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Nach der Babypause wieder in den Betrieb

Immer mehr Unternehmen legen Wert auf eine familienfreundliche Firmenpolitik. Das schließt auch die Eingliederung von Frauen ein, die nach der Schwangerschaft eine Auszeit für die Kinderbetreuung genommen haben.

Von Solveig Grahl |
    Anita Greiner bereitet sich in ihrem Büro gerade auf eine Sitzung mit ihren Kollegen vor. Die 35-Jährige arbeitet bei Daimler in der internen Finanzkommunikation. Seit einem Jahr ist sie wieder dabei, nach zwölf Monaten Elternzeit. Der Wiedereinstieg in den Beruf in Teilzeit war damals kein Problem, erinnert sich die junge Frau:

    " Mein Chef hat das sofort akzeptiert, er hat sogar gesagt, ich mit ein paar Stunden anfangen und in den ersten drei Monaten schauen, wie es mir dabei geht. Danach haben wir uns auch noch mal zusammengesetzt und einen Plan für das ganze Jahr festgelegt. "

    Daimler legt Wert auf einen möglichst reibungslosen Wiedereinstieg der Frauen. An jedem deutschen Standort organisiert eine Fachkraft Schulungen und Qualifizierungsmaßnahmen für die Rückkehrerinnen. Während der Auszeit haben die Frauen Zugang zum Intranet, können sich dort über aktuelle Entwicklungen im Unternehmen informieren, sagt Angela Lechner, bei dem Automobilbauer zuständig für Gesellschafts- und Familienpolitik:

    " Was wir auch machen, um die Frauen fit zu halten, um das Know-how zu erhalten, dass wir denen anbieten, während der Elternzeit Vertretungseinsätze zu machen oder auch Projekteinsätze, wenn ein Projekt läuft und dort auch Unterstützung benötigt wird. "

    Im Schnitt kehren die Frauen bei Daimler nach knapp zwei Jahren wieder in den Beruf zurück, viele auch früher. Je höher ihre Qualifikation, desto schneller sind sie wieder da, meist an ihrem alten Arbeitsplatz oder zumindest in der gleichen Abteilung. Eine lange Einarbeitungszeit ist dann nicht nötig.

    So war das auch bei Heidi Stock, heute Projektleiterin "Chancengleichheit" bei der Firma Bosch in Stuttgart. Acht Wochen nach der Geburt ihres Sohnes stieg sie wieder ein in den Job, zunächst mit 20 Prozent:

    " Ich konnte das Projekt behalten. Ich war nie aus dem Job raus, ich hatte immer diesen Anknüpfungspunkt, auch den sozialen Anknüpfungspunkt. "

    Während der Auszeit den Kontakt zum Unternehmen halten - das ist für Heidi Stock eine ganz wesentliche Voraussetzung, damit der Wiedereinstieg reibungslos klappt. Früher gingen die Frauen in Erziehungszeit - und waren erst mal aus den Augen aus dem Sinn. Mittlerweile hat Bosch einen Gesprächsleitfaden entwickelt, den Vorgesetzte mit ihren Mitarbeiterinnen durchgehen, bevor diese sich in die Elternzeit verabschieden:

    " Wie stelle ich mir das vor mit dem Wiedereinstieg, wann sollte der sein, sollte der in Teilzeit erfolgen oder in Vollzeit, welche Maßnahmen können wir in der Zwischenzeit machen, also werde ich eingeladen auf Abteilungsfeiern oder werde ich mal für eine Urlaubsvertretung geholt. Das wird alles schon vorher vereinbart und steht auch in der Personalakte. "

    Fast 60 Prozent der deutschen Unternehmen pflegen mittlerweile einen solchen Kontakt zu ihren Mitarbeiterinnen während der Auszeit - so das Ergebnis einer Studie der Deutschen Industrie- und Handelskammer. Auch die Südwestbank will das in Zukunft verstärkt tun. Seit vergangenem Jahr trägt das Unternehmen das Zertifikat "berufundfamilie", ein Gütesiegel für familienbewusste Personalpolitik - und baut gerade an einem besseren Konzept für den Wiedereinstieg. Dazu gehört auch der Ausbau von Teilzeitangeboten und Heimarbeitsplätzen. Ihre qualifizierten Mitarbeiterinnen will die Bank halten - eine Auszeit von vier, fünf Jahren empfiehlt Personalchef Klaus Schwarz jedoch nicht:

    " Umso schwieriger wird natürlich dieser Wiedereinstieg realisierbar. Wenn dann wenig Kontakt zum Unternehmen gehalten wird, ist es manchmal fast nicht mehr möglich, das auf eine sinnvolle Art und Weise zu machen, zumindest nicht mehr auf demselben Arbeitsplatz wie bisher. Weil dann ist es so, dass die Mütter wieder komplett neu eingearbeitet werden müssen, da ist die Frage, wollen sie das, wie flexibel sind sie, was können sie da tun? "

    Frauen- und familienfreundliche Personalpolitik schreiben sich immer mehr Unternehmen auf ihre Fahnen. Dazu gehört aber auch eine gute Kinderbetreuung - und hier hapert es noch häufig. Betrieblich unterstützte Kinderbetreuung wird gerade mal von knapp neun Prozent der Unternehmen angeboten, so die Zahl der Deutschen Industrie- und Handelskammer. Große Unternehmen wie Daimler betreiben eigene Kinderkrippen für den Mitarbeiter-Nachwuchs. Viele Mittelständler dagegen würden gerne mit kommunalen Einrichtungen in Betriebsnähe kooperieren. In Ländern wie Baden-Württemberg nehmen die aber nur Kinder auf, die auch am Ort der Kita wohnen, sagt Hilde Cost von der Industrie- und Handelskammer in Stuttgart:

    " Nicht alle Beschäftigten wohnen aber am Arbeitsort. Hier in der Region Stuttgart haben wir 75 Prozent Pendler. Deshalb fällt es auch den Unternehmen schwer, da ein eigenes Angebot zu machen, denn sie müssten mit ganz vielen verschiedenen Wohnorten verhandeln und wissen nicht, was dabei rauskommt. "

    Fachkräftemangel und demographischer Wandel: Immer mehr Unternehmen haben offenbar erkannt, dass es ohne qualifizierte Frauen nicht mehr funktioniert - und bemühen sich um die Rückkehrerinnen.