen zu übernehmen? Und wie, männliche Führungskräfte für geschlechtsspezifische Unterschiede zu sensibilisieren? Mit diesen Fragen im Kopf las man in der Personalabteilung der Berliner Landesbank einschlägige Literatur über Personalentwicklungsplanung und Frauenförderung und stieß dabei auf das Mentoring.

    Durch diese Methode entwickeln sich vollkommen neue Kooperationsformen unter Frauen und auch zwischen Frauen und Männern. Statt zu klagen wird geklotzt. Dazu trug auch die Einsicht bei, wie wenig Quoten und Gleichstellungsbeauftragte, der Streit um das große "I" in der Sprache und der Kampf gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz den Frauen wirklich gebracht haben. Zwar wurden in den 90er Jahren in vielen Bundesländern gutgemeinte Gesetze zur Gleichstellung der Geschlechter erlassen - und auch von der Europäischen Union gutgeheißen. Dennoch, in der Praxis blieben sie weitgehend folgenlos. Denn immer wieder findet sich ein Weg, sie zu umgehen - auch weil die Frauennetzwerke nicht dicht genug gestrickt sind.

    Nun kündigte die Bundesregierung an, ein Gleichstellungsgesetz für die Wirtschaft zu erarbeiten. Seit Monaten trifft sich Frauenministerin Christine Bergmann regelmäßig mit Arbeitgebern und Gewerkschaftern, Wissenschaftlern und Politikern zu Dialogforen, um über Chancengleichheit in der Privatwirtschaft zu diskutieren. Für September ist ein abschließender Kongreß geplant. Dazu Prof. Barbara Scheffer-Hegel, die Gründerin der Europäischen Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft.

    Barbara Scheffer-Hegel: Ich denke, es ist dringend notwendig, dass die Privatwirtschaft diesem Thema mehr Aufmerksamkeit schenkt. Es gibt eine Reihe von Unternehmen, die vorn ab sind, aber es sind viel, viel zu wenige. Das Wissen darum , was man tun kann und das Wissen, darüber, dass das was man tun kann, gar nicht geschäftsschädigend ist, sondern im Gegenteil eine ganze Menge von wirtschaftlichen Vorteilen auch bringen kann, das Wissen darüber ist sehr wenig verbreitet. Da gehören Informationen her, da gehört natürlich auch Überzeugungsarbeit her und da gehören natürlich auch Regelungen her, die es den Unternehmen ermöglichen, auf die jeweils ihnen gemäße Art etwas zu tun, dass Familie und Beruf für Männer und Frauen besser zusammenpassen und zusammengehen können.

    Bei der Landesbank suchte man bewußt Formen der Personalentwicklung, bei der Frauen und Männer miteinander ins Gespräch kommen und sich mit ihren Potentialen kennen lernen: In verschiedenen Seminaren und eben auch durch das Mentoring. Seit 1993 nutzten es bereits 32 Frauen auf ihrem Karriereweg. Jeweils für ein Jahr wurden sie von einem Mentor - meist aus der zweiten Führungsebene -als aufstiegsorientierte und förderungswürdige weibliche Nachwuchskraft betreut. Eine von ihnen war die 32jährige Christine Fröse-Sedlag.

    Christine Fröse-Sedlag: Dieses Mentorenprogramm soll mir in meiner beruflichen und persönlichen Karriereplanung weiterhelfen, dahingehend, dass wir uns alle sechs bis acht Wochen zusammengesetzt haben, ich als Mentee und mein Mentor und dann die einzelnen Themen, die ich mir in diesem Falle ausgedacht habe, die für mich, für meine Qualifizierung, im Alltagsleben auch, in der Zusammenarbeit mit den Kollegen, mit der Vorgesetzten auch für die Zukunft, was ich mir da für den Karriereweg vorgestellt habe, z.B. auch Mitarbeiter zu führen, dort halt Anregungen, auch Erfahrungen und Kenntnisse von einem Mentor geben zu lassen.

    Der Mentor, das ist Bedingung in jedem Falle, darf seinem Schützling in keiner Weise vorgesetzt sein. Vielmehr geht es darum, einander in einem geschützten Raum zu begegnen. Hilfreich kann es sein, wenn Mentee und Mentor ein gemeinsames Sachgebiet haben. Notwendig ist es, dass die Chemie zwischen beiden stimmt. Denn für Frauen und Männer geht es hier vor allem um den persönlichen Austausch: Welches sind die Stärken und Schwächen der jungen Frau? Wie kann sie die Stärken besser zur Geltung bringen und wo im Unternehmen sollte sie stärker mitmischen? Welche Netzwerke könnten dabei für sie nützlich sein? Als zeitweiliger persönlicher Berater nahm Direktor Jens Süfke Christine Fröse-Sedlag unter seine Fittiche:

    Jens Süfke: Es gibt keine feste Tagesordnung, sondern das bildet sich zwischen diesem Paar heraus. Die Gespräche, die haben dann doch bis zu 2 Stunden gedauert und das war für mich auch immer wieder eine Herausforderung, da man bestimmte Dinge im Alltag fast aus Selbstverständlichkeit tut, wenn man sich fragt, wie erläutere ich das, warum ich das so mache, da setzt man sich mit diesem Thema wesentlich stärker auseinander. Ich gebe zu, es war richtig spannend.

    In diesem Sinne dienen Mentorenprogramme nicht nur dazu, die vorhandenen Kompetenzen der weiblichen Mitarbeiter sichtbar und nutzbar zu machen. Vielmehr sind sie auch Männerförderung.

    Jens Süfke: Ich bin jetzt in einer Führungsposition seit 17Jahren und die Blickrichtung kommt immer nur aus dieser Ebene heraus. Dass man sich auch wieder Gedanken macht, was Mitarbeiter denken bei gewissen Entscheidungen. Und ich habe jetzt ja auch mal das Echo von der anderen Seite, nämlich der Mitarbeiterin mitbekommen, dass man in seinen Handlungen und Entscheidungen mehr bedenkt, was empfindet ein Mitarbeiter dabei und das habe ich persönlich als Gewinn empfunden, dass man doch wieder stärker auf die Mitarbeiter zugeht, seine Überlegungen, Dinge mit einbezieht, die zu einer richtigen Entscheidungsfindung beitragen können.

    "Es darf keine Verlierer geben!" "Alle sollen gewinnen!" So lauten die klassischen Leitsätze für die Einführung von Gleichstellungsmaßnahmen in einem Unternehmen. Gerade bei Metoringprogrammen werden sie deutlich erfüllt. Denn anders als bei klassischen Führungskräfteentwicklungsprogrammen geht es hier um das gemeinsame Lernen und die Suche nach den effektivsten Wegen. Deshalb erfreuen sich solche Trainingsprogramme in der Wirtschaft auch zunehmender Beliebtheit. In großen Unternehmen und Organisationen wie bei der Telecom und der Commerzbank, bei Volkswagen und der Lufthansa, der Deutschen Bank und bei Daimler Chrysler, bei Bosch und Schering nutzt man interne Mentoringprogramme. Darüber hinaus gibt es unternehmensübergreifende Programme des Cross-mentoring - selbst über Ländergrenzen hinweg-, Mentoringprogramme für bestimmte Berufs- und Zielgruppen und innerhalb von verschiedenen Netzwerken, es gibt sie in Politik, Wissenschaft und Verwaltung, bei Gewerkschaften und neue Ansätze des Telementorings im world wide web.

    Immer mehr verbreitet sich die Erkenntnis, dass das Mentoren-Programm eine Möglichkeit bietet, festgefahrene Strukturen aufzubrechen und neue flexiblere Wege zu gehen, um alle Beschäftigten gemäß ihren Qualifikationen einzusetzen und langfristig die Zahl der Frauen in Führungspositionen zu erhöhen. Doch auch an diese Form der Ausbildung dürfen keine überzogenen Erwartungen geknüpft werden. Denn natürlich sind die Fortschritte nicht revolutionär.

    Bei der Landesbank Berlin rückten inzwischen immerhin eine Filialdirektorin und mehrere Abteilungs, Team- und Gruppenleiterinnen in die Riege der Führungsmänner vor. Wie weit die Mentor-Methode Erfolg hat, untersuchte das Deutsche Jugendinstitut in einer Studie über verschiedene Ansätze in Schweden, Finnland und Deutschland. Danach stiegen 18 Prozent der Mentees nach der Teilnahme an so einem Programm beruflich auf. Zunächst nicht gerade eine überwältigende Zahl. Allerdings stimmten fast 80 Prozent der Geförderten und sogar 90 Prozent der Förderer der Aussage zu, Mentoring-Programme würden helfen, eine berufliche Perspektive zu entwickeln. Eine Aussage, die auf die nahe Zukunft hoffen lässt und die auch Christine Fröse-Sedlag von der Berliner Landesbank bestätigt:

    Christine Fröse-Sedlag: Ich habe zwar noch die selbe Position, aber ich habe danach ein Personalentwicklungsseminar besucht, aus dem dann auch eine weitere berufliche Personalplanung hervorgeht, die langfristig vorsieht, dass ich Führungspositionen inne habe, das kann in einer Filiale sein, das kann in einer Abteilung sein und da freue ich mich auch schon drauf, weil mit Mitarbeitern zu arbeiten und sie auch zu führen, das macht Spaß.

    Durch das Gefühl, gebraucht und gefördert zu sein, identifizieren sich die jungen Frauen stärker mit ihrem Unternehmen, arbeiten motivierter. Was aber bringt ein solcher psychologischer Effekt unter dem Strich einem Unternehmen?

    "Wie bei allen weichen Faktoren ist es kaum möglich, die Vorteile der Frauenförderung in Mark und Pfennig zu messen", meint dazu Gertraude Krell, Professorin für Personalentwicklung an der Freien Universität Berlin. Gleichzeitig verweist sie auf Untersuchungen in den USA. Die zeigten, dass sich eine entsprechende Firmenpolitik auszahlt. Die Lohnkosten würden sinken, die Beziehungen zu den Mitarbeitern sich verbessern, die Bedürfnisse der Kunden besser verstanden und mehr neue Produkte würden entwickelt, wenn Frauen an den entscheidenden Stellen in den Unternehmen mitreden. Eine Erfahrung, die auch Jens Süfke in seinem Bereich bei der Landesbank Berlin machte:

    Jens Süfke: Ich bin heute noch stolz darauf, dass ich mit einer Frau einen neuen Filialtyp aufbauen konnte. Das heißt bei uns Finanzdienstleistungszentrale, d.h. bei uns nicht mehr, sie sitzen hinter einem Schalter. Sie müssen auf den Kunden voll zu gehen und sie haben einen wechselnden Arbeitsplatz. Bei einem Mann wäre das möglicherweise in klaren Linien verlaufen, aber nicht so ein Erfolg gewesen. Die Mühe, nämlich alles auszuleuchten, auch das Eingehen auf die betroffenen Mitarbeiter, das war bei diesen Führungsfrauen schon sehr ausgeprägt. Das hätte ich bei Männern möglicherweise nicht so vorgefunden.