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Nachhaltigkeit
Biomülltonne wird Pflicht

Gut ein Drittel des Mülls, der in einem typischen Privathaushalt anfällt, ist Biomüll. Vor allem in den Städten sind Mieter, die keinen Garten mit Komposthaufen haben, auf eine Bioabfalltonne angewiesen - und die gab es bisher längst nicht überall. Das soll jetzt anders werden. Seit dem 1. Januar muss Biomüll in jedem Fall getrennt entsorgt werden.

Von Maike Strietholt | 09.01.2015
    Bioabfälle
    Bisher landen viele Bioabfälle im Hausmüll (Imago/Rainer Weisflog)
    Gut ein Drittel des Mülls, der in einem typischen Privathaushalt anfällt, ist Biomüll. Vor allem in den Städten sind Mieter, die keinen Garten mit Komposthaufen haben, auf eine Bioabfalltonne angewiesen – und die gab es bisher längst nicht überall. Das soll jetzt anders werden. Seit dem 1. Januar muss Biomüll jetzt in jedem Fall getrennt entsorgt werden.
    "Wir hier bekommen ausschließlich den Müll aus dem Hamburger Bereich. Das heißt, die kompletten 70.000 Tonnen, die in Hamburg anfallen, kommen hier bei uns an."
    Michael Wolff-Burmeister vom Biogas- und Kompostwerk Bützberg bei Hamburg steht in der Anlieferhalle, neben ihm dröhnt das Förderband. 20 bis 30 Lieferwagen entladen hier täglich Haushaltsbiomüll und Gartenabfälle.
    "Der Biomüll wird mittels Radlader auf das Aufgabeband aufgegeben und dann in dieser Grobaufbereitung vorsortiert. Wir haben als erstes ein Trommelsieb mit einer achtziger Lochung, das dann die Störstoffe – Plastiktüten, was in den Biomüll nicht rein gehört – aussortiert."
    Anschließend wird der Biomüll noch zerkleinert und gelangt dann in einen der Fermenter: Große, garagenartige Räume, die luftdicht abgeschlossen werden können und in denen der organische Abfall, nach Zugabe von Bakterienkulturen, drei Wochen lang gären darf. Das dabei entstehende, wertvolle Biogas entweicht durch die Decke und wird auf dem Dach aufgefangen.
    "Das Methan wird aufbereitet hier in der Biogasaufbereitungsanlage - das heißt, das CO2 wird herausgenommen, und dann speisen wir das hier ins Erdgasnetz ein. Die Anlage hier macht zwischen 350 und 750 Kubikmeter Biogas pro Stunde."
    ...die in Blockheizkraftwerken in Strom und Wärme umgewandelt werden – ausreichend für die Versorgung von 11.000 Hamburger Zweipersonenhaushalten. Die Gär-Reste aus den Fermentern werden zusätzlich zu hochwertigem Kompostdünger vermahlen – alles in allem ein nahezu CO2-neutraler Wertstoffkreislauf, den Biomüll inzwischen in vielen deutschen Kommunen durchläuft. Und doch könnte mehr herausgeholt werden. Reinhard Fiedler, Pressesprecher der Stadtreinigung Hamburg:
    "Wir haben in Hamburg rund 915.000 Haushalte, von diesen Haushalten hat etwa die Hälfte eine Biotonne. In einer Großstadt wie Hamburg wird man nie eine Quote von 100 Prozent erreichen, weil wir die Biotonne nicht in den Keller stellen können. Weil sie dann, wenn sie gefüllt ist, viel zu schwer ist, um sie die Treppen aus dem Keller heraus an die Straße zu befördern um sie zu leeren."
    Eine Anschlussquote von 60 bis 65% wäre aber auch für Hamburg realistisch, sagt Fiedler. Denn gerade Mietshausbesitzer verzichten oftmals auf die Biotonne, weil diese einen weiteren Stellplatz vor oder neben dem Haus erfordert und sich die Anschaffung der im Vergleich zur Restmülltonne weitaus günstigeren Biotonne auch finanziell für den Vermieter selbst nicht lohnt.
    "Der legt normalerweise die Gebühren auf seine Mieter um – das heißt, nicht er spart Geld, sondern seine Mieter sparen Geld."
    Seit Jahresbeginn gilt aber eine Trennpflicht für Bioabfälle, und die Stadtreinigung Hamburg will sich nun auch noch einmal an diese, bislang säumigen Hauseigentümer wenden. Sanktionierungen wie etwa eine zwangsweise Aufstellung einer Tonne wären zwar möglich, davon hält Reinhard Fiedler aber nicht viel:
    "Wir hoffen, dass unsere guten Argumente, wie Kostenersparnis für die Mieter, Umweltschutz und Klimaschutz, dann auch überzeugend wirken."
    Überzeugungsarbeit ist aber auch noch an anderer Stelle nötig – bei denen, die bereits fleißig den Biomüll trennen: So genannte 'Bioplastiktüten' aus nachwachsenden Rohstoffen landen nämlich immer wieder in den Biotonnen, können aber während der kurzen Fermentationszeit in den Verwertungsanlagen nicht abgebaut werden. Ein Problem, denn:
    "Man hat dann immer irgendeine Art der Verschmutzung des Kompostes."
    Reinhard Fiedler empfiehlt stattdessen auswaschbare Eimer, die in Hamburg auch direkt bei der Stadtreinigung erhältlich sind. Oder Papierbehältnisse – die verrotten nämlich genauso gut wie die für die Gasproduktion so wertvollen Küchenabfälle. Bislang macht der Anteil der aus Biomüll erzeugten Energie in Deutschland nur wenige Prozent aus – Reinhard Fiedler von der Stadtreinigung freut sich über jedes Kilogramm, das hinzukommt:
    "Mit jedem Kilogramm Bioabfall, den wir zu Biogas verarbeiten können, tragen wir dazu bei, dass wir an der Gesamtklimabilanz von Deutschland eine Verbesserung erzielen."