Zur Abwechslung hat der Maler Neo Rauch sich mal im Dreidimensionalen, im Raum versucht: Ganz unten im Burda-Museum steht ein Kentaur, ein befrackter ältlicher Oberkörper mit tierischem Leib, der sich, aus welchen Gründen auch immer, mit Benzinkanistern beschäftigt. Alte animalische Männer stecken die Welt an: "Nachhut" heißt das Ganze, patinierte Bronze, Entstehungsjahr 2011.
Nun war es bei Rauch schon immer unklar, ob er selber zur Vor- oder doch eher zur Nachhut gehört; das Beharren auf comicartiger Gegenständlichkeit, die immer neu aufgelegte Selbstverrätselung und Mythologisierung des Banalen, die handwerkliche Grobheit seiner Malerei sprechen für Letzteres. Wer in der DDR aufwuchs und dann ins postmoderne Nachwende-Vakuum fiel, der sucht eben Rettung in schrägen dunklen Menschenbildern, interpretationsoffen in alle Richtungen. Das ist marktgängig besonders in den USA, die Innenschau und Düsternis gleich für deutschromantisch halten, und bekommt Beifall auch bei jenen, die schon die pathetischen Schinken des Leipziger DDR-Heros Bernhard Heisig für begnadet hielten.
Im letzten Jahr hat Rauch gleich zwei große Auftritte in Leipzig und in der Münchner Pinakothek der Moderne gehabt; und die Frage ist, ob diese kleinere Schau bei Burda nun neue Erkenntnisse bringt. Überraschenderweise lautet die Antwort "Ja", weil die frühen Bilder, die in Baden-Baden nun großen Raum einnehmen und Rauchs Herkunft aus dem trüberen Teil Deutschlands spiegeln, immer noch sehr viel stärker – oder jedenfalls authentischer – scheinen als die neueren Werke.
Die hängen in der zentralen Halle, da ist es von den Formaten her groß und bunt, plumpe Gegenständlichkeit, ratlose Gestalten in meist biederer Landschaft, allegorisch aufgemotzt. Man kann aber auch im Oberstock beginnen, wo die frühen Neunziger Jahre ausgestellt sind und noch Farbfelder und abstrakte Elemente in die fahlen Bilder hineinwuchern. Zum Beispiel "Flut I und II": Das ist wohl das Programm, eine Bilderflut zu zeigen, die dann – im Lauf der Zeit - leider immer effektbewusster und ausgedachter wirkt.
Der Beginn mit seiner strengen, flächigen Sachlichkeit allerdings ist aufschlussreich, weil hier jemand der alten Industriekultur der DDR lakonisch nachlauscht, Staudämme, Hotels, Fabrikszenen, eine leere Welt. Bald aber wird das Ganze mit bedeutungsschwangeren Titeln aufgeladen, der simple Blick auf einen Segelflugplatz heißt nun "Ausflug", zwei Kino-Angestellte von hinten heißen drohend "Vorführer", und die Filmrollen scheinen geschmolzen zu sein wie die Bild-Elemente bei Tanguy oder Dalí.
Oft sind inkommensurable Inhalte und Zeichen miteinander verschränkt: Ein bisschen Surrealismus macht sich immer gut, vor allem, wenn er mit germanischem Tiefsinn gepaart ist. Bald schon, wir sind im Jahr 2000, in einer "Sturmnacht" (so der Titel), liegen Miniaturmännchen auf überdimensionierten Betten, und draußen geht vor gesplittertem Baume der Förster vorbei. Jaja, so geht's zu in deutschen Landen. Ein Jahr später werden kleine grüne Männchen von einer streng gescheitelten Maid zu einer Käfig-Batterie geleitet, offenbar ein Pflegeheim, denn das Bild heißt "Alter". Dann wärmen sich soldatische Gestalten am Bulleröfchen, rotbekappte Rentner stehen traurig vor einem "Plazenta" genannten Theater, offenbar eine Art Stasi-Behörde mit Aktenbergen, und ein wartendes Paar betrachtet kabelartige "alte Verbindungen" zu einem DDR-Bunker, selbstredend vor flammend rotem Himmel.
Die falsche Bedeutsamkeit, der malerische Jargon der Eigentlichkeit, der hier fröhlich aufersteht, wird im Katalog entschlossen wegdiskutiert von einem ganzen Trupp von Spezialisten, die Neo Rauch abwechselnd in Comic-, Psychoanalyse- oder Max-Beckmann-Traditionen stellen. Das ist insofern konsequent, als Rauch ja auch in seinen Bildern des Öfteren "Assistenten" bemüht, die den lethargisch vor sich hindämmernden Gestalten die Gliedmaßen halten müssen.
Natürlich sind die kunstgeschichtlichen Bezüge in Figuration und Landschaft oft evident. Aber bei Neo Rauch tut sich dann immer gleich die Erde auf, ständig wird mit Benzinkanistern gezündelt, Angestellte und Proleten schweben durchs Bild, jesusartige Gestalten versinken in sogenannten Fugen, und Feuerwehrleute wollen die Welt retten. So viel Plattheit war nie. Neo Rauch war ein Maler der Nachwende-Depression. Jetzt ist er ein Maler fürs Establishment.
Nun war es bei Rauch schon immer unklar, ob er selber zur Vor- oder doch eher zur Nachhut gehört; das Beharren auf comicartiger Gegenständlichkeit, die immer neu aufgelegte Selbstverrätselung und Mythologisierung des Banalen, die handwerkliche Grobheit seiner Malerei sprechen für Letzteres. Wer in der DDR aufwuchs und dann ins postmoderne Nachwende-Vakuum fiel, der sucht eben Rettung in schrägen dunklen Menschenbildern, interpretationsoffen in alle Richtungen. Das ist marktgängig besonders in den USA, die Innenschau und Düsternis gleich für deutschromantisch halten, und bekommt Beifall auch bei jenen, die schon die pathetischen Schinken des Leipziger DDR-Heros Bernhard Heisig für begnadet hielten.
Im letzten Jahr hat Rauch gleich zwei große Auftritte in Leipzig und in der Münchner Pinakothek der Moderne gehabt; und die Frage ist, ob diese kleinere Schau bei Burda nun neue Erkenntnisse bringt. Überraschenderweise lautet die Antwort "Ja", weil die frühen Bilder, die in Baden-Baden nun großen Raum einnehmen und Rauchs Herkunft aus dem trüberen Teil Deutschlands spiegeln, immer noch sehr viel stärker – oder jedenfalls authentischer – scheinen als die neueren Werke.
Die hängen in der zentralen Halle, da ist es von den Formaten her groß und bunt, plumpe Gegenständlichkeit, ratlose Gestalten in meist biederer Landschaft, allegorisch aufgemotzt. Man kann aber auch im Oberstock beginnen, wo die frühen Neunziger Jahre ausgestellt sind und noch Farbfelder und abstrakte Elemente in die fahlen Bilder hineinwuchern. Zum Beispiel "Flut I und II": Das ist wohl das Programm, eine Bilderflut zu zeigen, die dann – im Lauf der Zeit - leider immer effektbewusster und ausgedachter wirkt.
Der Beginn mit seiner strengen, flächigen Sachlichkeit allerdings ist aufschlussreich, weil hier jemand der alten Industriekultur der DDR lakonisch nachlauscht, Staudämme, Hotels, Fabrikszenen, eine leere Welt. Bald aber wird das Ganze mit bedeutungsschwangeren Titeln aufgeladen, der simple Blick auf einen Segelflugplatz heißt nun "Ausflug", zwei Kino-Angestellte von hinten heißen drohend "Vorführer", und die Filmrollen scheinen geschmolzen zu sein wie die Bild-Elemente bei Tanguy oder Dalí.
Oft sind inkommensurable Inhalte und Zeichen miteinander verschränkt: Ein bisschen Surrealismus macht sich immer gut, vor allem, wenn er mit germanischem Tiefsinn gepaart ist. Bald schon, wir sind im Jahr 2000, in einer "Sturmnacht" (so der Titel), liegen Miniaturmännchen auf überdimensionierten Betten, und draußen geht vor gesplittertem Baume der Förster vorbei. Jaja, so geht's zu in deutschen Landen. Ein Jahr später werden kleine grüne Männchen von einer streng gescheitelten Maid zu einer Käfig-Batterie geleitet, offenbar ein Pflegeheim, denn das Bild heißt "Alter". Dann wärmen sich soldatische Gestalten am Bulleröfchen, rotbekappte Rentner stehen traurig vor einem "Plazenta" genannten Theater, offenbar eine Art Stasi-Behörde mit Aktenbergen, und ein wartendes Paar betrachtet kabelartige "alte Verbindungen" zu einem DDR-Bunker, selbstredend vor flammend rotem Himmel.
Die falsche Bedeutsamkeit, der malerische Jargon der Eigentlichkeit, der hier fröhlich aufersteht, wird im Katalog entschlossen wegdiskutiert von einem ganzen Trupp von Spezialisten, die Neo Rauch abwechselnd in Comic-, Psychoanalyse- oder Max-Beckmann-Traditionen stellen. Das ist insofern konsequent, als Rauch ja auch in seinen Bildern des Öfteren "Assistenten" bemüht, die den lethargisch vor sich hindämmernden Gestalten die Gliedmaßen halten müssen.
Natürlich sind die kunstgeschichtlichen Bezüge in Figuration und Landschaft oft evident. Aber bei Neo Rauch tut sich dann immer gleich die Erde auf, ständig wird mit Benzinkanistern gezündelt, Angestellte und Proleten schweben durchs Bild, jesusartige Gestalten versinken in sogenannten Fugen, und Feuerwehrleute wollen die Welt retten. So viel Plattheit war nie. Neo Rauch war ein Maler der Nachwende-Depression. Jetzt ist er ein Maler fürs Establishment.