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Nach Spielen in Wembley
Fußball-EM triggert Covid-Fälle in Großbritannien

Vor allem unter schottischen Fans hat es nach dem Besuch des Spiels ihrer Mannschaft im und rund ums Wembley-Stadion hunderte Corona-Neuinfektionen gegeben, insgesamt werden 2.000 Fälle von Covid-19 mit der Partie England-Schottland in Verbindung gebracht. Die britische Regierung will dennoch für die letzten drei Spiele noch viel mehr Menschen ins Stadion lassen.

Von Christine Heuer | 01.07.2021
Das Foto zeigt das Wembley-Stadion in London vor dem Gruppenspiel England gegen Schottland bei der EM 2021.
Nach der Partie England-Schottland waren 400 Menschen, die zuvor im Wembley-Stadion gewesen waren, Corona-positiv. (dpa-Bildfunk / EPA / Facundo Arrizabalaga)
Fast 2.000 Covid-Fälle in Schottland sind nach Angaben der dortigen Gesundheitsbehörde auf die Fußball-Europameisterschaft zurückzuführen. Zwei Drittel von ihnen sind Fans, die für das Spiel Schottland gegen England Mitte Juni nach London gereist waren. 400 davon waren im Wembley-Stadion dabei, der Rest sind Schotten, die derweil ausgelassen in der Londoner Innenstadt feierten. Ohne Maske und Abstand.

"Leicester Square war der Spreader"

Einer von ihnen, der 21-jährige Michael MacLean, sagte hinterher: "Leicester Square war der Spreader, würde ich sagen." Der Zusammenhang ist evident: Drei Viertel der Infizierten waren zwischen 20 und 39 Jahre alt, neun von zehn waren Männer. Typische Fußball-Fans also.
"Ist die EM Eat out to help out auf Steroiden?" fragt rhetorisch ein Pandemieberater der Regierung. Eat out to help out: So hieß das Rabatt-Programm der Regierung, das letzten Sommer Gäste in Pubs und Restaurants lockte, es war der Beginn der zweiten Welle in Großbritannien. Damals reagierte man, wenn auch spät, mit Lockdowns. Jetzt ist die Regierung auf dem Sprung, alle Beschränkungen aufzuheben. Trotz der dramatisch steigenden

In Schottland haben sich an einem Tag so viele Menschen mit dem Coronavirus infiziert wie nie

Zahlen. Mehr als 26.000 Neu-Infektionen wurden allein gestern gemeldet, fast 4.000 davon in Schottland – der höchste Wert dort seit Beginn der Pandemie. Doch an der Entscheidung, für die letzten Spiele nun sogar 60.000 Menschen ins Stadion zu lassen, hält die Regierung eisern fest. Wirtschaftsminister Kwasi Kwarteng heute Morgen:
"Unbedingt. – Der Schlüssel, um mit dem Corona-Virus umzugehen, ist die Impfung. Ich rate jedem noch nicht oder erst einmal Geimpften, sich rasch impfen zu lassen. Das gewährt uns den Schutz, den wir brauchen, um dieses schreckliche Virus zu schlagen."

Neue Losung "Mit dem Virus leben lernen"

Downing Street pocht darauf, dass trotz hoher Fallzahlen vergleichsweise wenige Infizierte ins Krankenhaus müssen oder sterben. Aus Sicht der Regierung ist damit das wichtigste Corona-Problem gelöst. Deshalb rüttelt sie nicht an vollen Fußballstadien. Deshalb fallen im Königreich Mitte Juli alle Beschränkungen. Wie es aussieht, inklusive Masken- und Abstandspflicht. Auch Auslandsreisen sollen erleichtert werden. Londons neue Losung lautet: "Mit dem Virus leben lernen!" Fast schon überraschend lehnt die Regierung die Forderung von Tory-Hardlinern ab, bald auch keine Daten mehr zur Pandemie-Entwicklung im Land zu veröffentlichen. Vielleicht kommt das noch.