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Nach der Krise ist vor der Krise

Dem schuldengeplagten Portugal steht die nächste Politkrise ins Haus: Gerade einen Monat im Amt, ist die Regierung von Premier Coelho angeschlagen. Zwei Minister sollen in trübe Spekulationen verwickelt gewesen sein. Ein Kabinettsmitglied musste bereits seinen Hut nehmen.

Von Jochen Faget | 13.08.2013
    Das war ein kurzer Auftritt: Gerade einmal fünf Wochen war Joaquim Pais Jorge Finanzstaatssekretär, da musste er schon wieder zurücktreten. Weil er 2005 versucht hatte, als Direktor der Citybank der alten portugiesischen Regierung SWAP-Geschäfte zu verkaufen, mit der sie – ähnlich wie Griechenland – das Haushaltsdefizit hätte verschleiern können. Dabei hatte er bis zuletzt seine Beteiligung bestritten:

    "Ich gebe zu, dass das Treffen stattgefunden hat. Aber ich muss unterstreichen, dass ich weder mit der Ausarbeitung des Angebots noch mit irgendwelchen Verhandlungen darüber zu tun hatte."

    Und trotzdem steckt Portugals Regierung einen Monat nach ihrer letzten Umbildung schon wieder tief in der Krise. Die noch vor Kurzem von Staatspräsident Cavaco Silva und Regierungschef Passos Coelho gemeinsam beschworene Stabilität, ist erneut in Gefahr. Weil, so immer mehr Kritiker, Passos Coelhos Kabinett zu viele Schwachstellen hat.

    Nach dem Rücktritt des Finanzstaatssekretärs gerät jetzt seine Ex-Chefin, die ebenfalls neu ernannte und umstrittene Finanzministerin Maria Luís Albuquerque, erneut ins Kreuzfeuer der Kritik. Denn die behauptet nach wie vor bis vor Kurzem nichts gewusst zu haben, von gefährlichen oder gar illegalen Spekulationsgeschäften der alten Regierung, die sie bei ihrem Amtsantritt hätte stoppen können und müssen. Obwohl sie selbst als Managerin bei der portugiesischen Staatseisenbahn solche abgeschlossen haben soll.

    "Ich kann nur wiederholen, dass ich nicht gelogen habe. In den Dokumenten, die ich bei der Amtsübernahme erhalten habe, stand kein Wort über SWAP-Geschäfte."

    Doch die Regierung wird den Ruf der Vetternwirtschaft einfach nicht los. Zu viele Mitglieder gefährlicher Seilschaften seien mit der jüngsten Umbildung an die Macht gekommen. Auch der neue Außenminister Rui Machete sorgt für Schlagzeilen.

    Machete wurde schon vor Jahren vom amerikanischen Botschafter wegen seiner verschwenderischen und eher eigennützigen Geschäftsführung der ‚Luso-Amerikanischen Stiftung für Entwicklung’ heftig kritisiert. Dann saß er im Vorstand einer Bank, die mit Milliarden Steuergeldern vor dem Bankrott gerettet werden musste, und kaufte dort Vorzugsaktien, die er mit 150 Prozent Gewinn weiterveräußerte. Alles nichts Besonderes, ein Schelm, der Böses dabei denke, erklärte der Außenminister kurz angebunden dem portugiesischen Staatsrundfunk in einem Telefoninterview:

    "Die Bank hatte Aktien zu verkaufen und ich habe sie gekauft. Tausende haben das getan und ich dachte, die Bank sei anständig. Als später herauskam, dass auch strafbare Handlungen begangen wurden, war ich schockiert. Aber da war sonst nichts."

    Die meisten Portugiesen jedoch sehen das anders. Sie haben, verkünden die Meinungsumfragen, das Vertrauen in die Ehrlichkeit ihrer Politiker verloren: ‚Die haben uns schon immer alle bestohlen und werden es weiter tun. Obendrein werden sie nicht bestraft’, fasst dieser Mann die Stimmung im Land zusammen.

    Und prompt fordern die Oppositionsparteien wieder Neuwahlen, je weiter links, desto lauter. Obwohl der Vizeregierungschef Paulo Portas nicht müde wird zu versichern, das neue Kabinett sitze fest im Sattel. Aber auch gegen ihn wird noch ermittelt, weil er vor Jahren als Verteidigungsminister in Bestechungsgeldzahlungen beim Kauf deutscher U-Boote verwickelt gewesen sein soll. Ein Ende der Politkrise in Portugal ist also nicht in Sicht.