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Nach dem Umsturz ins Ungewisse

Die Tulpen in den Gebirgen Kirgisiens sind verblüht. Die so genannte Tulpenrevolution von Bischkek, Ende März, stürzte zwar den korrupten Präsidenten Askar Akajew, doch entpuppte sie sich als Umsturz, aus dem verschiedene politische und kriminelle Kräfte Kapital schlagen wollen. Die Wahl des Nachfolgers von Präsident Akajew bringt neue Unruhen. Erst vor drei Wochen konnte ein erneuter Sturm auf das Regierungsgebäude mit Müh und Not verhindert werden.

Von Karla Engelhard | 08.07.2005
    Tausende Anhänger von Urmatbek Barytabasow versuchten das "Weiße Haus" zu stürmen. Mit Gummiknüppeln und Gasgeschossen gingen die Sicherheitskräfte gegen sie vor.

    Der millionenschwere Geschäftsmann Baryktabasow war wegen seiner kasachischen Staatsbürgerschaft nicht als Kandidat zur kirgisischen Präsidentenwahl am 10. Juli zugelassen worden. Die Generalstaatsanwaltschaft hält es für erwiesen, dass er mit von ihm bezahlten Anhängern eine Konterrevolution anzetteln wollte.

    Felix Kulow, der während der "Tulpenrevolution" im März aus dem Gefängnis befreit und zum Sicherheitschef gemacht wurde, stellte klar, dass es weitere Revolutionen, Chaos oder Plünderungen nicht geben werde. Er sorgte im März dafür, dass das Chaos beendet wurde und sich der Sicherheitsapparat geschlossen hinter die neue Interimsregierung stellte:

    " In der Stadt wird Ordnung herrschen, jeder weitere Versuch das "Weiße Haus" zu stürmen, wird hart bekämpft. Sehr hart. Chaos soll verhindert werden. So etwas darf sich nicht wiederholen. Das würde kein Staat zulassen, keiner, weder Deutschland noch Amerika."

    Ende März hatte ein erfolgreicher Sturm einer aufgebrachten Menge auf das "Weiße Haus" Präsident Akajew aus dem Amt gefegt. Tausende Menschen aus allen Teilen des Landes besetzten das Regierungsgebäude. Präsident Akajew selbst lieferte den Anlass: Bei den Parlamentswahlen im Februar wurde offensichtlich zu Gunsten seiner Anhänger und seiner Familie gefälscht. Wie in den anderen ehemaligen Sowjetrepubliken Georgien oder der Ukraine sollten sich Wahlfälschungen als Auslöser einer Revolution erweisen. Die kirgisische Opposition ahnte ihre Chance und vereinte sich kurze Zeit. Hauptziel: Weg mit Akajew!" In nur wenigen Minuten wurde das "Weiße Haus" gestürmt, Chaos brach in der Hauptstadt aus. Geschäfte und Märkte wurden geplündert. Präsident Akajew konnte in letzter Minute mit dem Hubschrauber fliehen. Russland gab ihm Asyl. In der Staatsdaschta Nr. 15 bei Moskau erinnert sich der 61-Jährige:

    " Aus dem Fenster meines Arbeitszimmers in der 7. Etage habe ich das alles tatsächlich gesehen. Das, was geschah, hatte mit der Demokratie gar nichts zu tun, das war eine lenkbare Masse, sie hatte dafür Geld bekommen. Sie wurde auf den Sturm des Regierungsgebäudes organisiert gelenkt. Das war eine verfassungswidrige gewaltsame Machtergreifung."

    Fast 15 Jahre war Akajew Präsident in Kirgisien. Für ihn ist die so genannte Tulpenrevolution kein spontaner Aufruhr des Volkes, sondern ein sorgfältiger geplanter Umsturz, der von den USA mit Hilfe von nichtstaatlichen Organisationen im Lande vorbereitet wurde. In einem Zeitungsinterview erhärtete Akajew jüngst seine These:

    " Für eine Revolution in Zentralasien kam nur Kirgisien in Frage. Das funktioniert nur dort, wo es eine legale Opposition und unabhängige Medien gibt. Die USA haben daher bei uns ständig auf Tempo bei den Reformen gedrängt. Sie ließen sogar die Zeitungen der illegalen Opposition aus den Nachbarstaaten bei uns drucken. Deren Präsidenten waren stinksauer und rächten sich mit Wirtschaftssanktionen. Anders als Deutschland wollten die USA uns jedoch einfach ihre Standards aufzwingen. Ohne Rücksicht auf die Spezifik unserer Region."

    Kirgisien gilt als liberale "Insel der Demokratie" in Zentralasien, zumindest im Vergleich zu seinen Nachbarn Kasachstan, Usbekistan und Tadschikistan. Das kleine Bergland mit seinen 5 Millionen Einwohnern hat keine nennenswerten, strategisch wichtigen Bodenschätze. Radikale, islamistische Gruppierungen gibt es nicht.

    Seit der Unabhängigkeit von der Sowjetunion, Anfang der 90er Jahre, trat Askar Akajew als starker Reformer und anfangs als Gorbatschow-Anhänger auf. Neben Wirtschaftsreformen wurden hunderte unabhängige Zeitungen gegründet und tausende Nichtregierungsorganisationen zugelassen. Viele davon werden bis heute mit ausländischem Geld finanziert, allen voran aus den USA.

    Der Vorwurf gegenüber den USA, Revolutionen in ehemaligen Sowjetrepubliken verdeckt zu finanzieren, ist nicht neu. Er stand schon 2003 in Georgien und ein Jahr später in der Ukraine im Raum und ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Sicher bliesen die USA auch in Kirgisien in die Flamme. Doch die Hauptursachen für den Umsturz in sind hausgemacht.

    Mitte des 90er Jahre verließen etliche Mitglieder die Regierung Akjaew, als sich dessen Familie bei der Privatisierung der Wirtschaft dreist zu bereichern begann. Einer von ihnen ist Muratbek Imanalijew, einige Jahre war er Außenminister unter Akajew - heute Professor für internationale Beziehungen an der Universität von Bischkek:

    "Die Ursachen des Geschehens liegen in der Politik von Akajew, vor allem in seiner Innenpolitik. Erstens haben wir ein sehr hohes Korruptionsniveau unter den Beamten. Nach Angaben von Transparency International gehört Kirgisien zu den 25 korruptesten Ländern der Welt. Zweitens ist unsere Armut schockierend. In den letzten Jahren unter Akajew wurden wir zu einem der ärmsten Länder der Welt. Zugleich wurden Familienmitglieder von Akajew Inhaber der wichtigsten Werke und großer Firmen. Ein trauriges Fazit. Hinzu kam, dass Akajew nicht mit der Opposition reden wollte, und nicht nach einer gemeinsamen Lösung für die Probleme suchte. So ist passiert, was passierte. "

    Als Präsident Askar Akajew im vergangenem Dezember ankündigte, nicht mehr kandidieren zu wollen, war das für einen Großteil der Opposition das Signal: Der Kampf um das Erbe hatte begonnen und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Denn viele Kirgisen begreifen Politik vor allem als Möglichkeit, diverse Geschäftszweige in ihrem Land unter eigene Kontrolle zu bringen.

    Unter Akajews Präsidentschaft kam insbesondere sein eigener Familienclan zu Reichtum und Wohlstand. Der Akajewclan kommt aus dem vergleichsweise reichen Nordenim sozial und ökonomisch praktisch zweigeteilten Kirgisien. Der arme Süden wurde während seiner Amtszeit stark vernachlässigt. Die Clans dort streben nun an die Macht und stoßen dabei auf die alten Clans. Der Politologe Marat Kazabajew erklärt:

    " Familien- und Clanbeziehungen spiele eine der wichtigsten Rollen in Kirgisien. Praktisch fast alle Beamten im Staatsapparat kamen durch Clanbeziehungen in ihre Ämter. Sie stammen aus wirtschaftlich starken Sippen, meist aus dem Norden. Bei Parlamentswahlen tritt ein Kandidat in seinem Stammdorf an, das Dorf stimmt natürlich für ihn ab. Der Familien- und Clanfaktor zerstörte in erster Linie unser Parteiensystem."

    Akajews 29-jähriger Sohn Ajdar und sein Schwiegersohn Adil Tojgunbajew galten als besonders raffgierige Mitglieder des Akajewclans. Ajdar erkaufte sich zudem bei den letzten Wahlen einen Sitz im Parlament, was ihm Immunität sichern sollte. Nach dem Umsturz ist er geflohen. Tolikan Ismailowa arbeitet bei der regierungsunabhängigen Organisation "Bürger gegen Korruption":

    " Alles was Gewinn versprach - wie Zement, Alkohol, Gas oder Benzin- war unter Kontrolle der Akajew-Familie oder des "Weißen Hauses". Sie zahlten auch keine Steuern. Allein durch die Start- und Landegenehmigungen am Flughafen scheffelten sie tausende Dollar pro Tag. Viel Geld floss in ihre Taschen, starke unkontrollierte Finanzströme."

    Inzwischen wurde die alte Mafia allerdings durch eine neue ersetzt, fügt Tolikan leise hinzu. Gegen rund 100 Firmen soll wegen Korruption ermittelt werden. Tolikan Ismailow wundert sich darüber nicht. Auf ihrem Tisch stehen in einer Vase eine kleine georgische und eine ukrainische Fahne. Tolikan war bei beiden Revolutionen dabei. Als lernende Beobachterin sei sie hingefahren, erzählt sie strahlend. Auch vor dem "Weißen Haus" in Bischkek hat sie demonstriert, für eine "Tulpenrevolution" in Kirgisien:

    " Wissen Sie, ich habe keine Angst es laut zu sagen, bei uns waren viele kriminelle Elemente dabei. Die Methoden wie sie die Macht übernahmen und wie sie sie nun erhalten, hat nichts mit einer demokratischen Revolution zu tun. Die wahre demokratische Revolution wurde uns gestohlen, es war keine "Volksrevolution" - es war eine "Banditenrevolution"."

    Eine Einschätzung die nicht wenige in Kirgisien teilen. Vor allem reiche Geschäftsleute aus dem Süden sollen den Umsturz mitfinanziert haben. Allen voran der schwerreiche Markt- und Hotelbesitzer Bajaman Erkinbajew aus Osch. Der zwielichtige Kampfsportler sitzt für den Süden des Landes, als Abgeordneter im Parlament. Der unabhängige Journalist Alisher Saripov aus dem Ferganatal erzählt:

    " Man kann wohl behaupten, dass er diese Revolution oder besser diesen Staatsstreich finanziert hat. Ich habe diesen Prozess beobachtet. Damals hatte die Opposition um Kurmanbek Bakijew ihn um Hilfe gebeten, denn er hatte Geld. Erkinbajew hat tatsächlich den Demonstranten in Osch und Dschalalabad während der Ereignisse im März geholfen. Er versorgte sie mit Nahrungsmitteln und mit Kleidung. Er übernahm auch Reisekosten. Ich habe selber gesehen, wie seine Leute große Päckchen mit Geld bekamen. Es ging um riesige Summen, mit der der Transport der Menschen nach Bischkek finanziert wurde."

    Im Süden, im Ferganatal, leben die Menschen vom Handel oder von der Landwirtschaft. Sie verdienen kaum mehr als umgerechnet 10 - 20 Euro pro Monat. Die meisten sind arbeitslos. Der größte Markt von Zentralasien in Kara-Suu gehörte Bajaman Erkinbajew und brachte ihm jedes Jahr Millionen Gewinne: durch Standgebühren oder durch den Verkauf der unzähligen alten Container - als Speicher für die Waren. Für die Händler selbst bleibt wenig übrig. Choloson handelt in Kara-Suu mit billigen chinesischen Stoffen:

    " Ich habe meinen Stand für 500 Dollar gekauft - diese zwei Quadratmeter hier. Pro Woche muss ich 60 SUM für die Verkauferlaubnis zahlen."

    Umgerechnet zwei Dollar pro Woche sind viel Geld für sie. Ihre drei Söhne haben keine Arbeit. Ende März zogen sie nach Bischkek: Für ein besseres Leben. Der unabhängige Journalist Alisher Saipow kennt viele solcher Beispiele:

    " Das war der Aufstand der Armen gegen Akajew: Elend, Arbeitslosigkeit, keine Aussichten für die Zukunft. Sie hatten nichts zu verlieren. Deshalb demonstrierten sie. Akajew saß zu dieser Zeit im Weißen Haus. Er wusste nichts von den Problemen des Volkes. In der letzten Zeit war das Volk deswegen sehr aggressiv. Solche armen, arbeitslosen Menschen lassen sich leicht auf die Barrikaden bringen. Die Menschen gingen auf die Straßen, weil sie normal leben wollen. Und wenn sich jemand findet, der es ihnen verspricht, dann gehen sie auf die Straßen."

    Versprechungen gab es von verschiedenen Seiten - auch radikale Moslemgruppen standen unter Verdacht, die Revolution mitorganisiert zu haben. Im Ferganatal leben 90 Prozent bekennende Moslems.

    Kara-Suu an der Grenze zu Usbekistan gilt als eine Hochburg politischer Moslems, die einen Gottesstaat errichten wollen. Am Grenzfluss Sachan-Saj liegt die Moschee von Imam Mochamad Rafik Kamalow. Bei ihm sollen sich radikale Moslems versammeln, behaupten seinen Gegner.

    Der Imam aber fragt nicht nach der politischen Heimat seiner Gläubigen, sie kamen nur um zu beten, erklärt er:

    " Die Revolution war keine religiöse Bewegung. Sie war ein Staatsstreich, sie diente nicht dem Volk."

    Diese Meinung vertritt auch Delior Dschumabaew. Er ist bekennendes Mitglied der radikalen Moslemvereinigung Hizb-ut-Tahir, die in der Nachbarrepublik Usbekistan für Terroranschläge verantwortlich gemacht wird:

    " Ich kämpfe für den Gottesstaat, für ein Kalifat, in dem die Scharia regiert. Die Revolution dient nicht dem Kalifat."

    Er kämpfe aber nur mit friedlichen Mitteln, versichert Delior. In Kirgisien ist seine Organisation Hizb-ut-Tahir verboten. Die Nachbarrepublik Usbekistan schloss im Ferganatal vorübergehend die Grenzen zu Kirgisien, aus Angst vor dem kirgisischen Virus des Umsturzes. Doch zu spät.

    Am 13. Mai kam es in der usbekischen Provinzstadt Andischan zu einer Demonstration gegen Armut und Korruption. Präsident Karimow ließ auf die Demonstranten schießen, hunderte Tote und Verletzte soll es gegeben haben. Mehr als 400 Männer, Frauen und Kinder konnte sich nach Kirgisien retten - zu Fuß. Sie leben in einem Flüchtlingslager bei Dschalalabad. Kirgisien steht seitdem unter starkem Druck seines viel größeren Nachbarn. Usbekistan verlangt die Auslieferung der Flüchtlinge.

    Eine von ihnen ist Neila. Die junge Marketingmanagerin und Mutter ging aus Neugier zur Demonstration und weil sie reden wollte, reden über die Not im Land. Fast drei Wochen lebt sie nun schon im Lager. In Andischan hat sie ihre beiden kleinen Kinder zurückgelassen. Von ihrem Mann fehlt seit dem 13. Mai jede Spur. Zurück kann sie nicht. In Usbekistan erwartet sie Verhör, Folter, Verhaftung:

    " Es ist zu spüren, dass Kirgisien von Usbekistan Druck bekommt. Kirgisien hat keine Erfahrungen mit Flüchtlingen und ist nur ein kleines Land. Es wird nachgeben. Uns kann nur ein Drittland retten, das uns aufnimmt."
    Doch das ist noch nicht in Sicht. In der Zwischenzeit droht auch ihr die Abschiebung. Kirgisien will den Flüchtlingen kein Asyl gewähren, um Usbekistan nicht zu verärgern. Doch die kirgisische Regierung riskiert damit einen erneuten Konflikt mit den einheimischen Usbeken, die im Ferganatal die Mehrheit der Bevölkerung stellen. Das instabile Land mit seiner Interimsregierung sitzt zwischen allen Stühlen. Eine endgültige Entscheidung muss der neu gewählte Präsident, nach dem 10. Juli, treffen.

    Aussichtsreicher Kandidat für dieses Amt ist Kurmanbek Bakijew. Er war mit Hilfe der Unterstützung aus dem Süden Übergangspräsident geworden. Der 55-Jährige kommt selbst aus dem Ferganatal. Wie alle anderen Vertreter der neuen Macht, diente auch Bakijew dem gestürzten Präsidenten Akajew. Er war Premierminister, jedoch nicht lange. Bakijew gilt als ausgesprochener Kenner der wirtschaftlichen Situation im Lande. Den Kampf gegen die Korruption machte er sich zur Hauptaufgabe und zum Wahlkampfthema:

    " Wenn die Korruption stark ist, kann man nicht von wirtschaftlicher Entwicklung reden. Die Internationalen Investitionen die zu uns kommen, werden in der Regel gestohlen. Regierungsposten werden gekauft. Studenten werden nicht nach ihrem Wissen, sondern nach der Höhe des Bestechungsgeldes bewertet. Bei uns werden junge Menschen schon korrupt erzogen."

    Ein nachvollziehbares Programm hat Bakijew nicht anzubieten. Doch auch die anderen sechs Kandidaten nicht. Sie sind in weiten Teilen des Landes nicht mal bekannt und gelten als chancenlos. Der stärkste Konkurrent von Bakijew ist Felix Kulow, ein Mann aus dem Norden, doch er kandidiert nicht. Der "eiserne Felix", wie ihn die Kirgisen nennen, war Sicherheitsminister Kirgisiens unter Akajew und Bürgermeister der Hauptstadt Bischkek. In dieser Zeit brach er mit Akajew.

    Damit begann die Oppositionskarriere von Felix Kulow. In deren Folge er nach nebulösen Anschuldigungen wegen Amtsmissbrauch und Korruption zu insgesamt siebzehn Jahren Haft verurteilt wurde. Menschenrechtsorganisationen sprechen von einem politischen Prozess. Einige Jahre saß Kulow ab. Die Opposition holte in nach dem Umsturz sofort aus dem Gefängnis und machten ihm zum Sicherheitschef. In kürzester Zeit beendete der 57-Jährige das Chaos nach dem Umsturz und schwor die Sicherheitskräfte auf die Übergangsregierung ein. Seitdem gilt er als der starke, neue Mann in Kirgisien. Überraschend verzichtete Kulow jedoch auf eine eigene Präsidentschaftskandidatur. Übergangspräsident Bakijew hatte ihm einen Handel vorgeschlagen: Werde er, Bakijew, gewählter Präsident, dann mache er Kulow zum Ministerpräsidenten. Kulow willigte ein, machte aber zugleich mit Forderungen nach einer Verfassungsreform von sich Reden, die den zukünftigen Präsidenten nahezu entmachtet. Ein Konflikt zwischen den beiden ist absehbar. Doch im Wahlkampf treten sie erstmal als Tandem auf. Um Konflikte zu verhindern, meint Felix Kulow:

    " Das Tandem lag nicht in meinem Interesse, ich wollte mich an den Wahlen überhaupt nicht beteiligen. Aber die Situation hatte es gefordert. Sie sollte nicht außer Kontrolle laufen. Es gibt Leute, die wollen die Unterschiede zwischen Nord und Süd künstlich verschärfen und Unzufriedenheiten schüren. Um nichts zu provozieren, habe ich mich auf die Wahlkampagne und auf den Ministerposten eingelassen."

    Der Sieg Bakijews bei der Präsidentenwahl am 10. Juli gilt als sicher. Ob das Tandem Bakijew-Kulow allerdings darüber hinaus Tritt hält, scheint eher fraglich. Kurmanbek Bakijew hat derzeit Rückenwind aus dem Ausland - die USA und Russland unterstützen ihn gleichermaßen. Beide unterhalten, im Zuge der Anti-Terror-Operation in Afghanistan, Militärstützpunkte in Kirgisien. Beiden versicherte Bakijew, dass dies auch so bleiben solle. Außerdem werde die neue Regierung die Kräftebalance zwischen Russland, den USA und dem großen Nachbarn China fortsetzen.

    Der kirgisische Menschenrechtler Edil Basajew gibt die Hoffnung für eine wirkliche demokratische Wende in Kirgisien nicht auf - trotz Postenschacher und Clanstrukturen:

    " Natürlich träumten wir von den ukrainischen Erfahrungen. Unsere Revolution ist noch nicht zu Ende. Ehrliche und saubere Präsidentschaftswahlen am 10. Juli, dann Parlamentswahlen, eine neue Verfassung - dann wird unsere Revolution beendet sein, vielleicht schon im Herbst dieses Jahres. Wir brauchen eine neue Elite. Schaffen wir es nicht, haben wir unsere historische Chance verspielt - dann war alles nur eine Episode."