Ein großer gestiefelter Mann in dunkler Kleidung mit schulterlangem dunkelblonden Haar, das ist der Baumflüsterer im Forschungszentrum Karlsruhe. In seinem Büro im Untergeschoss eines schmucklosen Gebäudes zwischen großen Regalen voll mit verwachsenen Stücken von Bäumen, erklärt Professor Claus Mattheck, was sie ihm verraten:
"Der hat ein Schmerbäuchle, dann hat er eine Faulhöhle dahinter. Er hat einen Schwimmring, der schärfer konturiert ist, als die Faulhöhle, dann hat er harmloses Faserknicken. Da sehen Sie also schon von außen hat die Reparatur Erfolg gehabt, oder nicht."
Professor Mattheck bekam den Spitznamen "Baumflüsterer", weil er durch jahrelange Untersuchung solcher Verwachsungen oft schon durch genaues Anschauen sagen kann, ob ein Baum in seiner Standfestigkeit eingeschränkt ist und gefällt werden muss oder ob man ihn durch Stutzen noch eine Weile erhalten kann. Als Professor für Theoretische Physik leitet er die Abteilung für Biomechanik und untersucht, welche Belastung Pflanzen aushalten. Er hat eine Methode entwickelt, mit der man von außen beurteilen kann, wie sicher Bäume stehen.
"Die beruht auf dem Prinzip, dass der Baum eine homogene Spannungsverteilung will, eine gerechte Lastverteilung, wo weder lokal höher belastete Bereiche vorliegen, noch minder belastete, also fette Bäuche, die nichts tragen."
Da das Holz eines Baumes nur eine bestimmte Last tragen kann, lässt der Baum dort zusätzliches Holz wachsen, wo die Last zu groß wird. Offenbar sind Bäume fähig, Belastungen zu erkennen und darauf zu reagieren. Mattheck:
"Der ist also in der Lage lokal hohe Spannungen mit seiner Wachstumsschicht zu messen und da verdickte Jahresringe anzulagern, sich also wieder zu reparieren. Diese Idee, dass der Baum auf Defekte, seien es Verletzungen von außen oder Fäule oder Risse von innen, mit Symptomen reagiert, das heißt, also Reparaturanbauten, die nutzen wir in der VTA-Methode."
"VTA" steht für Virtual Tree Assessment. So nennt Professor Mattheck sein Verfahren zur Schadensanalyse bei Bäumen. Wie beim Menschen einseitige Belastung zu Haltungsschäden führt, die der Arzt erkennen kann, so versteht Professor Mattheck die Körpersprache oder das Konstruktionsprinzip der Bäume. Pflanzen werden erst seit wenigen Jahrzehnten auch als Konstruktionen betrachtet. Und das Erstaunliche ist, dass sie selbst die optimale Form finden. Davon können Konstrukteure nur träumen.
Wenn zum Beispiel zwei Bauteile in einem Winkel zusammentreffen, ist der Winkel die Stelle, wo die Konstruktion bei zu großer Belastung bricht. Eine Bierbank etwa wird erst durch eine schräge Verbindung zwischen einklappbarem Fuß und Sitzfläche stabil. Dieses Dreieck verteilt die Last auf zwei Winkel. Ideal ist aber eine Kurve, wie bei Bäumen:
"Der Ideengeber war wieder der Baum. Stellen Sie sich einen Stamm vor auf der Erde. Da haben sie hier, am Übergang zur Erde, auch eine scharfe Ecke und die überbrückt der Baum mit den Wurzelanläufen. Und das ist genau die Kontur die wir finden."
Zunächst entwickelte Claus Mattheck ein Computerprogramm, um den Zusammenhang zwischen Form und Belastung zu berechnen. Doch das Programm und die nötigen leistungsstarken Rechner konnten sich nur große Firmen leisten. Also packte ihn der Ehrgeiz, es einfacher zu machen.
Wenn man den Winkel, wo die Bauteile zusammen treffen, durch ein Dreieck entlastet und dann die neu entstandenen Winkel wieder und das ein paar mal wiederholt, dann erhält man annähernd die gewünschte Kurve. Das geht ganz fix mit Stift und Papier und ist schneller und billiger, als mit dem Rechner.
Obendrein hält diese optimierte Form mehr aus, als die von der DIN-Norm vorgeschriebene Abrundung der selben Ecke, weil die Belastung des Materials - wie bei Bäumen - überall gleich ist. Das Einzige, was noch berechnet werden muss, ist die notwendige Dicke des Materials. Egal, ob man Möbel, Autos, Flugzeuge, Häuser oder Brücken konstruiert,
"Wir haben hier also eine standesübergreifende Mechanik, die sogar der Schüler, der Handwerker, Biologe, die Designer, die ja mathematikscheu sind normalerweise, die können das alle jetzt machen. Und das ist der Vorteil dieser neuen Methoden: Sie müssen nicht mehr Formelwände anschreiben oder riesige Computerprogramme quälen. Sie brauchen ein Zeichendreieck und Punkt!"
"Der hat ein Schmerbäuchle, dann hat er eine Faulhöhle dahinter. Er hat einen Schwimmring, der schärfer konturiert ist, als die Faulhöhle, dann hat er harmloses Faserknicken. Da sehen Sie also schon von außen hat die Reparatur Erfolg gehabt, oder nicht."
Professor Mattheck bekam den Spitznamen "Baumflüsterer", weil er durch jahrelange Untersuchung solcher Verwachsungen oft schon durch genaues Anschauen sagen kann, ob ein Baum in seiner Standfestigkeit eingeschränkt ist und gefällt werden muss oder ob man ihn durch Stutzen noch eine Weile erhalten kann. Als Professor für Theoretische Physik leitet er die Abteilung für Biomechanik und untersucht, welche Belastung Pflanzen aushalten. Er hat eine Methode entwickelt, mit der man von außen beurteilen kann, wie sicher Bäume stehen.
"Die beruht auf dem Prinzip, dass der Baum eine homogene Spannungsverteilung will, eine gerechte Lastverteilung, wo weder lokal höher belastete Bereiche vorliegen, noch minder belastete, also fette Bäuche, die nichts tragen."
Da das Holz eines Baumes nur eine bestimmte Last tragen kann, lässt der Baum dort zusätzliches Holz wachsen, wo die Last zu groß wird. Offenbar sind Bäume fähig, Belastungen zu erkennen und darauf zu reagieren. Mattheck:
"Der ist also in der Lage lokal hohe Spannungen mit seiner Wachstumsschicht zu messen und da verdickte Jahresringe anzulagern, sich also wieder zu reparieren. Diese Idee, dass der Baum auf Defekte, seien es Verletzungen von außen oder Fäule oder Risse von innen, mit Symptomen reagiert, das heißt, also Reparaturanbauten, die nutzen wir in der VTA-Methode."
"VTA" steht für Virtual Tree Assessment. So nennt Professor Mattheck sein Verfahren zur Schadensanalyse bei Bäumen. Wie beim Menschen einseitige Belastung zu Haltungsschäden führt, die der Arzt erkennen kann, so versteht Professor Mattheck die Körpersprache oder das Konstruktionsprinzip der Bäume. Pflanzen werden erst seit wenigen Jahrzehnten auch als Konstruktionen betrachtet. Und das Erstaunliche ist, dass sie selbst die optimale Form finden. Davon können Konstrukteure nur träumen.
Wenn zum Beispiel zwei Bauteile in einem Winkel zusammentreffen, ist der Winkel die Stelle, wo die Konstruktion bei zu großer Belastung bricht. Eine Bierbank etwa wird erst durch eine schräge Verbindung zwischen einklappbarem Fuß und Sitzfläche stabil. Dieses Dreieck verteilt die Last auf zwei Winkel. Ideal ist aber eine Kurve, wie bei Bäumen:
"Der Ideengeber war wieder der Baum. Stellen Sie sich einen Stamm vor auf der Erde. Da haben sie hier, am Übergang zur Erde, auch eine scharfe Ecke und die überbrückt der Baum mit den Wurzelanläufen. Und das ist genau die Kontur die wir finden."
Zunächst entwickelte Claus Mattheck ein Computerprogramm, um den Zusammenhang zwischen Form und Belastung zu berechnen. Doch das Programm und die nötigen leistungsstarken Rechner konnten sich nur große Firmen leisten. Also packte ihn der Ehrgeiz, es einfacher zu machen.
Wenn man den Winkel, wo die Bauteile zusammen treffen, durch ein Dreieck entlastet und dann die neu entstandenen Winkel wieder und das ein paar mal wiederholt, dann erhält man annähernd die gewünschte Kurve. Das geht ganz fix mit Stift und Papier und ist schneller und billiger, als mit dem Rechner.
Obendrein hält diese optimierte Form mehr aus, als die von der DIN-Norm vorgeschriebene Abrundung der selben Ecke, weil die Belastung des Materials - wie bei Bäumen - überall gleich ist. Das Einzige, was noch berechnet werden muss, ist die notwendige Dicke des Materials. Egal, ob man Möbel, Autos, Flugzeuge, Häuser oder Brücken konstruiert,
"Wir haben hier also eine standesübergreifende Mechanik, die sogar der Schüler, der Handwerker, Biologe, die Designer, die ja mathematikscheu sind normalerweise, die können das alle jetzt machen. Und das ist der Vorteil dieser neuen Methoden: Sie müssen nicht mehr Formelwände anschreiben oder riesige Computerprogramme quälen. Sie brauchen ein Zeichendreieck und Punkt!"