Freitag, 29. März 2024

Archiv

Nach Bergbauunglück in Zentralbrasilien
Kleinbauern werfen deutschen Banken schmutzige Geschäfte vor

Vor zweieinhalb Jahren brach der Damm einer Eisenerzmine in Zentralbrasilien. Es folgte eine Umweltkatastrophe. Betroffene hoffen nun, beim Katholikentag in Münster Gehör zu finden - und beschuldigen zugleich deutsche Banken, mit den Betreiberfirmen schmutzige Geschäfte zu machen.

Von Brigitte Scholtes | 11.05.2018
    Mine in Mariana, Brasilien
    Noch heute leiden die Anwohner von Samara unter den Folgen der Umweltkatastrophe von vor zweieinhalb Jahren (imago/ZUMA Press)
    "Mir selbst geht es gut, aber die Lage ist weiter unverändert, es sind noch nicht einmal Häuser neu gebaut worden für uns, alles ist beim Alten geblieben. Und über Entschädigung wird zwar gesprochen, wann wir die aber tatsächlich erhalten, ist offen."
    Stockende juristische Aufarbeitung
    Bis vor dem Dammbruch in der Mine von Samarco hat Lilica auf einem Bauernhof im betroffenen Bezirk Mariana gearbeitet. Der giftige Schlamm, der sich über das ganze Tal ergossen habe, erzählt sie, sei immer noch da. Sie lebt von einer kleinen Summe, die sie nun vom Staat erhalte. Einige Fischer haben zumindest eine einmalige Entschädigung von 4.000 Euro bekommen - aber auch das reicht bei Weitem nicht aus. Nun ist Lilica zusammen mit Joceli Arioli nach Deutschland gekommen, der Kleinbauer ist und Mitglied der "Bewegung der von Staudämmen Betroffenen". Er hilft den Menschen vor Ort, ihre Rechte wahrzunehmen. Die Ergebnisse bisher seien dürftig, die gerichtliche Aufarbeitung gegenüber dem Bergbaubetreiber Samarco stocke.
    Samarco wiederum ist ein Gemeinschaftsunternehmen der Bergbauunternehmen Vale aus Brasilien und BHP Billiton aus Australien. Nun hoffen die Brasilianer auf Gehör in Deutschland, zunächst beim Katholikentag in Münster, wo sie heute von der Lage vor Ort erzählen, sagt Joceli Arioli:
    "Zuallererst möchte ich die Solidarität der sozialen, vor allem kirchlichen Organisationen erfahren. Außerdem möchten wir, dass die Menschen hier erfahren, welche Banken, auch deutsche Banken, dort in Unternehmen investieren, die schmutzige Geschäfte machen. Das sind die Deutsche Bank und die DZ-Bank, die etwa BHP Billiton finanzieren, das mitverantwortlich für diese Verbrechen in Brasilien. Es ist wichtig, dass die deutsche Bevölkerung sensibilisiert wird, dass deutsche Banken in solche Geschäfte in Brasilien verstrickt sind."
    Verstrickung deutscher Banken in schmutzige Geschäfte
    Verstrickt sind die Banken insofern, als sie die Bergbauunternehmen Vale und BHP Billiton seit Jahren finanzieren oder Anteile an ihnen halten. Vale habe 2017 und damit nach der Umweltkatastrophe noch 111 Millionen Euro von der Deutschen Bank erhalten, heißt es im jüngsten Bericht "Dirty Profits", den die Nichtregierungsorganisation Facing Finance heute in Münster vorstellt. Darin prangert sie die größten Banken an, die Bergbauunternehmen finanzieren, obwohl diese gegen Umweltauflagen und Sozial- und Menschenrechte verstoßen. Elf Milliarden Euro hätten die beiden von ihr untersuchten deutschen Geldhäuser, die Deutsche Bank und die DZ Bank, zwischen 2010 und 2017 für zehn solcher Bergbauunternehmen bereitgestellt, 4,2 Milliarden allein seit 2015. Die Banken selbst äußern sich nicht direkt zu den Vorwürfen – Kundenbeziehungen seien vertraulich, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme der Deutschen Bank gegenüber dem Deutschlandfunk. Bei Problemen im Rahmen von bestehenden Geschäftsbeziehungen konsultiere man in der Regel alle wesentlichen beteiligten Interessengruppen. Und weiter:
    "Auf Basis des sich daraus ergebenden Gesamtbildes entscheiden wir über die weitere Vorgehensweise. Diese hängt allerdings auch von bereits bestehenden vertraglichen Vereinbarungen und unseren Möglichkeiten der Einflussnahme ab. Als Ultima Ratio kann dies in Einzelfällen bedeuten, dass eine bestimmte Geschäftsverbindung beendet wird."
    Die DZ-Bank habe in den vergangenen sieben Jahren mit insgesamt 1,7 Milliarden Euro die geringste Summe der untersuchten Banken investiert, heißt es im "Dirty-Profits"-Bericht. Das genossenschaftliche Institut versichert schriftlich gegenüber dem Deutschlandfunk, es prüfe bei der Kreditvergabe seit Jahren auch die Nachhaltigkeit des Kreditnehmers oder des Finanzierungsprojekts.
    Lilica und Joceli Arioli jedenfalls, die beiden Brasilianer, werden nicht nur auf dem Kirchentag auf ihre Lage aufmerksam machen. Sie wollen auch bei der Hauptversammlung der Deutschen Bank am 24. Mai einen Brief der Betroffenen vortragen und hoffen, dass dies etwas bewegen wird bei den Managern der Bank.