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Nach den Wahlen in Frankreich und Griechenland

Nach den Wahlen in Griechenland und Frankreich bleiben viele Fragen vorerst unbeantwortet: Was wird aus dem Sparkurs? Gibt es eine neue Debatte um den Euro? Mit François Hollande scheint sich der Markt anfreunden zu können. Mit den Aussichten für Griechenland nicht.

Von Michael Braun |
    Wer ist der Böse? Nicht der, den Sie vermuten, meint die Schweizer Großbank UBS. Sie hat den Blick zurück auf die französische Schuldenpolitik seit 1981 gerichtet und festgestellt: Sozialistische Regierungen haben in 80 Prozent der Fälle das Maastrichter Kriterium für die Neuverschuldung eingehalten. Konservative Regierungen kamen nur auf 33 Prozent der Fälle. Klar, das Herz der Börsianer schlägt rechts. Aber man sucht auch nach dem Positiven im französischen Wahlergebnis. Nun wird bewusst, dass François Hollande im Wahlkampf zwar die Rente mit 60 wieder einzuführen versprach, dass dies aber nicht generell gelten solle. Der Politologe Henri Ménudier erinnerte daran. Er sagte gestern im Deutschlandfunk:

    "Sein Programm bedeutet nicht, dass es für alle eine Rückkehr geben wird zu 60 Jahren. Nur diejenigen, die genug Jahre eingezahlt haben, die beispielsweise mit 18 Jahren angefangen haben zu arbeiten und wirklich auch genug Rentenzeit erreicht haben, nur diese Menschen dürfen früher in Rente gehen."

    Auch hat Hollande zwar 60.000 neue Stellen für beamtete Lehrer versprochen. Dass er zugleich sagte, die Zahl der Beamten solle aber gleich bleiben, also müsse anderswo gekürzt werden, das war nicht überall hin durchgedrungen.

    Hollande will 2017 einen ausgeglichenen Haushalt erreichen, Sarkozy hatte das für 2016 angestrebt. Hollande geht dabei davon aus, dass das Bruttoinlandsprodukt jährlich um zwei Prozent wächst während die öffentlichen Ausgaben jährlich nur um ein Prozent steigen. Das mutet optimistisch an. Der Markt heute schließt jedenfalls nicht aus, dass Hollande seine Politik auf Kosten der europäischen Partner umsetzen könnte. Antje Praefcke aus dem Devisenhandel der Commerzbank erklärt damit die schwachen Kurse von Euro und Aktien heute:

    "Die Franzosen haben in den letzten Jahren an Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt. Das heißt: Eigentlich muss Frankreich in den Bemühungen, den Arbeitsmarkt zur reformieren und strukturelle Reformen anzustreben, weiter voranschreiten. Tut es das nicht, ist natürlich die Frage, ob ein kurzfristiges Stimulierungsprogramm nicht längerfristig einfach nur für einen höheren Schuldenstand sorgt. Und damit dann die Schuldenlast letztendlich für Deutschland irgendwo auch steigen könnte. Weil: Irgendwo müssen die Schulden ja auch bezahlt werden.""

    Fast noch größer seien die Sorgen, die künftig von Griechenland ausgehen.

    ""Die Regierungsbildung in Griechenland wird schwierig werden. Ist die Regierungsbildung in Griechenland schwierig, stellt sich dadurch die Frage, ob die Sparmaßnahmen, die das Parlament in Griechenland bis Juni entscheiden muss - und zwar über 11,5 Milliarden Euro - überhaupt durchgehen. An die sind dann aber wiederum die sogenannten Hilfszahlungen der sogenannten Troika gebunden. Das heißt: Werden diese Entscheidungen im Parlament nicht getroffen, riskiert Griechenland eine Zahlungsunfähigkeit im Herbst."

    Die Rendite zehnjähriger Anleihen stieg heute fühlbar, um 2,5 Prozentpunkte auf knapp 23 Prozent. Die vergleichbarer französischer Papiere kam leicht zurück auf 2,78 Prozent. Mit François Hollande scheint sich der Markt anfreunden zu können. Mit den Aussichten für Griechenland nicht.