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Nachhaltigkeit
Stoffbeutel sind nicht besonders öko

Statt einer Plastiktüte nutzen viele Supermarktkunden mittlerweile einen Stoffbeutel für ihre Einkäufe. Allerdings sind diese Taschen gar nicht so umweltfreundlich, wie es scheint. So wird für ihre Produktion etwa ziemlich viel Wasser benötigt.

Von Dieter Nürnberger | 12.04.2018
    Ein Mann trägt zwei Stoffbeutel
    Die Öko-Bilanz von Stofftüten fällt nicht besonders gut aus. (imago stock&people)
    "Immer dabei. Es ist einfach umweltschonend, dass ich so einen Beutel trage." - "Auf jeden Fall nehme ich Stoffbeutel - ganz selten, dass ich mal eine Plastiktüte kaufe." - "Die halten länger, ja." - "Wenn man sich die Weltmeere anschaut, sieht man ja, was da so rumschwimmt. Und so ein Stoffbeutel nimmt ja nicht viel Platz weg in der Tasche."
    Lange warten muss man vor einem Supermarkt heutzutage nicht mehr, bis die ersten Kunden mit einem gut gefüllten Stoffbeutel herauskommen. Die Baumwolltasche liegt voll im Trend, der Verkauf der textilen Alternative zur Plastiktüte hat in Deutschland stark zugenommen, sagt die Marktforschung, auch wenn es verlässliche Statistiken dazu noch nicht gibt. Viele Kunden nutzen sie jedenfalls - oft verbunden mit einem ökologisch guten Gewissen. Doch ganz so vorbildlich oder eindeutig ist die Ökobilanz der Stoffbeutel nicht, sagt Gerhard Kotschik, Verpackungsexperte beim Umweltbundesamt.
    "Der Stoffbeutel braucht bei der Produktion am meisten Ressourcen und hat die höchsten Umweltbelastungen. Deswegen ist es bei dem Stoffbeutel wichtig, ihn möglichst häufig zu verwenden. So einen Stoffbeutel kann man auf jeden Fall über 100 Mal verwenden, wenn man ihn vernünftig behandelt. Dann schneidet er auch sehr gut ab."
    Hoher Verbrauch an Ressourcen
    Es gibt verschiedene Bilanzen für den Stoffbeutel. Je nach Studie müsste er zwischen 20 und rund 100 Mal verwendet werden, damit er ökologisch besser abschneidet als eine Plastiktüte. Der Handel bietet heutzutage überwiegend Baumwolltaschen an - in bunten Farben und oft noch zusätzlich mit Werbung oder flotten Sprüchen bedruckt. Die Herstellung, sagt Katharina Istel, Referentin für nachhaltigen Konsum beim Naturschutzbund Deutschland, schlägt am meisten zu Buche.
    "Beim Baumwollanbau ist sehr, sehr viel Wasser notwendig. Es werden sehr viele Pestizide eingesetzt und inzwischen sollen auch über 70 Prozent gentechnisch veränderte Baumwolle auf dem Markt sein. Das alles führt dann zu versauerten Böden, sie sind ausgetrocknet, das führt zur Erosion der Böden. Auch die Biodiversität ist gefährdet. Da ist also viel mehr als nur Klimawandel - der die Ökobilanz eines Bauwollprodukts verschlechtert."
    Auch der Naturschutzbund bietet einen dunkelblauen Stoffbeutel für den täglichen Einkauf an. Verbunden mit der weithin sichtbaren Botschaft "Plastikmüllvermeider". Und genau bei diesem Aspekt - bei der Entsorgung - kann der Stoffbeutel ökologisch punkten. Denn Plastiktüten sind meist Einwegprodukte: Sie werden im besten Fall recycelt, oft aber auch nur weggeschmissen, sagt Gerhard Kotschik, der Verpackungsexperte des Umweltbundeamtes:
    "Eine Mehrweg-Tasche fällt in der Regel unterwegs nicht als Müll an und landet wesentlich seltener in der Umwelt. Bei einer Einweg-Plastiktüte - selbst, wenn sie in einem Abfallbehälter richtig entsorgt wird - kann ein kräftiger Windstoß eventuell dafür sorgen, dass die wieder herausgeweht wird und dann doch in der Umwelt landet."
    Auf "Gots"-Zertifizierung achten
    Und dort zersetzt sich Plastik nur sehr langsam - je nach Kunststoffart sogar erst über Jahrzehnte - in immer kleinere Teile, das sogenannte Mikroplastik. Mit verheerenden Folgen beispielsweise für die Weltmeere.
    Der beste Müll ist der, der gar nicht erst entsteht, sagt deshalb Naturschutz-Expertin Katharina Istel und plädiert dafür, den Stoffbeutel so oft wie möglich zu verwenden. Am besten aber nur solche, die aus Bio-Baumwolle hergestellt wurden.
    Bei Baumwollprodukten wie T-Shirts oder auch Baumwolltaschen ist es ganz wichtig, dass man auf die "Gots"-Zertifizierung achtet. Das ist zertifizierte Bio-Baumwolle - das verbessert die Ökobilanz schon mal sehr. Weil keine synthetisch-chemischen Pestizide und Dünger eingesetzt werden. Gentechnik ist verboten. Und darüber hinaus sollte man auch noch auf Fairtrade achten, damit man auch eine Annäherung an gute Sozialstandards hat."
    Zu beachten gibt es vieles, sagt die Naturschutzbund-Expertin, damit aus dem Einkaufsstoffbeutel auch wirklich ein nachhaltiges Produkt werde. Das wichtigste aber - und das gilt auch für jede andere Tragetasche - ist die Häufigkeit der Nutzung.