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Nachhaltiges Bauen

15 Quadratmeter freie Landschaft werden in Deutschland jede Sekunde verbraucht für Siedlungszwecke und Verkehrsflächen. Das soll sich nach dem Willen des Naturschutzbundes Deutschland, kurz NABU, ändern und deshalb setzt sich die Umweltorganisation für ein nachhaltiges Bauen ein. "Living 2010" nennt der NABU sein Konzept für eine neue Siedlungspolitik, mit deren Hilfe bestehender Wohnraum sinnvoll genutzt, Gebäude umweltfreundlich umgebaut oder saniert werden sollen.

Von Anna Florenske |
    Dass die Pläne vom NABU keine Utopie sind, dafür gibt es bereits einige Anschauungsobjekte, so zum Beispiel in Köln. Hier zeigt sich an einem Altbauprojekt, dass die Idee des nachhaltigen Bauens ökologisch, komfortabel und trotzdem preisgünstig sein kann.

    Köln-Bilderstöckchen, Ebernburgweg 43 bis 63, im Jahr 2000. Architektin Gudrun Langmack kann sich noch gut erinnern: Der 115 Meter lange Häuserblock stand da wie ein eintöniger grauer Klotz:

    Das wurde 1909 als Ateleriedepot errichtet und 1937 hat es die Siedlungsgesellschaft gekauft und hat es umgebaut zu Wohnungen. Und dieser Standard, der 1937 gebaut wurde, der war auch im Jahr 2000 hier noch vorzufinden. Ich war erstaunt, wie im Jahr 2000 in Köln noch Mieter leben.

    Toiletten in den Wohnungen, Gemeinschaftsbadezimmer mit kohlebefeuerten Badeöfen im Keller. In den 69 Mietwohnungen der Siedlungsgesellschaft "Am Bilderstöckchen" wurde überwiegend mit Kohle geheizt, aber auch mit Öl oder energiefressendem Nachtspeicher. Die Miete allerdings war für Köln bemerkenswert günstig: nämlich gut 2 Euro pro Quadratmeter.

    Köln-Bilderstöckchen, Ebernburgweg 43 bis 63 im Jahr 2002. Aus dem tristen Block ist eine locker gegliederte Häuserzeile in zarten Pastelltönen geworden. Gudrun Langmack kann stolz sein - denn nach ihrem Entwurf ist hier ein Altbau saniert worden, der nicht nur schön ist, sondern auch ökologisch, betont auch der Naturschutzbund Deutschlands. Zum Beispiel das Heizsystem: Die Warmwasserbereitung übernimmt zu 50 bis 60 Prozent die Solartherme, die restlichen 40 bis 50 Prozent liefert eine Holzpellet-Verbrennungsanlage. Holzpellets sind unbehandeltes Abfallholz aus dem Forst oder Sägewerken, in der Anlage werden sie umweltschonend verbrannt. In der Übergangszeit kann der Pelletofen auch die Heizung der Wohnräume übernehmen. Reicht das nicht mehr als, kommt eine moderne Gas-Brennwert-Heizung hinzu. Der Ebernburgweg ist in das Leitprojekt "50 Solarsiedlungen in Nordrhein-Westfalen" der Landesregierung aufgenommen worden.

    Dann kommt dazu, und das finde ich ganz wesentlich, dass wir hier durch die Aufstockung einen sehr großen Zugewinn an Wohnfläche haben, ohne dass wir zusätzliches Bauland beanspruchen müssen. Und die ursprüngliche Wohnfläche betrugt 3180 Quadratmeter. Und jetzt mit dieser Aufstockung 5510 Quadratmeter.

    Die Architektin hat bei der Sanierung an jede Wohnung einen geräumigen Balkon gebaut. Und zudem setzte sie ein weiteres Geschoss auf die bestehenden drei: 21 Maisonette-Wohnungen kamen so hinzu. Ebenso Badezimmer, die ja bislang in den alten Wohnungen fehlten. Weiterhin wurde die Wärmedämmung verstärkt - im Dachbereich auf 26 Zentimeter und an den Außenwänden auf 16 Zentimeter. Und neue hoch gedämmte Fenster wurden eingesetzt. Im Zusammenspiel mit einer mechanischen Wohnungslüftung wird sich so der Raumwärmebedarf stark verringern, kalkuliert Gudrun Langmack.

    Der ursprüngliche Energiebedarf, auf die Bestandswohnfläche gerechnet, betrug 278 Kilowattstunden pro Quadratmeter Wohnfläche. Und der rechnerische Wert beträgt jetzt 52, 53 Kilowattstunden. Und ich denke, dass wird auch in diesem Rahmen sein. Denn andere Projekte, die ich vergleichbar gebaut habe, da liegen die tatsächlichen Verbrauchszahlen hinterher deutlich unter diesem errechneten Werten.

    Das Gebäude erfüllt den Niedrigenergie-Standard und unterschreitet deutlich die Auflagen der Energieeinspar-Verordnung. Ein weiterer Pluspunkt des Projekts: der Erhalt der alten Bausubstanz. Denn für den Aufbau des Häuserblocks wurde ja bereits Energie benötigt, welche die Umwelt schon einmal belastet hat. Und Baussubstanz erhalten, bedeutet: Ressourcen zu schonen. Für einen Abriss hingegen hätte man zusätzliche Energie aufwenden müssen und auch für den Neuaufbau. Das sei ein Aspekt, meint Langmack, den viele Architekten und Bauherren außer Acht lassen. Denn Abreißen von alten Häusern sei meistens problemloser als Sanieren.

    Der Nutzen für die Umwelt, da habe ich mal ausgerechnet, dass wir ohne zusätzlichen Baulandverbrauch 73 Prozent mehr Wohnfläche haben. Für die Warmwasserversorgung wird nur noch der Betriebsstrom CO2 emittieren. Und trotz erhöhter Wohnfläche und nahezu verdoppelter Personenzahl, die dort wohnen werden, reduziert sich die CO2-Emmission um 700 Tonnen pro Jahr.

    Und noch etwas zeigt das Beispiel vom Ebernburgweg in Köln: Dass qualitativ hochwertige und ökologische Wohnfläche nicht teuer sein muss: Die Warmmieten liegen zwischen 5 und 7 Euro 70 je Quadratmeter - für Kölner Verhältnisse ist das immer noch preiswert. Niedrige Energiekosten, eine preisbewusste Kalkulation und das Mehr an Wohnfläche machen es möglich. Das Land förderte das Projekt über das REN-Programm für erneuerbare Energien mit 51.500 Euro und gewährte im Rahmen des Energiesparprogramms NRW ein zinsgünstiges Darlehen von fast 450.000 Euro.