Archiv


Nachdenklicher Geburtstag

Das Leipziger Uni-Radio mephisto 97.6 feiert seinen 15. Geburtstag - der erste deutsche Universitätssender mit eigener UKW-Sendelizenz. Doch seit der Einführung des Bachelor-Master-Systems haben immer weniger Studierende immer weniger Zeit, sich beim Uni-Radio zu engagieren.

Von Thomas Matsche |
    "Herzlich willkommen zu unserer kleinen aber feinen Konferenz heute. Großes Thema in Leipzig: die Ärzte der Uniklinik streiken."

    13 Uhr. Thomas Otto, Redakteur vom Dienst, spricht über die geplanten Themen der einstündigen Abendsendung bei mephisto. Um ihn herum sitzen und stehen fünf Studierende, die heute Abend Nachrichten sprechen und Beiträge schreiben werden.

    "Wie hast du dir denn die Aufgabenverteilung vorgestellt. Was soll ich jetzt machen?"

    Stefanie Gerressen ist heute Moderatorin der Sendung. Ein bisschen müde sieht sie aus. Einmal in der Woche leitet sie das Morgenmagazin und ist den ganzen Tag im Sender. Radiomachen während des Studiums ist anstrengend, meint die Bachelorstudierende. Vor allem, wenn man Programmplaner bei mephisto ist.

    "Es ist der absolute Fulltime Job. Man ist jeden Tag hier und man ist nicht nur zwei drei Stunden hier, sondern eigentlich auch den kompletten Tag."

    Ein Semester lang war sie die Chefin der Morgensendung. Jetzt sitzt sie öfters hinter dem Mikrofon.

    "Mit Stefanie Gerressen – eine schönen Guten Abend"

    Maximal ein Jahr wird Stefanie Gerressen noch bei mephisto arbeiten können. Dann muss sie ihr Studium und damit auch die Arbeit bei mephisto beenden. Mehr zeitlichen Spielraum hat die Studierende Viktoria Ludwig, die den, extra für mephisto geschaffenen Hörfunkmaster studiert und damit zu einer, in einem Werbespot beworbenen, Radioelite gehört.

    "Wir sind Deutschlands Radiomacher von morgen. Komm' an die Uni Leipzig. Mach deinen Master in Hörfunk. Hier lernst du, wie es funktioniert. Theorie an der Uni, Praxis bei mephisto 97.6 ... "

    Zwei Jahre hat Viktoria Ludwig Zeit, sich intensiv beim Uni-Radio einzubringen. Leistungsnachweise bekommt sie für Hörfunkbeiträge und Klausuren. Zusätzlich wird von den Studierenden erwartet, dass sie Redaktionsleiter werden und so das Programm mitgestalten. Dieser Spagat zwischen Theorie und Praxis wird langsam zur Zerreißprobe für den Sender. Viktoria Ludwig ist nach zwei Semestern Hörfunkmaster ziemlich frustriert.

    "Ja es ist einfach schwierig, Master Hörfunk zu studieren und gleichzeitig bei mephisto sehr, sehr hohe Leistungen zu bringen. Also auf mir lastet ein sehr, sehr großer Druck. Du willst eigentlich mehr machen bei mephisto, du willst eigentlich wirklich dein Potenzial zeigen, du willst sagen: hier, ich hab schon Bachelor gemacht. Ich habe voll viel Wissen, ich kann das eigentlich alles und du kannst aber nicht machen weil du wenig Zeit hast und weil du ja noch deine Klausur schreiben musst. Du musst ja trotzdem in die Seminare gehen. Und das ist schwierig."

    Viktoria Ludwig fordert, den Hörfunk-Master zu überdenken. Den Studienplan nicht zu überfrachten und den Studierenden mehr Freiraum für andere Aktivitäten zu geben.

    Rund 130 Studierende betreiben den Sender derzeit. Doch die Fluktuation ist hoch seit der Einführung des Bachelor-Master-Systems. Die Studierenden bleiben im Schnitt ein bis zwei Jahre. Werden in kürzester Zeit in Führungspositionen geworfen. Darunter leidet auch das Programm, meint Programmdirektor Robert Ritzow.

    "In den früheren Jahren war es so, dass man vielleicht zwischen ein und X Jahren, so lange man an der Uni war, bei mephisto mitgearbeitet hat. Nun ist man vielleicht als Bachelor nur noch zwei Jahre da. Von daher hat man weniger Erfahrung im Programm. Das heißt nicht, dass die Beiträge unbedingt schlechter werden. Aber sie sind natürlich zaghafter, sie sind weniger originell, weil man als Anfänger erstmal auf Nummer sicher geht."

    Den Studierenden bleibt wenig Zeit sich auszuprobieren. Das war früher anders. Das Magisterstudium ließ sich besser mit der Arbeit bei mephisto vereinbaren. Viele Studierende blieben ihr ganzes Studium beim Sender. Zudem kamen damalige Mitarbeiter aus unterschiedlichen Studiengängen, wie zum Beispiel Geschichte, Politik und sogar Medizin. Heute sind es meist nur Medienstudierende, die den Sender führen. Anderen fehlt meist die Zeit, sich bei mephisto zu engagieren. Damit geht dem Uni-Radio ein Stück Vielfalt und ausreichender Nachwuchs verloren.

    Doch Universitäts- und Senderleitung wollen auf die Probleme reagieren. So soll im Herbst ein sogenanntes Schlüsselqualifikationsmodul angeboten werden, für das jeder Studierende zehn Leistungspunkte bekommen soll. Das heißt alle Studierende können sich ein Semester lang mit einer Sache beschäftigen, die nichts mit ihrem eigentlichen Studium zu tun hat. Auch mephisto wird ein solches Bildungsangebot machen. In der Hoffnung auch weiterhin ein niveauvolles Radio von Studierende für Leipzig zu bleiben.