Freitag, 19. April 2024

Archiv


"Nach meiner Meinung hat es niemals eine Weltordnung gegeben"

Helmut Schmidt, geboren am 23. Dezember 1918 in Hamburg, deutscher SPD-Politiker und von 1974 bis 1982 der fünfte Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland.

30.06.2011
    Nach dem Abitur in Hamburg 1937, zunächst Einsatz im Arbeitsdienst, danach Soldat im 2. Weltkrieg, britische Kriegsgefangenschaft

    Studium der Volkswirtschaftslehre in Hamburg mit Abschluss als Diplom-Volkswirt 1949. Bis 1953 bei der von Karl Schiller geleiteten Behörde für Wirtschaft und Verkehr der Freien und Hansestadt Hamburg tätig. Dort leitete Schmidt 1952/53 das Amt für Verkehr.

    Ab 1961 war er Senator der Polizeibehörde in seiner Heimatstadt und erlangte während der Sturmflut 1962 als Krisenmanager große Popularität.

    Von 1967 bis 1969 führte er als Vorsitzender die SPD-Bundestagsfraktion, 1969 bis 1972 Bundesminister der Verteidigung, 1972 Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen und von 1972 bis 1974 Bundesfinanzminister.

    Gegen Ende seiner Amtszeit als Bundeskanzler leitete Schmidt, bedingt durch das Ausscheiden des Koalitionspartners FDP, kurzfristig auch das Außenministerium.

    Seit 1983 ist Schmidt Mitherausgeber der Wochenzeitung "Die Zeit".

    Helmut Schmidt wurde während seiner politisch aktiven Zeit wegen seines Redetalents gerade auch von Gegners "Schmidt-Schnauze" genannt.

    Sein ökonomischer und politischer Sachverstand fand parteiübergreifend im In- und Ausland breite Anerkennung. Schmidt befasste sich intensiv mit Fragen der Strategie, hier vor allem der Nuklearstrategie und war als Kenner nahezu der gesamten einschlägigen Fachliteratur einer der ausgewiesenen Experten in der politischen Klasse der westlichen Welt auf diesem Gebiet.

    Auch heute noch, im hohen Alter von Helmut Schmidts, ist sein politischer Rat und seine Expertise immer wieder hochwillkommen und gefragt.

    Der bekennende Raucher ist seit 2010 Witwer und hatte einen Sohn. Seine Tochter lebt in London.

    Der Aufstieg Asiens und die neue Weltlage

    Helmut Schmidt: "Ich schlage vor, das viel harmlosere Wort Konstellation zu gebrauchen!"

    Stefan Detjen: Guten Abend, meine Damen und Herren hier im Allianzforum in Berlin! Ich begrüße Sie ganz herzlich im Namen des Deutschlandfunks und bedanke mich auch an dieser Stelle gleich noch mal bei unseren Kooperationspartnern, ganz besonders bei der Körber-Stiftung, für die Einladung zu diesem Abend. Wir feiern in diesem Jahr, meine Damen und Herren, 150 Jahre deutsch-japanische Beziehungen – Beziehungen, die also in die Zeit Preußens zurückreichen, heute im Schatten der Erdbebenkatastrophe und ihres nuklearen Kollateralschadens stehen. Wir blicken auf das Wachstum der chinesischen Volkswirtschaft, die Deutschland vor eineinhalb Jahren als Exportweltmeister überholt hat. Indien ist vom Land der Hungerleider zur wirtschaftlichen Großmacht mit einer prosperierenden Mittelschicht und zum High-Tech-Exporteur geworden – das Wirtschaftswunder des 21. Jahrhunderts spielt sich in Asien ab. Welche Bedeutung diese Entwicklung für uns, für Deutschland und Europa hat, besprechen wir heute mit Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt, der seit den 60er-Jahren wie kaum ein anderer den Blick der deutschen Politik nach Asien gelenkt hat. Guten Abend, Herr Schmidt! Lassen Sie mich am Anfang der Diskussion einem Begriff aus dem Titel der Veranstaltung aufnehmen: den Begriff der Weltordnung. Was verbirgt sich eigentlich dahinter? Welche Erwartungen knüpfen wir daran? Sind es vielleicht auch Hoffnungen, vielleicht auch Ängste, die sich auf die Erwartung beziehen, Herr Schmidt, dass sich die Welt noch einmal zu einer so stabilen, in Bipolarität verankerten Welt zurückgruppieren könnte, wie wir sie aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts kennen?

    Schmidt: Nach meiner Meinung hat es niemals eine Weltordnung gegeben. Weder im 20. noch im 19. noch im 18. Jahrhundert, noch zur Zeit der alten Römer. Die Römer hatten eine Ordnung ihres Teils der Welt! Das waren Teile Europas, ein kleiner Teil des Mittleren Ostens, ein kleiner Teil Asiens – aber von der Welt insgesamt handelte es sich um ein Zehntel. Und die sogenannte alte Weltordnung – wenn wir heute bei einer neuen angeblich angekommen sind, muss es ja wohl vorher eine alte Weltordnung gegeben haben. Das war aber keine Ordnung, sondern es war eine Zeit, in der zwei Weltkriege stattgefunden haben und anschließend ein sehr langer Kalter Krieg! Und einige andere Kriege außerdem – das als Ordnung zu bezeichnen, ist ein Euphemismus, eine Schönfärberei. Ich schlage vor, stattdessen, das viel harmlosere Wort Konstellation zu gebrauchen! Es gab eine gewisse Situation von zum Teil freundlich einander gesonnenen Staaten, zum Teil feindlich – das wechselte auch –, eine Weltordnung hat es noch nicht gegeben. Und für die Zukunft kommt es mir nicht so vor, als ob sie sehr wahrscheinlich wäre.

    Detjen: Der Begriff der Konstellation ist vielleicht auch deshalb adäquater, weil er ja sofort impliziert, dass sich Konstellationen ständig verändern, sich wandeln. Aber eines ist sicher, sie verändern sich im Augenblick in der Dynamik, die wir erleben, schneller, als wir das aus dem 20. – also, jedenfalls aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gewohnt sind. Was heißt das für unsere Verständnis von Politik? Wie muss Politik darauf reagieren? Welche Formate, welche Institutionen braucht sie? Sind die Formate, die die Politik im 20. Jahrhundert entwickelt hat, um stabile Konstellationen zu gewährleisten, noch die geeigneten, um Politik, um die Welt, um die Konstellationen der Welt im 21. zu gestalten?

    Schmidt: Es gibt zwei Faktoren, die sich besonders schnell geändert haben in unserer Lebenszeit: Das Eine ist der Umfang der Weltbevölkerung. Am Anfang des 20. Jahrhunderts, da ging mein Vater noch zur Schule, lebten auf der Welt 1600 Millionen Menschen. Und man hatte zwei Jahrtausende gebraucht, um aus der Zeit von Jesus von Nazareth von 200 oder 300 Millionen auf 1600 Millionen zu kommen. Vom Jahr 1900 bis zum Jahr 2000 – ein einziges Jahrhundert! – hat sich die Weltbevölkerung vervierfacht, von 1600 Millionen auf sechs Milliarden! Das hat es in der ganzen Menschheitsgeschichte noch niemals gegeben! Und der zweite Faktor war die Beschleunigung des wissenschaftlichen und technischen Fortschritts. Im Jahre 1900 gab es noch kein Flugzeug auf der Welt – und ein paar Jahre später flog Lindbergh alleine mit einem Flugzeug über den Nordatlantik. Und 40 Jahre später wurden von einem viermotorigen Flugzeug atomare Bomben auf zwei Städte in Japan abgeworfen. Ein ungeheurer Fortschritt technologischer Art – und inzwischen erleben wir ähnliche Geschwindigkeiten der technischen Entwicklung in der Elektronik und in der elektronischen Kommunikation. Das sind beides unglaubliche Veränderungen, die in unserer Lebenszeit stattgefunden haben, die viel tiefer greifen als der relativ langsame Aufstieg Chinas oder Indiens oder Brasiliens oder der Ölstaaten, der OPEC-Staaten, et cetera.

    Die 70er-Jahre: Erste Kontakte in das Land des Lächelns

    Schmidt: "Und mir war längst klar, das China wieder zu einer Weltmacht aufsteigen würde."

    Detjen: Herr Schmidt, erlauben Sie mir, dass ich Sie zunächst, am Anfang des Gespräches, noch einmal als Zeitzeuge anspreche. Sie sind 1975 zum ersten Mal nach China gereist – wenige Jahre vorher haben Sie das Land auf einer anderen politischen Reise, sozusagen, umkreist. Sie haben damals Mao Zedong getroffen, Deng Xiaoping – damals noch in der Rolle des getreulich nachsprechenden Gefolgsmanns an der Seite des großen Führers –, auf dieser Reise auch einen gewissen George Bush, der damals Sonderbeauftragter, Sonderemissär des damaligen US-Präsidenten war – die diplomatischen Beziehungen zwischen den USA und China begannen erst später. Was war das für eine Macht, die Sie damals dort – 1975 in China – kennengelernt haben?

    Schmidt: Ich habe weniger das Land kennengelernt, mehr habe ich Mao Zedong und Deng Xiaoping und andere Führungspersonen kennengelernt. Immerhin hat man auf den Straßen, zum Beispiel von Beijing – oder Peking, wie man auf Deutsch sagt –, oder zum Beispiel Schanghai oder andere Städte – Urumtschi bin ich gewesen –, was man auf den Straßen miterlebt hat, war eine unvorstellbare, triste Armut. Autos gab es ganz selten, und wenn eins kam, dann war es eine schwarze Limousine, und es saß ein Regierungsbeamter, ein hoher Beamter drin, oder ein Minister. Ansonsten gingen die Leute zu Fuß oder sie fuhren mit dem Fahrrad. Die Fahrräder waren ohne Beleuchtung. Zigtausende von Fahrrädern in Peking – ohne Beleuchtung! Und alle Leute hatten dieselben Anzüge an – entweder grau oder blau, derselbe Schnitt; der sogenannte Mao-Anzug. Man konnte manchmal sehen, einer hatte hier ein – nein, kein Taschentuch, sondern einen Kugelschreiber in der Brusttasche! Das war ein Zeichen: Es handelte sich um einen Funktionär. Ansonsten waren alle gleich. Und sie mussten auch alle das Gleiche reden! Und die haben auch alle das Gleiche geredet! Es war ein niederschmetternd trister Eindruck. Ganz anders dagegen Mao Zedong, der sofort mit einem weltphilosophischen Gespräch anfing. Er sagte zu mir: Sie sind ein Kantianer – was nicht stimmte –, ich bin ein Marxist – was auch nicht ganz stimmte! Und so fing er gleich an, über die ganze Welt zu philosophieren – ein faszinierender Mann. Und ein Mann, der gleichzeitig diese ekelhafte, sogenannte proletarische Kulturrevolution in Gang gesetzt hatte. Die war noch in vollem Gange, und die hat Zigtausende von Chinesen in schreckliche Leiden gestürzt.

    Detjen: Wie haben Sie den Schrecken dieser Zeit – der ja auch von der Figur Mao Zedong ausgegangen ist, sicher ein Jahr später dann auch noch mal gegen Deng Xiaoping gerichtete, der dann von der Viererbande dann noch mal in die Verbannung geschickt wurde –, wie haben Sie diesen Schrecken in dieser Begegnung, bei diesem ersten Besuch in China empfunden? War der spürbar? Das war ja auch noch eine Zeit, wo hier in Deutschland viele Leute mit dem roten Buch herumliefen, das in die Höhe hielten, das man als Mao-Bibel bezeichnete, obwohl es ja gar nicht authentisch und vollumfänglich von Mao stammte.

    Schmidt: Die jungen Leute, die mit der Mao-Bibel rumliefen, hielten sich für Maoisten, aber sie hatten keine Ahnung von Mao. Aber lassen wir die jungen Leute beiseite, die haben inzwischen meistens ja ihren Irrtum eingesehen.

    Detjen: Sie sind älter geworden!

    Schmidt: Manchmal wird man im Laufe des Alters doch noch ein bisschen klüger.

    Schmidt: Ich habe natürlich an mich selbst gedacht!

    Detjen: Lassen wir stehen!

    Schmidt: Aber unabhängig von dem Eindruck, den man gewann, hatte ich mich natürlich inzwischen seit 1971 mit China beschäftigt, mit seiner Geschichte, und mir war längst klar, was heute jedermann spüren kann: Dass China wieder zu einer Weltmacht aufsteigen würde, trotz des Unfugs dieser sogenannten Kulturrevolution, das war ganz klar.

    Detjen: Obwohl auch das amerikanische Interesse, das westliche Interesse an China sich damals ja noch ganz orientierte am Ringen in der bipolaren Weltordnung zwischen den USA und der Sowjetunion und den Bemühungen, China sozusagen als Keil noch mal in Richtung Sowjetunion einzuschieben.

    Schmidt: Nicht ganz! Nicht ganz so! Denn immerhin war die amerikanische Regierung – das war damals der Präsident Nixon und sein Sicherheitsberater Henry Kissinger. Diese beiden Personen haben ja seit 1972 versucht, irgendeine Form von Beziehung zwischen den Vereinigten Staaten und der damaligen Volksrepublik China herzustellen, was man zum Beispiel daran erkennen kann, dass Kissinger 1972 – auch Nixon 1972 – nach China gereist sind, und sie haben dann einen Mann in China hinterlassen, der später sogar Präsident wurde, das war George Bush, der Vater. Er war der persönliche Botschafter des amerikanischen Präsidenten; eine offizielle diplomatische Beziehung konnten sie nicht errichten, weil der Kongress in Washington das nicht wollte. Gleichzeitig war etwas Seltsames passiert: Nämlich die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat 1972 die Vertretung des Staates China den Taiwanesen weggenommen und hat sie den Leuten in Peking gegeben. Dies war nicht mit Begeisterung der USA, das konnten sie aber nicht mehr verhindern. Die USA selber haben dann erst 1979 die diplomatischen Beziehungen aufgenommen, inzwischen war der amerikanischen Führung klar geworden, dass es keine gemeinsame Front zwischen den Chinesen und den Sowjets gegenüber Amerika geben würde. Das hatten sie inzwischen begriffen.

    Detjen: Herr Schmidt, Sie haben in den folgenden drei Jahrzehnten alle bedeutenden chinesischen Staatsführer und viele andere wichtige Figuren kennengelernt: Mao Zedong, Deng Xiaoping, Jiang Zemin, Zhu Rongji – welche von diesem Figuren hat Sie besonders interessiert, welche von den Figuren hat ihr China-Bild besonders geprägt?

    Schmidt: Besonders imponiert – nicht nur damals, sondern auch bis auf den heutigen Tag – hat mir Deng Xiaoping, der in meinen Augen wahrscheinlich in die Geschichte eingehen wird, als der erfolgreichste Kommunist aller Zeiten. Denn er war derjenige, der China geistig und politisch geöffnet hat – und ökonomisch! –, geöffnet hat gegenüber dem Rest der Welt, in diesem Falle insbesondere gegenüber dem Westen. Ohne Deng Xiaoping wäre der gegenwärtige Aufstieg Chinas wahrscheinlich nicht zustande gekommen.

    Japans Bedeutung, die gelbe Gefahr und Asien als Kulturgröße

    Schmidt: "Genau so wie der Aufstieg Japans zu einer Wirtschaftsweltmacht, ähnlich wird es im Falle Chinas sein!"

    Detjen: Sie hatten in dieser Zeit schon intensive Beziehungen zu Japan. Japan spielte eine ganz andere Rolle, war schon eine wichtige, aufstrebende Wirtschaftsmacht, 1970 hat die Volkswirtschaft Japans die Größe der Bundesrepublik erreicht. Sie haben sich ganz maßgeblich dafür eingesetzt, dass Japan in den Kreis der mächtigsten Wirtschaftsnationen der Welt aufgenommen wurde. Die Gruppe der G5 wurde dann dadurch zur G6-Gruppe. Welche Rolle hat Japan damals für Sie gespielt? Wie haben Sie Japan damals wahrgenommen?

    Schmidt: Auch hier spielt die Geschichte eine große Rolle: Ähnlich wie China war während des ganzen 19. Jahrhunderts Japan abgeschlossen gegenüber dem Rest der Welt. Dann hat es unter dem militärischen Druck, genauer gesagt, unter dem Druck der amerikanischen Marine, in Japan einen Umsturz gegeben, die sogenannte Meiji-Restauration. Das heißt, der Kaiser Meiji wurde wieder der Chef der Regierung. Bis dahin war es der Shogun gewesen. Das ist ungefähr 1865. Und das führt dazu, dass Japan sich öffnet für westliche Gedanken und für westliche Technologie, sodass innerhalb dieser zwei Generationen von 1865 bis 1914 Japan beinahe die gesamte technische Entwicklung des Westens nachholt, imitiert, auch zum Teil klaut und nachmacht, ohne dass deswegen die Europäer in ihrem Lebensstandard gelitten hätten. Im Gegenteil: Wir haben in der gleichen Zeit den Sozialstaat erfunden und ins Werk gesetzt! Und das ist gleichzeitig nun auch ein Gleichnis für den Umgang mit China. Genauso wie der Aufstieg Japans aus dem Nichts heraus zu einer Wirtschaftsweltmacht – es ist heute die drittgrößte Wirtschaftsmacht der Welt, vielleicht noch die zweitgrößte! –, ähnlich wird es im Falle Chinas sein. China wird ökonomisch aufsteigen, ohne dass das notwendigerweise für uns zu Einbußen führt. Immer vorausgesetzt, dass wir in der Zwischenzeit nicht stillstehen bleiben, sondern dass unsere Wissenschaft, dass unsere Techniker, unsere Ingenieure weiterhin neue Dinge erfinden und neue Produkte herstellen – und sie auch verkaufen!

    Detjen: Vor 30 Jahren, da wurde – das war 1980 –, da wurde Japan der größte Autobauer der Welt, überholte die USA und Deutschland in der Rolle, da sprach man von der Gelben Gefahr. Lassen Sie mich eine Szene aus der Gegenwart, aus dem akademisch-urbanen Milieu in Berlin, schildern. Da erzählt eine Mutter, dass ihr vierjähriges Kind im Kindergarten jetzt Mandarin lernt. Frage an die Mutter: Warum? Antwort: Weil die Chinesen kommen. Hat die Frau recht?

    Schmidt: Nein, die hat nicht recht. Trotzdem ist es ganz witzig, wenn einige Deutsche Mandarin lernen, das ist ganz nützlich. Denn es wird dringend notwendig sein, dass die Deutschen sich mit der insgesamt 4000 Jahre alten chinesischen Zivilisation vertraut machen. Das fehlt ja im Westen fast vollständig. Sowohl in Europa als auch in Nordamerika gibt es relativ wenig Leute, die eine Ahnung von der Tatsache haben, dass zum Beispiel die chinesischen Schriftzeichen 3000, mehr als 3000 Jahre alt sind, und dass die Chinesen Bücher gedruckt haben lange vor Gutenberg, und dass sie Schießpulver hatten und Kanonen und Raketen! Das fehlt alles hier. Wir haben zwar den Namen von Konfuzius irgendwann mal gehört, oder den Namen gehört von Laotse, wir haben vielleicht den Namen des großen Lyrikers Li Tai Po gehört, oder sogar in deutscher Übersetzung gelesen – aber das ist alles, was wir wissen. Deswegen finde ich das ganz gut, wenn eine Mutter dafür sorgt, dass ihr Kind chinesisch lernt. Aber bitte nicht als Muttersprache, sondern als zweite Sprache!

    Deutschlandfunk, das "Zeitzeugengespräch". Heute mit Bundeskanzler a. D. Helmut Schmidt. China und die Problematik der Menschenrechte.

    Detjen: Sorge der chinesischen Führung ist ja zurzeit, dass die Freiheits- und Demokratiebewegung aus der arabischen Welt nach China rüberschwappt. Es hat in China Protestaktionen gegeben, es hat im Internet über soziale Netzwerke Mobilisierungen gegeben, die chinesische Staats- und Parteiführung hat nervös reagiert mit Aufmärschen von Polizei und Militär vor den arabischen Botschaften – also, das ist ja die Frage, wie lang es China gelingen kann, so etwas wie die Arabellion, wie wir sie in den arabischen Ländern erleben, in China durch einen anhaltenden Wachstumsprozess zu vermeiden oder zu unterdrücken.

    Schmidt: Das Rechtsstaatsproblem ist auch der chinesischen Führung völlig bewusst, und da arbeiten sie dran. Sie haben ja nun inzwischen Zigtausende von Juristen ausgebildet. Zurzeit von Mao Zedong hat es in ganz China keinen einzigen Rechtsanwalt gegeben! Und dann haben sie Gerichte eingerichtet, aber sie hatten keine jungen Leute, die diesen Beruf eines Juristen gelernt hatten. Also wurden als Richter eingesetzt Leute, die gewohnt waren, Entscheidungen zu treffen. Das heißt, Offiziere der Volksarmee. Also, das Rechtsstaatsproblem – da bin ich völlig Ihrer Meinung! – ist akut und drängend, aber es ist auch der Führung bewusst, und sie arbeitet dran, das ist etwas anderes als das Demokratieproblem!

    Detjen: Aber dahinter steht doch die Frage der individuellen Freiheitsrechte, die auch etwa in dem, was wir erleben im deutsch-chinesischen Rechtsstaatsdialog, der seit mehreren Jahren vorangetrieben wird, immer wieder aufgeworfen wird. Am Ende geht es doch um die Frage der individuellen Freiheitsrechte, der Einmaligkeit des Individuums! Das ist eine westlich-europäische Tradition, die verbunden ist mit der Idee der universellen Geltung von Menschenrechten, die sich permanent und immer wieder an dem reibt, was wir in der chinesischen Staatsführung erleben!

    Schmidt: Ich würde das nicht allzu stark unterstreichen wollen. Zunächst einmal wollen Sie sich bitte daran erinnern, dass es weder in der christlichen Bibel, noch im islamischen Koran Rechte des Individuums gibt! EsS gibt nur Pflichten und Gebote und Verbote! Aber keine Rechte! Es ist eine Entwicklung – Sie haben Recht! – der Europäer und der Nordamerikaner seit der sogenannten Aufklärung, seit Beginn des 17. Jahrhunderts. Aber immerhin: Es ist ein europäisch-nordamerikanisches Konzept, es ist kein Konzept, das aus dem Christentum hervorgegangen ist, es ist kein Konzept, das aus dem Islam hervorgegangen ist, auch nicht aus dem Buddhismus, auch nicht aus dem Konfuzianismus, auch nicht aus dem Hinduismus! Sondern es ist aus der europäischen Aufklärung im Kampf gegen die Kirche, im Kampf gegen den Papst – der hat noch Galilei verurteilt, weil er etwas lehrte, was die Kirche nicht wahrhaben wollte! Er hat außerdem beinahe recht gehabt, nicht ganz. Aber nur zu glauben, weil wir Europäer von diesem Konzept überzeugt sind – ich bin davon überzeugt! Ich bin bereit, dafür auf die Barrikade zu gehen, wenn es in meinem eigenen Lande gefährdet würde, aber ich bin absolut dagegen, mit militärischer Gewalt oder mit Druck oder politischem Druck meine Vorstellung von Menschenrechten anderen Völkern mit Zwang zu oktroyieren!

    Detjen: Das ist doch die Entwicklung, die wir in den letzten 50 Jahren in den Vereinten Nationen, in den Institutionen der Vereinten Nationen, in der Menschenrechtscharta, in Institutionen wie dem Menschenrechtsgerichtshof und einer Justiz der Vereinten Nationen, erlebt haben, dass es individuelle Freiheitsrechte gibt, die es einem Land eben verbieten, zwei Tage nachdem der deutsche Bundesaußenminister in Peking eine Ausstellung über die Kunst der Aufklärung eröffnet, einen der bedeutendsten chinesischen Künstler zu verhaften und spurlos zu verschleppen und versteckt zu halten!

    Schmidt: Ich würde ein bisschen vorsichtiger sein. Der Menschenrechtsgerichtshof beispielsweise gilt nicht für die Vereinigten Staaten von Amerika. Und die von Ihnen sogenannte Menschenrechtscharta ist keine Charta, sondern eine Entschließung der Vereinten Nationen ohne zwingende Rechtsvorschriften! Sie müssen ein bisschen vorsichtiger sein in der Verwendung von Zeitungsüberschriften.

    Detjen: Lassen Sie mich doch mal an den Punkt kommen, wo der Austausch und der Dialog schwierig wird. Sie sind im Mai 1990 als Privatmann nach China gereist, als in Deutschland die friedliche Revolution gerade abgeschlossen war, als China in der internationalen Isolation war, weil ein knappes Jahr vorher die Protestbewegung auf dem Tian'anmen-Platz niedergeschlagen worden ist. Sie haben diese Reise verteidigt gegen die Kritik, haben Ihre Kritiker scharf kritisiert. Was war für Sie der Gewinn der Gespräche, die Sie in der Situation dort geführt haben, als andere westliche Staatsmänner von Ihrem Format mit den Chinesen nicht gesprochen haben?

    Schmidt: Ich bin eigentlich nicht hingefahren, um etwas zu gewinnen, sondern ich bin hingefahren aus Neugierde, weil ich wissen wollte, was wirklich passiert war am Tian'anmen-Platz. Und ich habe zu dem Zweck natürlich nicht nur Deng Xiaoping besucht, sondern ich habe auch den englischen Botschafter in Peking befragt. Ich habe den amerikanischen Botschafter gefragt, ich habe den französischen Botschafter, natürlich auch den deutschen Botschafter gefragt! Ich habe mir ein Bild gemacht, versucht, ein Bild zu machen, und habe das Bild mit nach Hause gebracht und anderen Leuten berichtet – und habe die Gefahr erkannt, die darin lag, dass der Westen versuchte, mehr oder minder einhellig, die Chinesen in Acht und Bann zu tun. Das hat dann dazu geführt, dass eine Altherren-Vereinbarung von einem Altherren-Verein von ehemaligen Regierungschefs – diesmal unter Einschluss von Henry Kissinger, ich war damals der Vorsitzende dieses Vereins –, dass dieser Verein gemeinsam einen Besuch machte – wir haben uns selbst eingeladen! – nach Schanghai, und Jiang Zemin, der damalige Chef der kommunistischen Partei, lud uns dann voller Freude ein zu einem großen Essen nach Peking. Und auf diese Weise hat dann der Westen langsam gelernt, China, den diplomatischen Verkehr mit China in normalen Bahnen zu halten.

    Asien, USA, Deutschland und Europa. Absehbare Veränderungen, Zukunftsprobleme.

    Schmidt: "Das deutsche Volk wird quantitativ abnehmen und zugleich älter sein im Durchschnitt als bisher."

    Detjen: Wie groß ist die Gefahr, dass die wirtschaftliche Entwicklung, dass die wirtschaftliche Dynamik im asiatischen Raum durch kriegerische Konflikte noch mal gebremst wird? Konfliktherde gibt es genügend: Taiwan, gerade im Chinesischen Meer, Manöver der chinesischen Flotte im Zusammenhang mit Territorialstreitigkeiten mit Vietnam, wir erleben jeden Tag die Spannungen zwischen Indien und Pakistan um Kaschmir – also, da gibt es hochexplosive Konfliktherde, von denen wir nicht wissen, welche Gefahren von denen ausgehen. Wir haben ja immer wieder die Parallele gezogen zwischen dem wirtschaftlichen Aufschwung, dem Aufstieg Deutschlands und Europas nach dem Zweiten Weltkrieg und das institutionelle, politische Geflecht in der Europäischen Union, in Bündnissen, in der NATO war ja eine Voraussetzung, zumindest in unserer Geschichtserzählung, dafür, dass wir diesen Wohlstandsprozess gehen konnten. Das ist in Asien ja in der Tat schwach ausgeprägt. Es gibt da das ASIAN-Bündnis, die APEC-Organisation – muss Asien da noch ganz neue Strukturen entwickeln, um den wirtschaftlichen Prozess, der ja der Prozess einer ganzen asiatisch-pazifischen Region ist, um diesen Prozess dauerhaft zu sichern?

    Schmidt: Was heißt dauerhaft? Reden wir hier von den nächsten zehn Jahren, oder reden wir von der Mitte dieses 21. Jahrhunderts – oder reden wir von seinem Ende?

    Detjen: Es gibt da immer so eine Marke, die dann genannt wird – 2035, 2040, als das Jahr, in dem China bei einer anhaltenden Entwicklung, wie wir sie im Moment erleben, die größte Volkswirtschaft der Welt werden kann. Nehmen wir mal diesen Zeitraum!

    Schmidt: Das kann durchaus sein, ich würde es nicht ganz so früh erwarten, aber es kann sein, dass es die größte Volkswirtschaft der Welt sein wird. Das heißt aber nicht, dass alle Chinesen den höchsten Lebensstandard haben. Das Sozialprodukt für pro-Kopf wird auch am Ende dieses Jahrhunderts in China wesentlich niedriger sein als in Europa oder in Nordamerika. Aber die Mitte des Jahrhunderts, von der Sie eben sprechen, sagen wir, das Jahr 2050, führt auch im Westen – insbesondere in Amerika – zu tief greifenden Veränderungen. In der Mitte dieses Jahrhunderts – heute in 40 Jahren – werden die Afro-Americans und die Latinos zusammen die Mehrheit der amerikanischen Wähler darstellen. Und das sind alles Vertreter sozialer Unterschichten. Das wird dazu führen, dass Sozialpolitik, soziale Versicherungen, Krankenversicherungen, Altersversicherungen, Arbeitslosenversicherungen, Zugang zu höheren Schulen, Zugang zu erstklassigen Universitäten, dass das alles, Innenpolitik, eine viel größere Rolle spielen wird als zurzeit im amerikanischen Kongress, und dass infolge dessen die Außenpolitik, die Ordnung für die ganze Welt – zum Beispiel die Ordnung im Pazifischen Ozean oder im Ostchinesischen Meer oder im Südchinesischen Meer, da sind überall amerikanische Kriegsschiffe heute –, ob das dann weiterhin eine so große Rolle im Bewusstsein der amerikanischen Politik spielen wird, habe ich ganz große Zweifel – ganz große Zweifel! Es kommt noch hinzu, dass auch die Europäer ja mit gewaltigen Veränderungen rechnen müssen. Wir überaltern hier – man sieht es an mir am Besten! –, ich bin im 93. Lebensjahr. Meine Güte noch mal, wir werden immer älter und es wachsen immer weniger junge Leute nach! Und natürlich wird eines Tages man nicht mit 62 Jahren in Rente gehen können, denn wer soll die Rente finanzieren? Natürlich werden wir länger arbeiten müssen! Und außerdem schrumpfen wir, weil wir nicht so viele Kinder kriegen, wie das früher der Fall war. Im Jahre 1961, 1962 hatten wir pro Frau 2,3 Geburten. Heute sind wir abgesunken auf 1,4 Geburten im Leben einer durchschnittlichen Frau in Deutschland. Das heißt, das deutsche Volk wird quantitativ abnehmen und zugleich älter sein im Durchschnitt als bisher. Das kann einerseits zu mehr Weisheit im deutschen Volk führen, aber andererseits wird es sicherlich zu einem Verlust an Vitalität führen. Das heißt, von wegen Dauer: Wenn man mal ein bisschen in die Zukunft guckt – nicht nur drei Jahre oder fünf, sondern 40 oder 50, oder bis ans Ende dieses 21. Jahrhunderts –, dann werden sämtliche Europäer zusammen weniger als fünf Prozent der Weltbevölkerung ausmachen. Und China und Indien zusammen werden ein Drittel der Weltbevölkerung ausmachen! Das sind gewaltige Verschiebungen, die uns bevorstehen! Und da nun überall zu sagen, das ist alles nicht so wichtig, viel wichtiger ist, dass die Chinesen endlich Demokratie einführen, das kommt mir ziemlich komisch vor.

    Detjen: Was bedeutet das und welche Handlungsoptionen ergibt das für die europäische, für die deutsche Politik in ihrem Verhältnis zu Amerika? Die sich verändernde Orientierung der amerikanischen Politik ist ja in der Biografie des jetzigen Präsidenten schon ganz greifbar geworden mit seinem Hintergrund. Wir haben jetzt erlebt, wie er Angela Merkel empfangen hat mit allergrößten Ehren und trotzdem hatte man schon fast das Gefühl: Das ist eine Selbstbestätigung einer Freundschaft, eines Bündnisses, die doch schon sehr auf die Vergangenheit sich bezieht. Und die Zukunft wird ganz andere Verhältnisse, ganz andere Orientierungen – auch im transatlantischen Verhältnis – mit sich bringen. Wie sollte die deutsche – gerade die deutsche Politik – darauf reagieren, Herr Schmidt?

    Schmidt: Die deutsche Politik muss nicht auf Amerika reagieren. Die deutsche Politik hat zu tun damit, dass Deutschland umgeben ist von neun unmittelbaren Nachbarn: die Polen, die Tschechen, die Österreicher, die Schweizer, die Franzosen, die Belgier, die Luxemburger, die Holländer, die Dänen. Und ich habe noch gar nicht die Russen mitgezählt, und die Engländer nicht mitgezählt! Und ich habe noch nicht die Schweden und Gustav Adolf im Dreißigjährigen Krieg mitgezählt, habe die Italiener noch nicht mitgezählt und die vielen Züge, militärischen Züge deutscher Kaiser nach Italien! Das heißt, wir haben in unserem eigenen Kontinent dafür zu sorgen, dass jedenfalls von uns keine Spannungen und keine Kriege mehr ausgehen! Das ist eine gewaltige Aufgabe! Eine gewaltige Aufgabe; Und dafür ist Amerika und ebenso China und ebenso Indien in Wirklichkeit weit weg, sehr weit weg. Aber die Polen sind unmittelbar dicht bei. Und die Dänen sind unmittelbar dicht bei. Und es gibt keines unserer Nachbarvölker, in denen die Erinnerung an Auschwitz und an den Holocaust verblasst wäre!

    Die europäische Finanz- und Wirtschaftslage – bleibt der Euro stabil?

    Schmidt: "Da gibt es überhaupt keinen Grund, von einer Krise des Euro zu reden!"

    Detjen: Ich würde am Schluss gerne, Herr Schmidt, noch mal eine ganz europäische Frage ansprechen, nämlich die Frage des Euros, der in der Krise steckt. Die Bedeutung der internationalen Währung wird längst auch von China mitgesteuert, das auf den größten Dollar-Reserven der Welt sitzt. Der Wert des Dollars hängt ganz maßgeblich davon ab, wie China mit seinen großen Schätzen an US-Dollar umgeht. Wie sehen Sie die weitere Entwicklung des Euros – auch vor dem Hintergrund der asiatischen Entwicklung, etwa auch vor dem Hintergrund der Entwicklungen in Japan? Japan ist einer der größten Kapitalexporteure gewesen, hat großen Teil der portugiesischen und spanischen Staatsanleihen aufgekauft, braucht jetzt eigenes Kapital. Das kann nicht ohne Wirkung auf den Euro und das internationale Währungsgefüge bleiben.

    Schmidt: Ich kann Ihre Bemerkung nicht teilen, dass der Euro in einer Krise sei. Was wir tatsächlich haben, ist eine Krise des Haushalts des Staates Griechenland und nicht ganz so schlimme Krisen des Haushalts in Irland, in Portugal, möglicherweise auch noch anderswo. Der Euro als Währung ist in den letzten zehn Jahren stabiler gewesen als vorher die letzten zehn Jahre die D-Mark! Das gilt in beiderlei Hinsicht: Es gilt sowohl für die Inflationsraten oder die Preissteigerung innerhalb des Euroraums – die sind geringer gewesen als die letzten zehn Jahre D-Mark –, es gilt zweitens ebenso für den Wechselkurs des Euro, der war stabiler in den letzten zehn Jahren als die vorhergehenden letzten zehn Jahre die D-Mark stabil gewesen ist. Da gibt es überhaupt keinen Grund, von einer Krise des Euro zu reden. Wohl aber gibt es eine Krise der europäischen Instanzen, der Ministerräte, des europäischen Parlaments und der 27-köpfigen Kommission in Brüssel, die allesamt am laufenden Bande Konferenzen zustande bringen mit halbfertigen Beschlüssen, die dann ein halbes Jahr später ergänzt oder verworfen werden müssen. Da liegt eine Krise, das ist wahr. Aber der Euro ist völlig ungefährdet. Ich bin ganz sicher, dass wir im Laufe der nächsten zehn, 20 Jahre erleben werden, dass es ein Dreieck geben wird von weltbedeutenden Währungen: den amerikanischen Dollar, den europäischen Euro und den chinesischen Renminbi.

    Detjen: Das sind ja die Überlegungen, die gerade der Chef der chinesischen Zentralbank schon laut anstellt: den Dollar als Leitwährung abzulösen. Was passiert, wenn die Chinesen anfangen, ihre Dollar-Reserven zu verkaufen, auf den Markt zu bringen?

    Schmidt: Es sieht nicht danach aus, dass sie das tun werden. Wohl aber kaufen sie mit Hilfe von amerikanischen Dollars, die ihnen gehören, sich Rohstoffquellen ein – sowohl in Zentralasien als auch in Schwarzafrika als auch in Lateinamerika. Das heißt, sie tun dasselbe, was die Engländer, die Franzosen, die Holländer, die Deutschen, die europäischen Kolonialmächte 100 Jahre vorher getan haben.

    Detjen: Das sind, meine Damen und Herren – damit haben wir einen Bogen geschlagen – die wechselnden Konstellationen – nicht Ordnungen! –, die wir auf allen Feldern des Lebens in einem globalen Maßstab erleben, und die besonders von Asien geprägt werden. Wir hatten über sich wandelnde politische Konstellationen, über wirtschaftliche Dynamiken, über kulturelle Verständnisse, Menschenrechte gesprochen, am Ende über unser Geld. Es war ein interessantes Gespräch, ein anregendes Gespräch. Herr Schmidt, ich danke Ihnen dafür, dass Sie sich die Zeit bei uns genommen haben, dass sie nach Berlin gekommen sind, zu uns hier in das Allianzforum in Berlin, zur Körber-Stiftung, zum Deutschlandfunk, danke Ihnen hier, im Auditorium, danke unseren Hörerinnen und Hörern für Ihre Aufmerksamkeit, und wünsche Ihnen noch einen schönen Abend!

    In unserer Reihe "Zeitzeugen" hörten Sie Stefan Detjen im Gespräch mit Bundeskanzler a. D. Helmut Schmidt.