Paul Devreoy leitet das Zentrum für Reproduktionsmedizin an der Freien Universität in Brüssel. Er gehört zu den Pionieren der Präimplantationsdiagnostik (PID). Und jahrelang hat er in Brüssel auch Paare aus Deutschland behandelt.
"In den letzten 15 Jahren haben wir jede Woche eine PID bei einem deutschen Paar gemacht. Darunter Paare, die durch einen Gendefekt schon zwei Kinder verloren hatten. Oder die schwerbehinderte Kinder hatten."
Hierzulande hätten die Frauen nur noch mal schwanger werden können und hoffen, dass alles gut geht - oder im Zweifelsfall abtreiben. Denn in Deutschland war die PID lange verboten.
"Ich habe diese deutsche Position nie verstanden. Ich frage mich, warum die Frauen dagegen nicht auf die Straße gegangen sind!"
Jetzt ist die PID auch in Deutschland erlaubt. Das hat der Bundesgerichtshof im Juli 2010 entschieden. Sofort haben sich die ersten Paare in den Kliniken gemeldet. Auch in der Universitätsfrauenklinik in Lübeck, bei Klaus Diedrich.
"Es hat sich bei uns ein Ehepaar gemeldet, mit Kinderwunsch, die bisher schon drei Fehlgeburten hatten, und es ist dann diese letzte Fehlgeburt genauer untersucht worden und herausgekommen, dass es sich um ein sogenanntes Desbuquois-Syndrom handelt, das ist eine Skelett-Fehlbildung, die nicht mit dem Leben vereinbar ist, weil sie verhindert, dass sich der Thorax, der Brustkorb richtig entwickelt und damit das Herz auch normal und die Lunge auch normal funktionsfähig sind. Das ist eine genetische Erkrankung."
Klaus Diedrich und sein Team haben Embryonen in der Petrischale erzeugt, sie auf das Desbuquois-Syndrom untersucht und dann zwei gesunde Embryonen in die Gebärmutter der Patientin gesetzt. Das war im März 2011. Das Baby soll in ein paar Tagen auf die Welt kommen. Im Moment dürfen die Lübecker aber keine PID vornehmen. Denn seit Juli 2011 gibt es ein offizielles Gesetz zur PID. Und seitdem warten alle auf die Rechtsverordnung aus dem Bundesgesundheitsministerium, also auf die genauen Spielregeln für die PID. Vorher dürfen die Ärzte nichts machen.
"Diese Rechtsverordnung regelt jetzt, wie läuft das in den Zentren ab, wie ist das mit der Ethikkommission und wie muss die Aufklärung der Paare laufen - es ist wichtig, aber im Augenblick hindert es uns daran, es zu machen."
Eine Präimplantationsdiagnostik darf nur in ganz bestimmten Fällen angewandt werden. Nämlich dann, wenn ein Gendefekt dazu führt, dass das Kind schon im Mutterleib stirbt oder unheilbar krank ist. Eine PID könnte aber auch bei schweren Erbkrankheiten gemacht werden, die erst später im Leben ausbrechen.
"Also ich habe jetzt gerade in der letzten Woche ein Paar gehabt, in der Familie kommt das Morbus Huntington vor, also der Veitstanz wie man sagt. Eine schwerwiegende Erkrankung, die oft ja erst jenseits von 40 auftritt. Sie haben trotz ihrer schweren Situation einen Kinderwunsch und wollen natürlich diese schwere Krankheit, die den Vater getroffen hat, die den jetzigen Ehemann treffen wird, wollen sie ausschließen bei dem Kind. Ich finde, dieses Recht haben die Paare und insofern bin ich auch, nach entsprechender Prüfung durch die Ethikkommission bin ich für eine Untersuchung auch von spät manifestierenden Erkrankungen.""
Mithilfe der PID könnte man Embryonen zum Beispiel auch auf die Brustkrebs-Risikogene untersuchen, sagt Klaus Diedrich.
"Wenn ein Paar kommt, und dieser Brustkrebs tritt in der Familie jetzt fünf bis sechsmal auf, immer wieder bei jungen Frauen, oder auch bei Männern, dann finde ich, hat doch dieses Paar ein Recht darauf, diese Untersuchung machen zu lassen."
Reproduktionsmediziner schätzen, dass eine PID für etwa 300 Paare pro Jahr infrage kommen würde. Was auch noch nicht geklärt ist: wer eigentlich die Kosten dafür übernimmt. Eine PID kostet um die zehntausend Euro.
"Wir haben bei unserem ersten Fall einen Antrag an die Krankenkasse gestellt, und die hat aus Kulanzgründen gesagt, ja wir behandeln das wie eine normale In-Vitro-Fertilisation, und wie eine pränatale Diagnostik und übernehmen die Kosten anteilig. Aber das ist jetzt eine Einzelfallentscheidung, das sollte sicherlich grundsätzlich geregelt werden und ich wäre hier schon zumindest für eine anteilige Kostenübernahme, wie wir das bei der In-Vitro-Fertilisation haben, durch die Krankenkasse."
Im März soll die Rechtsverordnung auf dem Tisch liegen. Dann kann die PID auch bei uns ganz offiziell angeboten werden. Oder, wie es Paul Devroey aus Brüssel formuliert:
"Endlich ist in Deutschland Normalität eingekehrt."
"In den letzten 15 Jahren haben wir jede Woche eine PID bei einem deutschen Paar gemacht. Darunter Paare, die durch einen Gendefekt schon zwei Kinder verloren hatten. Oder die schwerbehinderte Kinder hatten."
Hierzulande hätten die Frauen nur noch mal schwanger werden können und hoffen, dass alles gut geht - oder im Zweifelsfall abtreiben. Denn in Deutschland war die PID lange verboten.
"Ich habe diese deutsche Position nie verstanden. Ich frage mich, warum die Frauen dagegen nicht auf die Straße gegangen sind!"
Jetzt ist die PID auch in Deutschland erlaubt. Das hat der Bundesgerichtshof im Juli 2010 entschieden. Sofort haben sich die ersten Paare in den Kliniken gemeldet. Auch in der Universitätsfrauenklinik in Lübeck, bei Klaus Diedrich.
"Es hat sich bei uns ein Ehepaar gemeldet, mit Kinderwunsch, die bisher schon drei Fehlgeburten hatten, und es ist dann diese letzte Fehlgeburt genauer untersucht worden und herausgekommen, dass es sich um ein sogenanntes Desbuquois-Syndrom handelt, das ist eine Skelett-Fehlbildung, die nicht mit dem Leben vereinbar ist, weil sie verhindert, dass sich der Thorax, der Brustkorb richtig entwickelt und damit das Herz auch normal und die Lunge auch normal funktionsfähig sind. Das ist eine genetische Erkrankung."
Klaus Diedrich und sein Team haben Embryonen in der Petrischale erzeugt, sie auf das Desbuquois-Syndrom untersucht und dann zwei gesunde Embryonen in die Gebärmutter der Patientin gesetzt. Das war im März 2011. Das Baby soll in ein paar Tagen auf die Welt kommen. Im Moment dürfen die Lübecker aber keine PID vornehmen. Denn seit Juli 2011 gibt es ein offizielles Gesetz zur PID. Und seitdem warten alle auf die Rechtsverordnung aus dem Bundesgesundheitsministerium, also auf die genauen Spielregeln für die PID. Vorher dürfen die Ärzte nichts machen.
"Diese Rechtsverordnung regelt jetzt, wie läuft das in den Zentren ab, wie ist das mit der Ethikkommission und wie muss die Aufklärung der Paare laufen - es ist wichtig, aber im Augenblick hindert es uns daran, es zu machen."
Eine Präimplantationsdiagnostik darf nur in ganz bestimmten Fällen angewandt werden. Nämlich dann, wenn ein Gendefekt dazu führt, dass das Kind schon im Mutterleib stirbt oder unheilbar krank ist. Eine PID könnte aber auch bei schweren Erbkrankheiten gemacht werden, die erst später im Leben ausbrechen.
"Also ich habe jetzt gerade in der letzten Woche ein Paar gehabt, in der Familie kommt das Morbus Huntington vor, also der Veitstanz wie man sagt. Eine schwerwiegende Erkrankung, die oft ja erst jenseits von 40 auftritt. Sie haben trotz ihrer schweren Situation einen Kinderwunsch und wollen natürlich diese schwere Krankheit, die den Vater getroffen hat, die den jetzigen Ehemann treffen wird, wollen sie ausschließen bei dem Kind. Ich finde, dieses Recht haben die Paare und insofern bin ich auch, nach entsprechender Prüfung durch die Ethikkommission bin ich für eine Untersuchung auch von spät manifestierenden Erkrankungen.""
Mithilfe der PID könnte man Embryonen zum Beispiel auch auf die Brustkrebs-Risikogene untersuchen, sagt Klaus Diedrich.
"Wenn ein Paar kommt, und dieser Brustkrebs tritt in der Familie jetzt fünf bis sechsmal auf, immer wieder bei jungen Frauen, oder auch bei Männern, dann finde ich, hat doch dieses Paar ein Recht darauf, diese Untersuchung machen zu lassen."
Reproduktionsmediziner schätzen, dass eine PID für etwa 300 Paare pro Jahr infrage kommen würde. Was auch noch nicht geklärt ist: wer eigentlich die Kosten dafür übernimmt. Eine PID kostet um die zehntausend Euro.
"Wir haben bei unserem ersten Fall einen Antrag an die Krankenkasse gestellt, und die hat aus Kulanzgründen gesagt, ja wir behandeln das wie eine normale In-Vitro-Fertilisation, und wie eine pränatale Diagnostik und übernehmen die Kosten anteilig. Aber das ist jetzt eine Einzelfallentscheidung, das sollte sicherlich grundsätzlich geregelt werden und ich wäre hier schon zumindest für eine anteilige Kostenübernahme, wie wir das bei der In-Vitro-Fertilisation haben, durch die Krankenkasse."
Im März soll die Rechtsverordnung auf dem Tisch liegen. Dann kann die PID auch bei uns ganz offiziell angeboten werden. Oder, wie es Paul Devroey aus Brüssel formuliert:
"Endlich ist in Deutschland Normalität eingekehrt."