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Nach der Tarifeinigung im öffentlichen Dienst

Viele Hochschulen sind der Auffassung, sich den im öffentlichen Dienst ausgehandelten Tarifabschluss einfach nicht leisten zu können. Grund genug, aus dem Arbeitgeberverband auszutreten. Jetzt gibt es zwar keine Lohnerhöhung, dafür aber auch keine Arbeitslose.

    Wer nicht austritt, wird bestraft! Unter dieser Überschrift haben die vier Universitäten Berlins Ende der Woche bekannt gegeben, dass sie sich dem, wie es hieß, "massiven Druck" der Landesregierung beugen - und aus den öffentlichen Arbeitgeberverbänden austreten. Gerade noch rechtzeitig, bevor der neue bundesweite Tarifvertrag im Öffentlichen Dienst gültig wird. Susann Morgener, Sprecherin der Humboldt-Universität zu Berlin, macht keinen Hehl daraus: Freiwillig war der Austritt nicht.

    Das kann man beileibe nicht sagen, denn wir haben natürlich kein Interesse daran, dass unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schlechter gestellt sind als andere Mitarbeiter im öffentlichen Dienst in der Bundesrepublik. Aber durch die Hochschulverträge haben wir zwar einen gesicherten Haushalt, aber dort ist nur eine Pauschale vorgesehen für mögliche Tarifsteigerungen. Diese ist für die kommenden Jahre weitaus geringer, als das was jetzt im Öffentlichen Tarifverhandlungen ausgehandelt wurde, so dass es für uns mehrere Millionen Euro Defizit bedeutet hätte.

    1,5 Prozent Lohn- und Gehaltssteigerung jährlich sieht der Haushalt der Universitäten vor. Weniger also als das, was Ver.di mit den Öffentlichen Arbeitgebern ausgehandelt hat. Die Universitäten und sonstigen Hochschulen Berlins haben sich jetzt - bis auf eine Ausnahme - der Tarifpolitik des Landes Berlin angeschlossen. Betroffen sind etwa 20.000 Beschäftigte. Der Senat hat, um den Austritt zu erwirken, den Unis relativ unverhohlen gedroht, anderenfalls Zuschüsse zu kürzen. Wissenschafts-Staatsekretär Peer Pasternack:

    Naja, wir haben auf das Hochschulgesetz hingewiesen, da steht im Paragraph 2 Absatz 3, dass die Hochschulen gehalten sind, die Einheitlichkeit des Landesdienstes sicherzustellen. Wir sind daran interessiert, dass es zwischen dem unmittelbaren Landesdienst, also den Arbeitern und Angestellten, die für das Land Berlin arbeiten und zwischen den Hochschulangestellten andererseits keine unterschiedlichen Vergütungen gibt.

    Während die Unis wollen, dass ihre Angestellte soviel verdienen wie anderswo in Deutschland, will der Senat vor allem eine Gleichbehandlung mit seinen anderen Landesbediensteten. Es bleibt ein fader Nachgeschmack: Sollten Universitäten nicht eigentlich unabhängig sein und frei von staatlicher Einflussnahme über ihre Belange entscheiden? Nur zum Teil, sagt der Staatssekretär.

    Die Unabhängigkeit der Hochschulen bezieht sich in erster Linie auf die Inhalte von Forschung und Lehre, auf die Methode und die Fragestellungen und die Gestaltung von Studienabläufen, die Unabhängigkeit der Hochschulen ist keinen finanzielle Unabhängigkeit vom Staat. Dann nämlich müssten sie unter Verzicht auf öffentliche Mittel sich finanzieren, das kann aber keine Hochschule.

    Es ist nicht gesagt, dass die Hochschulen nun wirklich Geld sparen. Denn es liegt im Bereich des Möglichen, dass die separat ausgehandelten Tarifverträge fürs Land gar nicht billiger werden. Im Übrigen können die Angestellten jetzt viel leichter streiken. Susann Morgener von der Humboldt-Universität.

    Die Erfahrung zeigt, dass so ne Universität relativ schnell lahmgelegt werden kann, wenn man an den entsprechenden Stellen rabiat vorgeht. Wir haben Gott sei Dank als Humboldt-Universität in der Vergangenheit, das hat sich auch bei Studentenstreiks gezeigt, immer wieder ein sehr konsensualen Weg gefunden, denn keiner kann daran interessiert sein, dass die Ausbildung lahmgelegt wird.

    Auch wenn die Unis um harte Arbeitskämpfe herumkommen sollten, bleibt doch die Gefahr, dass gute Wissenschaftler künftig nicht mehr so gerne nach Berlin kommen, wenn in der Hauptstadt für gleiche Arbeit weniger bezahlt wird.

    Langfristig ist schon geplant, dass man bundesweit einen Wissenschaftstarif entwickelt. Das ist jetzt so kurzfristig aufgrund der Situation nicht möglich gewesen, aber das ist eine Vorstellung, die man schon länger verfolgt, da durch diese ganzen Tarifverhandlungen querbeet durch den Öffentlichen Dienst man immer wieder gemerkt hat, dass es dem System Wissenschaft nicht gerecht wird.