Donnerstag, 02. Mai 2024

Archiv


Nach 100 Tagen im Amt

Das Führungsduo Jain/Fitschen krempelt die Deutsche Bank um. Scharfe Vorgaben der Regulatoren und turbulente Märkte zwingen zum Handeln. Doch es geht in der Ära nach Ackermann nicht nur um nackte Zahlen.

Von Brigitte Scholtes | 11.09.2012
    Anshu Jain und Jürgen Fitschen haben sich viel vorgenommen. Ein radikaler Umbau, kräftige Kosteneinsparungen und ein Kulturwandel sollen das Geldinstitut für die Zukunft fit machen. Doch das neue Vorstandsteam plant zunächst nur bis 2015: Bis 2015 also will die Bank vier Milliarden Euro in die Hand nehmen, um dann bis dahin jährlich 4,5 Milliarden Euro an Kosten zu sparen. Damit soll die Ertragskraft gesteigert werden, die Eigenkapitalrendite, die nach den neuen strengen Vorgaben nur bei 7,2 Prozent liegt, soll bis 2015 mindestens 12 Prozent erreichen. Es gebe viel Raum zur Verbesserung, sagte Jürgen Fitschen:

    "Wir weisen darauf hin, dass das nicht ohne Schmerzen geht. Wir werden das in den nächsten drei Jahren so machen, dass es für alle verständlich ist, warum wir es tun., dass nicht der Verdacht aufkommt, dass es hier nur darum geht, kurzfristig das Renditedenken wieder in den Vordergrund zu rücken."

    Ein weiterer Abbau von Stellen bis 2015 ist geplant, über die schon angekündigten 1900 hinaus, die vor allem im Investmentbanking gestrichen werden sollen. Die Ertragskraft soll auch durch die Auslagerung von nicht mehr zum Kerngeschäft gehörenden Papieren erreicht werden: Geschäfte mit einem Volumen von etwa 135 Milliarden Euro werden dort gebündelt. Diese Sparte sei aber keine Bad Bank, verwahrte sich Finanzvorstand Stefan Krause:

    "Wir haben in der neuen Strategie ja auch überlegt, welche Produkte, welche Angebote, welche Aktiva wir behalten wollen, welche wir schnell abbauen wollen. Das ist tatsächlich keine Bad Bank, weil die assets, die wir dort drin halten, keine schlechten Aktiva sind."

    Die dort ausgelagerten Papiere binden viel Eigenkapital. Die Auslagerung und Trennung hilft also, die Eigenkapitalquote zu erhöhen – eine Kapitalerhöhung will die Deutsche Bank so vermeiden. Das war die wohl größte Überraschung an der Strategie. Zum Umbau gehört auch die Neugestaltung der anderen Geschäftsbereiche, die Vermögensverwaltung bleibt im Konzern und wird umstrukturiert. Anshu Jain:

    "Was wir uns wirklich von der Umwandlung der Sparte Vermögensverwaltung erhoffen ist, eine bessere Balance in unserem Portfolio zu erreichen. Bis vor zwei oder drei Jahren stand die Investmentbank unter dem Strich für 80 bis 90 Prozent der Erträge. Das ist eine ungesunde Abhängigkeit von einer Sparte, die beständig für viele Jahre mehr als 60 Prozent beigetragen hat. Das mögen wir nicht."

    Vor allem im Investmentbanking soll der Kulturwandel greifen, sagten die Co-Vorstandschefs. Ein unabhängiges Expertengremium soll die Vergütungspraxis überprüfen. Man fürchte sich nicht davor, Vorreiter der Branche zu sein, sagte Jürgen Fitschen. Doch ob die Deutsche Bank das durchhalten kann, daran hat Klaus Nieding, Vizepräsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, Zweifel:

    "Man muss eben schauen, wird sich die Bankenwelt insgesamt international ändern – dann haben wir auch eine große Chance dafür, dass die Deutsche Bank tatsächlich ernst macht mit diesen Ankündigungen. Oder aber werden wir mit zunehmender Entfernung von der Lehman-Pleite, mit zunehmender zeitlicher Entfernung von Eurokrise, Finanzkrise und ähnlichem wieder zum alten Muster zurückkehren."

    Die Deutsche Bank will, das machten ihre Chefs heute klar, von einer starken Heimatbasis Deutschland aus als Universalbank auch weiter international vorn mitspielen.