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Nach Olympia 2018 in Pyeongchang
Weit entfernt vom Mekka des Wintersports

Vor einem Jahr begannen im südkoreanischen Pyeongchang die Olympischen Winterspiele. Jetzt sind viele Olympia-Anlagen bereits wieder abgerissen und Städte wirken wie ausgestorben. Auch diese Spiele haben gezeigt, wie mühsam es ist, die Begeisterung für einen Ort aufrecht zu erhalten.

Von Kathrin Erdmann | 09.02.2019
    Bei der Schlussfeier im Olympiastadion von Pyeongchang präsentieren Tänzer und Künstler das Showprogramm. Zu sehen sind bunte, kreisförmige Lichtprojektionen.
    Viele Olympia-Anlagen wurden bereits wieder abgerissen. (Michael Kappeler/dpa)
    Wintersportland Südkorea - das sollte es durch die Olympischen Spiele werden. Doch in dem Skigebiet Yongpyong, das zu Pyeongchang gehört, tummeln sich selbst jetzt bei schönstem Sonnenschein kaum Besucher. Shin Dal-Soon ist hier Geschäftsführer.
    "Wenn wir hier kein Nachtleben etablieren, keine Jugendkultur und auch keine Ski-Kultur, die nicht nach ein paar Tagen langweilig wird, dann hilft auch die Ausrichtung von Olympischen Spielen nicht."
    Erste Olympia-Anlagen bereits abgerissen
    Doch genau das wurde bisher versäumt. Das stellt auch diese Touristin fest. Sie ist aus der Hafenstadt Busan zum Skifahren hergekommen.
    "Viele Olympia-Anlagen wurden wieder abgerissen. Atmosphäre ist da nicht mehr übrig. Anderswo sind die Spiele Teil der Geschichte eines Landes, aber hier ist alles verschwunden. Die Stadt wirkt wie ausgestorben."
    Schon abends um halb zehn sei alles geschlossen, beklagt sie sich. So wurde beispielsweise das Olympiastadion abgerissen. Das 60 Millionen Euro teure Gebäude war aber auch, das kann man gut finden oder nicht, zur Einmalnutzung gedacht.
    Dass die Hauptattraktion weg ist, merkt auch Skiverleiher Jang Dong-ik. Der Parkplatz vor seinem Laden ist – trotz Hochsaison – fast leer, seine Regale hingegen voll.
    "Ich würde sagen, das Geschäft ist um 90 Prozent zurückgegangen. Die Wirtschaft läuft nicht, und da drüben wird alles abgerissen. Naja, und dann kommt man hierher, und man kann sich nichts angucken."
    Keine Nachnutzungskonzepte
    Etwa zwölf Milliarden Euro Steuergelder sind die Sportstätten und die Infrastruktur geflossen. So gibt es jetzt einen Schnellzug von der Hauptstadt Seoul in die strukturschwache Region. Viele Gebäude sind derweil noch recht gut in Schuss, werden gepflegt wie die Eisschnelllauf- und die Eishockeyarena. Doch oft fehlt ein Nachnutzungskonzept. Lee Hee-beom, Präsident des Organisationskomitees bemüht sich um Optimismus:
    "Das asiatische Zeitalter Olympias hat begonnen und Pyeongchang war Pionier. Regierung, Provinz und das IOC haben eine Stiftung gegründet, Pyeongchang wird sich in Zukunft zu einem Mekka des Wintersports entwickeln."
    Immerhin: Im Zentrum Bob- und Rodelsportler soll ab Herbst wieder trainiert werden.
    Prosteste gegen Wiederaufforstung
    Ein geradezu bizarrer Streit spielt sich derweil an der abgelegenen Skirennpiste in Jeongson ab.
    Hunderte Anwohner protestieren wollen keine Wiederaufforstung, sondern die Piste und die Seilbahn behalten – damit Touristen weiterkommen. Doch die Wiederaufforstung ist vertraglich festgelegt.
    Und gilt, sagt Bae Je-sun von der Naturschutzorganisation "Green Korea": "Ich hasse die Leute nicht. Es liegt an der nationalen Regierung. Sie hätte andere Orte für die Abfahrt finden müssen. Es gab sie. Oder überlegen, welche Regionen vielleicht besser geeignet sind für Olympia."
    Ein Jahr nach den Olympischen Spielen in Pyeonchang ist also alles wie an vielen anderen ehemaligen Austragungsorten. Die Begeisterung für einen Ort aufrecht zu erhalten ist mühsam.