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Nach dem Unglück
Recycling der Costa Concordia

32 Menschen starben bei der Havarie der Costa Concordia vor der italienischen Küste. Während die Verantwortlichen vor Gericht stehen, muss die Reederei schnell eine Lösung für die Entsorgung des Wracks finden.

Von Kirstin Hausen | 28.01.2014
    Gerichtstermin in Grosseto. Der Prozess gegen Francesco Schettino, den Kapitän der Costa Concordia, geht in die heiße Phase. Zeugen wie der Feuerwehrmann Ennio Aquilino belasten Schettino und das Führungspersonal an Bord schwer. Um ein Uhr nachts hätten noch mehr als 700 Menschen in Sicherheit gebracht werden müssen und er habe keinen einzigen Offizier auf dem Schiff angetroffen, berichtet Aquilino. Mit einem dünnen Nylonfaden haben er und seine Kollegen sich abgesichert, um in dem dunklen, zur Seite gerutschten Schiffsrumpf nicht verloren zu gehen. Inzwischen ist die Costa Concordia wieder aufgerichtet, liegt aber immer noch vor der Küste der Insel Giglio, wo sie im Januar 2012 leck schlug.
    Das Schiffswrack werde im Juni dieses Jahres weggeschleppt, sagt Franco Gabrielli, Chef des Italienischen Katastrophenschutzes und von der Regierung eingesetzter Koordinator für die Bergungsarbeiten des Kreuzfahrtschiffes.
    Die Frage ist nur: Wohin? In welchen Hafen? Ursprünglich war der nächstgelegene Hafen Piombino favorisiert worden. Die Regierung von Mario Monti hatte sogar ein Dekret verabschiedet, das Piombino als letzte Destination der Costa Concordia explizit nannte. Nur: Die notwendige Vergrößerung des Hafenbeckens, um den Kreuzfahrtriesen aufnehmen zu können, haben noch nicht begonnen und die Chancen, sie in nur einem halben Jahr abschließen zu können, sind gering. Die Reederei Costa Concordia die zum US-Kreuzfahrtkonzern Carnival gehört, hat den lukrativen Auftrag auch international ausgeschrieben.
    Zwölf Häfen haben sich beworben, neben vier italienischen auch Häfen aus Großbritannien, Frankreich, Norwegen, der Türkei und China. Bislang hat Costa Crociere, nach Angaben ihres deutschen Vorstandschef Michael Thamm 600 Millionen Euro für die Bergung ausgegeben. Wie viel die Verschrottung des Wracks und seine umweltgerechte Entsorgung kosten wird, wisse man noch nicht. Der Konzern ziehe einen italienischen Hafen vor, sagte Thamm laut deutschen Zeitungen. Im italienischen Fernsehen äußerte sich Italiens Umweltminister Andrea Orlando jedoch anders.
    "Costa Crociera drängt darauf, das Wrack in der Türkei zu entsorgen. Aber sie wird die Tatsache akzeptieren müssen, dass wir die europäische Richtlinie zur Müllentsorgung zugrunde legen und die interpretieren wir so, dass das Wrack in Italien bleibt. Es ist Sondermüll und muss fachgerecht entsorgt werden. Wir wollen, dass diese Arbeit auf umweltschonende Weise in unserem Land gemacht wird."
    Palermo, Genua und Civitavecchia sind die italienischen Häfen, die sich um den Abwrack-Auftrag beworben haben. Wobei allein der sizilianische Hafen über die entsprechenden räumlichen Kapazitäten und ein ausreichend tiefes Hafenbecken verfügt. Doch der Hafen wäre damit für die nächsten zwei Jahre komplett blockiert und das wäre für Costa Crociere nicht gut. Der Konzern lässt in Palermo nämlich einen Teil seiner Flotte bauen. Laut einem Konzernsprecher hat Costa Crociere das niederländische Transportschiff "Dockwise Vanguard" reserviert, mit dem ein Abtransport der Costa Concordia in weiter entfernt liegende Häfen möglich wäre. Die Entscheidung über die letzte Reise der Costa Concordia werde im März fallen, hat Franco Gabrielli vom italienischen Katastrophenschutz angekündigt
    "Wenn Italien den Zuschlag erhält, wäre das nicht nur eine Bestätigung des Know-hows, das in Italien zweifellos vorhanden ist. Auch das Umweltrisiko würde so gering wie nötig gehalten, da der Transportweg kürzer ist."
    75.000 Tonnen Metall müssen fachgerecht entsorgt und recycelt werden. Wer diese Aufgabe erfolgreich löst, kann sich damit international einen Namen machen. Es geht also nicht nur um Geld und Arbeitsplätze. Es geht auch ums Image, und Italien kann einen Imagegewinn brauchen. Andrea Illy, der Vorstandsvorsitzende des Familienunternehmens Illy Cafè in Triest, sieht im Recyceln eine der wichtigsten Aufgaben der Zukunft.
    "Wir sind in einer Phase, in der wir die Welt neu erfinden müssen. Nichts ist so wie es ist nachhaltig und von Dauer. Die Wirtschaft bricht zusammen, die Gesellschaft wird von einer sich immer weiter öffnenden Schere zwischen Arm und Reich geprägt und von der Umwelt brauchen wir gar nicht reden. Die Herausforderungen der Zukunft bestehen darin, Produkte zu schaffen, die nachhaltig sind."
    Die Tragödie der Costa Concordia habe ein sehr schlechtes Licht auf Italien geworfen, nun müsse man alles tun, um das Vertrauen im Ausland zurückzugewinnen, sagen Italiens Unternehmer.