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Nachahmen überwindet Artengrenzen

Verhaltensforschung. - Unter Menschen vertieft imitierendes Verhalten die Freundschaft, solange es zu zu deutlich wird. Eine deutsche Forscherin, die am Institut für Primatenforschung der US-Gesundheitsbehörde arbeitet, berichtet jetzt in "Science", dass das auch für die Beziehung zwischen Mensch und Affe gilt. Annika Paukner erklärt ihre Ergebnisse im Gespräch mit Ralf Krauter.

    Krauter: Frau Paukner, welche Gesten der Affen haben denn die Menschen nachgeahmt?

    Paukner: Wir haben den Affen einen kleinen Plastikball gegeben, der hatte Löcher und da haben wir etwas Futter rein gemacht. Und da haben sich die Affen natürlich sehr für den Ball interessiert und versucht das Futter herauszuholen. Und wir haben gesehen, dass sie drei verschiedene Aktionen machen. Und zwar einmal haben sie versucht direkt darauf zu beißen, einmal haben sie versucht, so mit den Fingern durch die Löcher das herauszuziehen. Und zum letzten haben sie den Ball genommen und einfach mal auf den Boden gehauen, und dann geguckt, ob vielleicht etwas ausgefallen ist. Und das sind dann halt diese drei Bewegungen, die die Menschen direkt imitiert haben.

    Krauter: Herauskam bei Ihrem Experiment, dass die Äffchen jene Menschen, die sie direkt imitiert haben, lieber mögen. An welche Beobachtungen haben Sie dieses freundschaftliche Verhalten der Tiere dingfest gemacht?

    Paukner: Wir haben zwei verschiedene Experimente da gemacht. Im ersten Experiment haben wir den Affen einfach Freiraum gegeben, und sie konnten sich aussuchen, wo sie einfach Zeit verbringen wollen. Entweder vor dem Menschen, der sie imitiert hat, oder dem anderen Menschen, der sie nicht imitiert hat. Und Affen sind wie die Menschen, die verbringen gern Zeit mit ihren Freunden oder anderen, die sie auch mögen. Und wir haben halt gesehen, dass der Affe lieber bei dem Menschen war, der ihn imitiert hat. Und im zweiten Experiment hatten wir eine Tauschaufgabe, und zwar haben wir dem Affen ein kleines Metallplättchen gegeben. Und wenn man dann die Hand aufhält, dann gibt einem der Affe das Metallplättchen zurück, wieder im Austausch für ein kleines Stückchen Futter. Und dann haben wir einfach beiden Menschen das gleiche Futter gegeben. Und der Affe hatte das kleine Metallplättchen und er konnte sich aussuchen, wem wollte er das Metallplättchen wieder zurückgeben. Und er ist lieber auch zu dem Menschen gegangen, der ihn imitiert hat.

    Krauter: Also Imitation hilft eine Brücke der Freundschaft, wenn man das so nennen darf, zu bauen. Könnte es den Kapuzineraffen nicht aber auch vielleicht einfach so gegangen sein, dass sie die Nase einiger Probanden eben sympathischer fanden als die anderer?

    Paukner: Das ist sehr kompliziert. Und zwar haben wir auch ein Experiment gemacht, wo wir die Affen dazu gebracht haben, eher einen Menschen anzugucken als den anderen. Allerdings ohne Imitation, sondern wir haben einfach einen Menschen hingestellt, der den Affen direkt angeguckt hat, und den zweiten, der sich umgedreht hat und vom Affen weggeguckt hat. Und die Affen merken, wenn man sie anguckt oder wenn man sie nicht anguckt. Und sie interessieren sich schon mehr für den, der sie mehr anguckt, allerdings in den gleichen beiden Experimenten haben wir dann gesehen, dass sie nicht den bevorzugt haben, der sie doch direkt angeguckt hat. Also es hat schon mit der Imitation selbst etwas zu tun.

    Krauter: Welche Schlussfolgerungen lassen sich aus diesen Experimenten ziehen, aus Ihrer Sicht?

    Paukner: Es ist ja schon seit längerem bekannt, dass Menschen genau das gleiche machen. Wir imitieren uns gegenseitig die ganze Zeit, ohne dass wir es eigentlich merken. Also ohne dass der Imitator das merkt oder auch die Person, die imitiert wird, es merkt. Und daher, weil wir gezeigt haben, dass es auch im Affen funktioniert, gehen wir davon aus, dass es doch eine sehr, sehr alte und für uns vorteilhafte Verhaltensweise ist. Also dass der Mensch nicht alleine ist, dass er seine sozialen Verbindungen reguliert und versucht zu verbessern, sondern dass das andere Tiere auch genauso machen.

    Krauter: Können Sie ein Beispiel dafür sagen, wo es von Menschen auch bekannt ist, dass sie sich häufig imitieren. Wie äußert sich das?

    Paukner: Das sind so ganz kleine Dinge: dass wir zum Beispiel die gleiche Position einnehmen, oder wenn ich mit jemandem spreche, der die Arme verschränkt hat, verschränkte ich vielleicht auch die Arme. Das passiert ganz unbewusst, dass bemerke ich nicht, das merkt der andere im allgemeinen auch nicht.

    Krauter: Das könnte also evolutionsgeschichtlich viel weiter zurückreichen, dieses Verhalten. Bei Menschen ist es ja nun so, dass Imitation, wenn sie zu deutlich ausfällt, ja aber auch für Irritation sorgt. Das kennt man von dem Clown auf der Straße, der einen nachmacht und dann für Belustigung sorgt. Fand sich etwas ähnliches auch im Tierreich wieder, in ihren Experimenten?

    Paukner: Bei unseren Affen, dass ist das merkwürdige, die merken zwar, dass man sie zwar imitiert. Aber die verstehen wohl nicht, dass da das Bedürfnis nach mehr ist, als sie zu imitieren. Also sie merken, da ist etwas Komisches, und der guckt dann intensiv da hin, aber ich glaube nicht, dass die das mit Spott oder als Spaß verstehen. Dass sie imitiert werden.