Archiv

Nach den Anschlägen von Brüssel
Europa im Alarmzustand

Schon wieder Terror in Europa: mitten in Brüssel, der europäischen Hauptstadt. Die Attentate mit vielen Toten und Verletzten zeigen, dass die Zeit der Terrorgefahr durch Islamisten noch lange nicht zu Ende ist. Politiker, Sicherheitsexperten und Bürger müssen sich fragen, wie freie Gesellschaften auf diese Bedrohung reagieren sollen.

Diskussionsleitung: Jörg Münchenberg |
    In Brüssel werden nach dem Anschlag auf eine Metro-Station Straßen evakuiert. Die Bevölkerung wird aufgefordert, zu Hause zu bleiben.
    In Brüssel werden nach dem Anschlag auf eine Metro-Station Straßen evakuiert. Die Bevölkerung wird aufgefordert, zu Hause zu bleiben. (dpa / picture alliance / BELGA PHOTO LAURIE DIEFFEMBACQ )
    Nach den Anschlägen von Brüssel wurde schnell die Forderung erhoben, die Sicherheitsbehörden müssten besser zusammenarbeiten, um solche Vorfälle zu verhindern. Rainer Wendt, der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, hält dies ebenfalls für notwendig. Er plädierte für einen engeren Austausch mit anderen Sicherheitsbehörden in Europa. Es mangele jedoch an Ressourcen: "Wirklich Sicherheit zu produzieren kostet Geld", so Wendt.
    Auch der Grünen-Europaabgeordnete Jan Philipp Albrecht konstatierte, die Zusammenarbeit zwischen den Behörden sei nicht dort, wo sie sein könne. Es brauche nicht noch größere und unnütze Datensammlungen, sondern eine echte Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden. Außerdem müssten die EU-Mitgliedsländer bereits vereinbarte Regelungen in der Sicherheitspolitik endlich umsetzen. Was darüber hinaus fehle, sei eine Evaluation bereits bestehender Maßnahmen auf ihre Effektivität.
    Vorgehen des IS "sehr viel intelligenter" als früher
    Der Spiegel-Reporter Christoph Reuter warnte, der IS gehe mittlerweile "sehr viel intelligenter" vor als andere Terrororganisationen in der Vergangenheit. Attentäter seien den Behörden oftmals bis zu Anschlägen unbekannt. Die Rekrutierung von neuen Anhängern laufe sehr diskret ab - außerdem würden nicht nur Rückkehrer aus den Bürgerkriegsgebieten zu fanatischen Kämpfern rekrutiert.
    Genau an dieser Stelle setzt die Arbeit von Thomas Mücke an. Er arbeitet beim Violence Prevention Network, das junge Menschen frühzeitig vor einer Radikalisierung bewahren will. Man müsse deutlich mehr Aufklärung betreiben, so seine Forderung. Außerdem gebe es das Problem der Radikalisierung nicht nur unter sozial isolierten Gruppen. Die Propaganda des IS spreche auch Jugendliche an, die nicht aus schwierigen Verhältnissen kämen.

    Zur Diskussion live aus dem Deutschlandradio-Studio Brüssel
    Gesprächspartner:
    Jan Philipp Albrecht, MdEP, Bündnis 90/Die Grünen
    Thomas Mücke, Violence Prevention Network
    Christoph Reuter, SPIEGEL-Reporter und Autor des Buches "Die schwarze Macht"
    Rainer Wendt, Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft