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Mutter Teresa
Eine Heilige der Finsternis

Die einen lieben sie. Andere lehnen sie ab. Gonxha Bojaxhu, besser bekannt als 'Mutter Teresa', ist umstritten. Dennoch erhielt die Ordensfrau Anerkennung weltweit. Doch das Leid, mit dem sie konfrontiert wurde, stürzte sie immer wieder in tiefe Krisen. In Briefen schreibt sie über ihre Zweifel und seelische Erschöpfung. Am 6. September 2016 wird sie heiliggesprochen.

Von Corinna Mühlstedt | 31.08.2016
    Ordensgründerin der "Missionarinnen der Nächstenliebe", aufgenommen 1981 bei einer Rede in Washington. Am 5.9.1997 ist der "Engel der Sterbenden" im Alter von 87 Jahren einem Herzleiden erlegen.
    Mutter Teresa, Ordensgründerin der "Missionarinnen der Nächstenliebe", aufgenommen 1981 bei einer Rede in Washington. (picture alliance / dpa / ipol Reinstein)
    "Sollte ich jemals eine Heilige werden, dann werde ich zweifellos eine Heilige der 'Finsternis' sein. Ich werde mich nie im Himmel aufhalten, sondern das Licht derer entzünden, die auf Erden im Dunkel leben."
    Gonxha Agnes Bojaxhu - bekannt als Mutter Teresa - schreibt diese Sätze 1959. Zu diesem Zeitpunkt hat sie bereits erfolgreich einen neuen Orden gegründet, der sich in Indien um die Ärmsten der Armen kümmert: die "Missionarinnen der Nächstenliebe". Doch trotz des Erfolgs ihres Projektes stürzt sie in eine tiefe Krise. In Briefen schildert Teresa ihre Not einigen Vertrauten:
    "Dunkelheit umgibt mich auf allen Seiten. Meine Seele leidet. Vielleicht gibt es gar keinen Gott. Ich spüre eine unendliche Sehnsucht, an ihn zu glauben. Aber wenn es keinen Gott gibt - Himmel, was für eine Leere!"
    Im Jahr 2007 werden Teresas private Briefe veröffentlicht. Zehn Jahre nach ihrem Tod. Viele empfinden das Buch als einen Skandal. Das Urteil der internationalen Presse ist gespalten:
    "Überraschende Veröffentlichung während des Heiligsprechungsprozesses von Mutter Teresa: Tagebuchnotizen und Briefe belegen, dass sich hinter dem steten Lächeln der weltbekannten Ordensfrau tiefe Verzweiflung verbarg." Aus der Süddeutschen Zeitung.
    "Die Aufzeichnungen Mutter Teresas zeigen, dass auch großen religiösen Gestalten der mühsame Gang durch den Abgrund der Zweifel nicht erspart bleibt." Daily Mail - London
    "Nichts macht die Aussicht auf Mutter Teresas mögliche Heiligsprechung spannender als die jüngste Publikation ihrer Briefe." Die Post-Tribune - Chicago.
    Und nochmals die Süddeutsche Zeitung: "Kann jemand, der an Gott zweifelt, heilig sein?"
    Alles begann 1928: Damals verlässt die 18jährige Gonxha Bojaxhu ihre albanische Familie in Skopje, im heutigen Mazedonien, und schließt sich der katholischen Ordens-Gemeinschaft der "Loretto-Schwestern" an. Nach wenigen Wochen der Ausbildung in Irland erhält sie den Ordens-Namen Mary Teresa und wird als Missionarin nach Indien geschickt. Begeistert schrieb sie nach Hause:
    "Am 6. Januar 1929 haben wir nach einer fünfwöchigen Reise Kalkutta erreicht. Vom Meer aus segelten wir den Ganges hinauf, den man auch den "Heiligen Fluss" nennt. Die Natur in unserer neuen Heimat Bengalen ist wundervoll: kleine Hütten unter hohen Bäumen. Wir können es kaum erwarten, sie zu betreten."
    Der Schein trügt
    In Kalkutta unterrichtet Teresa fortan an einer gehobenen Mädchen-Schule. 1937 legt sie ihre endgültigen Ordens-Gelübde ab. Auf Fotos sieht man ein strahlendes Gesicht. Doch in Briefen aus demselben Jahr offenbart Teresa erstmals einige ihrer Ängste:
    "Oft umgibt mich 'Dunkelheit'. Und wenn die Nacht sehr dunkel wird, kommt es mir so vor, als müsste ich in der Hölle enden. Dann schenke ich mich Jesus ganz. Wenn er es will, werde ich selbst dort hingehen."
    Der kanadische Priester Brian Kolodietschuk ist in Rom als sogenannter 'Postulator' für Teresas Heiligsprechungsprozess zuständig. Es gehört zu seinen Aufgaben, biographische Informationen über Teresa, ihre Schriften sowie Aussagen von Zeitzeugen zu sammeln und zu prüfen. Kolodietschuk hat die Veröffentlichung von Teresas Briefen verantwortet und sagt zu den Zweifeln jener Frau, die am 4. September 2016 heiliggesprochen wird:
    "Teresa Schilderungen aus dem Jahr 1937 ähneln dem, was große Mystiker wie Johannes vom Kreuz als "tiefe Nacht der Seele" beschrieben haben. Es geht dabei um einen Prozess der Loslösung vom eigenen Ich, in dessen Verlauf man frei wird für Gott. Mystiker aller Zeiten haben einen solchen Weg durch die 'Dunkelheit' erlebt und ihn stets als sehr schmerzhaft empfunden. Teresa war ein starker Charakter, sie musste viel von ihrem Ego aufgeben, um frei für ihre Berufung zu werden. Sie hat selbst einmal gesagt: "Gott kann nicht füllen, was bereits voll ist."
    Sind also Teresa und der mittelalterliche Mystiker seelenverwandt? Der spanische Karmelit Johannes vom Kreuz hat im 16. Jahrhundert über seine Erfahrung mit der "dunklen Nacht der Seele" gesagt:
    "Diese Nacht ist für die Sinne bitter und furchtbar, für den Geist ist sie entsetzlich. Doch letztlich ist sie eine gnadenvolle Einwirkung, durch welche die Seele von ihren gewohnheitsmäßigen Unvollkommenheiten geläutert werden soll. In dieser mystischen Erfahrung lehrt Gott die Seele und lenkt sie zur Vollkommenheit der Liebe."
    Schmerzhaftes Elend
    Im 20. Jahrhundert betont die moderne Entwicklungs-Psychologie, dass zu jedem Prozess menschlichen Reifens ein Weg durch das "Dunkel" der Orientierungslosigkeit gehört: Festgefahrene, traditionelle Ideen müssen zerbrechen, erst dann entsteht Raum für neue Perspektiven.
    Teresas Briefen von 1937 ist zu entnehmen, dass die dunklen Seiten des Lebens, denen die junge Ordensfrau in Indien begegnet, eine konkrete äußere Gestalt haben:
    "Jeden Sonntag besuche ich die Armen in den Slums von Kalkutta. Jede Familie hat dort nur einen engen, lichtlosen Raum, der etwa 2 mal 1,5 Meter groß ist. Die Decke ist so niedrig, dass man nicht aufrecht stehen kann. Ich beginne zu ahnen, warum so viele Kinder an Tuberkulose leiden. Es ist sehr schmerzhaft für mich, dieses Elend zu sehen, aber zugleich bin ich glücklich, weil ich spüre, wie sehr diese Menschen sich über meinen Besuch freuen."
    Mutter Teresa im Jahr 1980 in einem von ihr gegründeten Krankenhaus in Kalkutta, in dem Arme, Kranke und Sterbende behandelt werden.
    Mutter Teresa im Jahr 1980 in einem von ihr gegründeten Krankenhaus in Kalkutta, in dem Arme, Kranke und Sterbende behandelt werden. (imago / ZUMA / Keystone)
    Wer je einen Slum betreten hat, weiß, welche Erfahrungen die 26-jährige Europäerin seelisch verarbeiten muss: Der Anblick verkrüppelter Bettler und hungernder Kinder gehört ebenso dazu wie Ungeziefer, Abfälle und Gestank, - kurzum: traumatische Eindrücke. Trotzdem verlässt Teresa ihr Kloster immer wieder, um zu helfen, so auch 1946, als ein blutiger Konflikt zwischen Muslimen und Hindus Kalkutta erschüttert.
    "Ich sah die Körper auf den Straßen, erschlagen, mit verrenkten Gliedern, mitten im Blut. Wir Ordensfrauen hatten uns hinter sicheren Mauern aufgehalten. Wir wussten, dass es Unruhen gab. Aber erst jetzt, als ich auf die Straße ging, sah ich den Tod mit eigenen Augen."
    Erste Visionen
    Im September 1946 macht Teresa auf einer Bahnfahrt nach Darjeeling erstmals mystische Erfahrungen, die ihr Leben verändern:
    "Ich hörte den Ruf Jesu an mich, alles aufzugeben und das Kloster dauerhaft zu verlassen, um auf der Straße, in den Slums den Ärmsten der Armen zu dienen. Ich wusste, dass dies sein Wille war und ich ihm folgen musste."
    In den kommenden Monaten wiederholen sich die Visionen:
    "Der Herr sagte zu mir: Du wirst leiden müssen, aber erinnere Dich stets daran: Ich bin bei Dir. Selbst wenn Dich die ganze Welt zurückweist, fürchte nichts: Denn Du bist in mir und ich bin in Dir."
    Die Gotteserfahrung hat Johannes vom Kreuz in wortgewaltigen Dichtungen festgehalten:
    "Sie bewirkt in der Seele eine intensive und tiefe Wonne, die man mit sterblicher Zunge nicht ausdrücken kann und die alles menschliche Verstehen übersteigt. Denn eine in Gott geeinte und verwandelte Seele atmet in Gott. Jeder lebt in dem Andern und der eine ist der Andere und beide sind eins durch liebende Verwandlung. Ich lebe, aber nicht ich. Christus lebt in mir."
    Erfahrungen wie diese haben Mystiker aller Zeiten überwältigt, weiß Elmar Salmann. Der Benediktiner hat in Rom der an der Hochschule von Sant' Anselmo ein Institut für "Philosophie und Mystik" aufgebaut.
    "Der Mystiker ist tief beeindruckt von einer Gegenwart, die sich ihm schenkt und auferlegt, die ihn erfüllt, und er gibt dem im seinem Leben und manchmal auch in seinen Schriften Ausdruck. Da bricht etwas in mein Leben ein, was mich entwurzelt, aber auch freisetzt."
    "Man begegnet Christen mit Skepsis"
    So erlebt es auch Teresa. Ihr Wunsch als Angehörige einer europäischen Kolonialmacht auf alle Privilegien zu verzichten und inmitten der einheimischen Bevölkerung Indiens das Leben der Ärmsten zu teilen, ist zur damaligen Zeit revolutionär. Die Verwirklichung dieses Plans stellt die junge Ordensfrau vor kaum zu bewältigende Herausforderungen. Ihre Briefe belegen ihre eigenen Bedenken und inneren Kämpfe.
    "Billiger ist es nicht zu haben. Und insofern gibt es keine abstrakte Mystik sondern nur eine, die sich in einen Lebenslauf hineinfügt, und ihn dann freilich auch oft sprengt oder verwandelt."
    Zwei Jahre vergehen, bis es Teresa gelingt, die Kirchenleitung von ihrem Projekt zu überzeugen. Pater Brian kann die Sorgen der Verantwortlichen bis heute verstehen:
    "Teresa hat ihre Pläne in einem schwierigen politischen Kontext entwickelt. 1946 ist in Indien der Kampf gegen die englische Kolonialmacht in vollem Gang. Es ist die Zeit Gandhis. 1948 wird das Land unabhängig. Doch Christen galten als Vertreter der einstigen Kolonialherren, und man begegnete ihnen mit Skepsis. Wenn "weiße" Frauen wie Teresa damals mit einem Sari bekleidet unter die Leute in die Slums gingen, war das sehr gewagt."
    Mutter Teresa mit Kindern in Kalkutta
    Mutter Teresa mit Kindern in Kalkutta (imago / ZUMA / Keystone)
    Teresa kann alle Hindernisse überwinden. 1949 haben sich ihr bereits zwölf Ordensfrauen angeschlossen, und 1950 werden die 'Missionarinnen der Nächstenliebe' von der Erzdiözese Kalkutta offiziell als neue Ordensgemeinschaft anerkannt. 1952 eröffnet Teresa das erste Sterbehaus 'Nirmal Hriday', in dem bis heute Schwerstkranke gleich welcher Herkunft einen menschenwürdigen Tod finden.
    Es folgen ein Waisenhaus und ein Lepra-Zentrum. Die öffentliche Anerkennung wächst. Doch die extrem harte Arbeit fordert von der zierlichen Europäerin einen hohen Preis. 1953 bekennt sie erstmals einem ihrer Seelsorger:
    "Beten Sie für mich, dass der Herr sich mir zeigen möge. In mir herrscht furchtbare Dunkelheit, als wäre alles in mir tot."
    Symptome depressiver Erschöpfung
    Die Priester, denen sich Teresa in den folgenden Jahren brieflich anvertraut, bemühen sich intensiv um Trost. Doch sie betrachten die Probleme der Ordensfrau stets als rein spirituelle Krise. Offenbar verfügt keiner von ihnen über ausreichende psychologische Kenntnisse, um in Teresas Zustand eine Erschöpfungsdepression zu erkennen.
    Das Krankheitsbild unterscheidet sich von Patient zu Patient. Dennoch: Ein Blick in moderne psychologische Fach-Lexika genügt, um Parallelen zwischen Teresas Beschwerden und den Symptomen depressiver Erschöpfung festzustellen:
    Wesentliche Kennzeichen einer Depression sind Freudlosigkeit, innere Leere und ein emotionales Erstarren. (Lexikon)
    "In mir ist nichts als Leere, nichts berührt mich, alles ist kalt. Meine Seele - wie ein Eisblock."
    Depressive Menschen leiden unter einer Neigung zum Grübeln und zu unbegründeten Ängsten. (Lexikon)
    "Mich quälen Angst und furchtbare Gefühle, die Angst betrogen zu sein, ungewollt, verlassen. Wo ist mein Glaube?"
    Der Depressive empfindet Hoffnungslosigkeit, Wertlosigkeit und Sinnlosigkeit. (Lexikon)
    "Der Himmel ist nur noch ein leeres Wort, er bedeutet mir nichts mehr. Dieser furchtbare Verlust von Sinn!"
    Teresa beklagt fortschreitende Schlafstörungen - ein weiteres Symptom depressiver Erkrankungen - und verbringt ganze Nächte betend in der Kapelle. Hinweisen ihrer Seelsorger, es könnte sich erneut um Prüfungen handeln, die dazu dienten, ihre Seele vom Egoismus zu 'reinigen', begegnet sie oft mit einer gewissen Bitterkeit:
    "Ich weiß nicht, was mit mir geschieht. Ich habe nicht studiert. Ich weiß nichts über Gott. Ich weiß nur, dass Er alles ist, was ich in mir finde. Ich kann deshalb nicht verstehen, warum er so viele Jahre brauchen sollte, um mich innerlich zu reinigen."
    Die Symptome verschlimmern sich
    Die modernen Wissenschaften der Psychologie und Psychiatrie gewinnen in Europa erst Mitte des 20. Jahrhunderts an Bedeutung. Theologen haben zu dieser Zeit noch keinerlei Übung im Umgang mit den neuen Disziplinen. Erst nach und nach wird man Berührungsängste abbauen und feststellen, dass viel Wahrheit in dem Hinweis von Carl Gustav Jung liegt, Theologen und Psychotherapeuten könnten konstruktiv zusammenarbeiten:
    "Die Seelsorge ist eine religiöse Unterstützung des Menschen auf der Basis eines christlichen Glaubensbekenntnisses. Die Psychoanalyse dagegen ist eine ärztliche Technik, um zum Wohl des Menschen die Inhalte des Unbewussten in das Bewusste einzufügen. Man darf sich Anregungen von beiden Seiten erhoffen."
    Für ihren Dienst und ihre Hilfe zugunsten von Armen, Obdachlosen, Kranken und Sterbenden erhält Mutter Teresa am 11.12.1979 in Oslo den Friedensnobelpreis.
    Für ihren Dienst und ihre Hilfe zugunsten von Armen, Obdachlosen, Kranken und Sterbenden erhält Mutter Teresa am 11.12.1979 in Oslo den Friedensnobelpreis (imago / UPI photo)
    Für Teresa kommt die Zusammenarbeit der Disziplinen, die heute weithin selbstverständlich ist, zu spät. Sie muss vielmehr erleben, wie sich die Symptome ihrer Depression ohne fachgerechte Therapie immer weiter verschlimmern. Doch sie zerbricht nicht an der seelischen Belastung, sondern baut mit eiserner Selbstdisziplin und unverminderter Energie einen Orden auf, zu dem heute mehr als 5000 Frauen und Hunderte von Männern in aller Welt gehören.
    "Mir bleibt nur eines: die tiefe und feste Überzeugung, dass all dies Gottes Werk ist. Ich kann nichts tun, außer ihm Raum geben."
    Einen spirituellen Schlüssel, um mit ihrem seelischen Leid besser umgehen zu können, erhält Teresa schließlich vom österreichischen Jesuiten Josef Neuner. Er rät ihr, bewusst den Weg der Mystik einzuschlagen. Teresa antwortet erleichtert:
    "Ich kann mit Worten meine Dankbarkeit Ihnen gegenüber nicht ausdrücken. Zum ersten Mal seit Jahren bin ich in der Lage, die Dunkelheit zu lieben. Denn ich verstehe sie nun als kleinen Teil der Dunkelheit, die Jesus selbst durchleben musste. Und ich kann diese Dunkelheit - ihrem Rat entsprechend - als 'spirituelle Seite' meiner Arbeit annehmen."
    Die Depressionen verschwinden nicht, doch sie bekommen für Teresa einen gewissen Sinn, erklärt Brian Kolodietschuk:
    "Teresa wird in ihrem Gefühl fortan so eng eins mit Jesus, dass sie wirklich seinen Schmerz mitempfindet: seine Angst und seine Tränen, von denen die Bibel berichtet, ebenso wie seinen Schrei der Verzweiflung am Kreuz. Aus dieser tiefen mystischen Verbindung mit ihm, gewinnt sie immer wieder neu den Mut, das seelische und physische Leid der Welt nach Kräften zu lindern."
    "Die Früchte des Kriegs sind grauenvoll"
    Seit den 1960er Jahren ist Teresa viel auf Reisen und richtet Ordensniederlassungen rund um den Globus ein. 1979 erhält sie den Friedensnobelpreis. 1991 schreibt sie kurz vor Ausbruch des ersten Irak-Kriegs an die Präsidenten George Bush und Saddam Hussein.
    "Sie haben die Macht, Menschen zu vernichten. Doch nichts kann das Elend und den Verlust von Leben rechtfertigen, den Ihre Waffen anrichten. Ich bitte Sie im Namen derer, die zu Waisen, Witwen und Krüppeln würden, sich zu versöhnen, Frieden und Leben nicht zu zerstören."
    Doch Teresa kann den Irakkrieg nicht verhindern. Nach seinem Ende sucht sie Bagdad auf, um dort eine Ordens-Niederlassung zu unterstützen. Sie schreibt an ihre Freunde:
    "Die Früchte des Kriegs sind grauenvoll. Ich kann nicht verstehen, wie Menschen anderen Menschen so etwas antun können. Ich bitte Euch alle nur um eines: Beantwortet den Schrei Jesu und der Welt mit Liebe und dem Dienst an den Ärmsten."
    Mutter Teresa ist am 20.5.1997 im Vatikan mit Papst Johannes Paul II. zusammengetroffen. Dabei stellte die 86jährige Ordensschwester die Nonne Nirmala vor. Die 63jährige ist die neue Leiterin des von Mutter Teresa in Kalkutta gegründeten Ordens "Missionarinnen der Nächstenliebe".
    Mutter Teresa am 20.5.1997 bei einem Treffen mit Papst Johannes Paul II. im Vatikan (picture alliance / dpa / epa Amsa)
    Zugleich versichert sie ihren Ordens-Gemeinschaften in aller Welt:
    "Wo ihr wirkt, trifft das Geheimnis des menschlichen Leids auf das Geheimnis der Liebe und des Glaubens."
    Teresas Art, angesichts der Abgründe von Gewalt und Not nicht depressiv zu resignieren, sondern aus der Mystik immer neue Kraft zu schöpfen, beeindruckt den Philosophen Elmar Salmann bis heute:
    "Das Besessen-, Verhaftet-Sein, gehört zu allem Großen. Ein Künstler kann nicht anders als Malen oder Komponieren."
    Teresa hat es so ausgedrückt:
    "Niemand kann sich vorstellen, wie groß mein Wunsch ist, das Feuer der Liebe und des Friedens in der ganzen Welt anzuzünden."