
"Wir unterscheiden zwischen berechtigten Anliegen der Bürger und nationalistischer Propaganda", schrieb CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak noch im Juni auf Twitter. "Deswegen wird die CDU mit der AfD nie kooperieren." Trotz der Ergebnisse der Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg, bei denen die AfD kräftig zugelegt hatte, bekräftigte Parteichefin Kramp-Karrenbauer diese Aussage Anfang der Woche im ARD-"Morgenmagazin": "Dabei bleibt es. Wir haben das auch festgelegt, auch in den Gremien."
Koalition im Stadtrat in Frankenstein
Doch da war es an der Basis schon passiert. In der pfälzischen Kommune Frankenstein haben sich zwei Abgeordnete von CDU und AfD zu einer Fraktion zusammengeschlossen. Es handelt sich um die christdemokratische Ratsfrau Schirdewahn und ihren Ehemann, der im Gemeinderat die AfD vertritt. Der für Frankenstein zuständige Kreisvorstand will Schirdewahn deshalb aus der CDU ausschließen. Die Politikerin erklärte, sie werde gerichtlich dagegen vorgehen.

Zählgemeinschaft in Penzlin
Erst im Juni hatte in der mecklenburgischen Kleinstadt Penzlin die CDU in der Stadtvertretung eine sogenannte Zählgemeinschaft mit dem einzigen gewählten AfD-Vertreter gebildet. Dort stellen CDU und AfD nun zusammen 4 der 15 Mitglieder der Stadtvertretung. Das brachte der Union mehr Sitze in Ausschüssen ein und auch der AfD-Vertreter ist nun im Rechnungsprüfungsausschuss sowie im Schul- und Kulturausschuss vertreten. "Der AfD-Mann hat bei der Kommunalwahl viele Stimmen bekommen, mehr als viele andere", sagte der Vorsitzende der Zählgemeinschaft, Röse (CDU), dem Nordkurier. Ignoriere man ihn, schlösse man einen nicht kleinen Teil der Wähler aus.
Zusammenarbeit in Ausschüssen
Der CDU im thüringischen Ilm-Kreis wird vorgeworfen, bei der Besetzung des Umwelt- und des Bauausschusses jeweils gemeinsame Sache mit der AfD gemacht zu haben. Matthias Schlegel, der für die Grünen im Kreistag des Ilm-Kreises sitzt, hatte über Twitter verbreitet: "Was dann wirklich schockierend war, war, dass ein CDU-Mensch aufgestanden ist und einen AfD-Menschen vorgeschlagen hat als stellvertretenden Ausschussvorsitzenden." Der Fraktionsvorsitzende der CDU, Oschmann, im Ilm-Kreis sprach anschließend von einem Kommunikationsversehen. In Hildburghausen, ebenfalls in Thüringen, hatte ein Treffen des Vorsitzenden der CDU-Fraktion im Stadtrat mit der AfD-Fraktionsvorsitzenden Aufsehen erregt. In der Gemeinde Geisa hatte Die Linke zudem eine Zusammenarbeit von CDU und AfD beklagt.
Annäherungen in Sachsen-Anhalt
Auch in Sachsen-Anhalt wird über eine mögliche Zusammenarbeit mit der AfD nachgedacht. Anlass ist ein internes Positionspapier des Harzer CDU-Kreisverbandes, aus dem die "Volksstimme" aus Magdeburg zitierte. Der mitgliederstärkste Verband des Landes lasse darin "den ausdrücklichen Wunsch nach einer Annäherung an die AfD erkennen", schreibt die Zeitung. Zwar werde die AfD nicht ausdrücklich genannt, dass sie gemeint sei, gehe aber aus dem Forderungskatalog des CDU-Kreisverbandes hervor. CDU-Landeschef Stahlknecht distanzierte sich nicht von den Überlegungen. Es gebe in der CDU keine Denkverbote, sagte er der "Volksstimme". Er verbiete niemandem den Mund. Wie der NDR Ende Mai berichtete, hielt der stellvertretende CDU-Landesvorsitzende in Mecklenburg-Vorpommern, Ott, in Kreistagen und Gemeindevertretungen eine Zusammenarbeit bei Sachthemen für möglich.

Für CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer könnten die Abweichler aus den eigenen Reihen zum Problem werden. Sollten die Stimmen aus der Basis zu Kooperationen mit der AfD lauter werden, könnten konsequenzlose Ansagen aus der Parteizentrale nicht mehr ausreichen. Erst recht nicht, wenn die AfD bei den Landtagswahlen in Thüringen Ende Oktober ähnlich starke Ergebnisse holt wie in Sachsen und Brandenburg.
(ph/wes)