Um Jonas zu sehen, muss der Besucher einige Hürden nehmen. Zuerst die komplette Straßenbekleidung gegen OP-Sachen wechseln, Hände desinfizieren und Mundschutz auf, dann durch eine Luftschleuse ins antiseptische Krankenzimmer. Dort liegt ein schmächtiger Patient, sechs Jahre alt, ohne Haare. Die Chemotherpaie hat zuerst seine eigene Körperabwehr, das Immunsystem, ausgeschaltet, weil es seit seiner Geburt nur fehlerhaft arbeitete. Dann hat Jonas ein komplett neues Immunsystem bekommen - durch die Transfusion von Stammzellen aus dem Blut eines gesunden Spenders. Diese reifen jetzt langsam zu gesunden Immunzellen heran. Hoffen und Bangen auch für seine Mutter:
" Heute geht’s ihm sehr gut, also er hat sich heute riesig gefreut, dass er auf dem Flur mal spazieren gehen durfte. Er war richtig wie ausgewechselt heute, hat den Onkel Doktor dann noch im Arztzimmer besucht, und mit der Schwester Fangen gespielt. Hat ihm richtig gut getan, mal aus dem Zimmer heraus zu kommen. "
Gefährlich Tage liegen hinter ihm, an denen Jonas allen möglichen Viren und Bakterien schutzlos ausgeliefert war. Nur zwei von drei Kindern überleben diese Radikalkur. Doch welche Chance hätten sie sonst? Kinderarzt Ulrich Baumann:
" Jonas ist jetzt dreieinhalb Wochen transplantiert, in dieser Zeit wächst das Transplantat, die gespendeten Zellen, im Körper an, und wir habe heute zum ersten mal hohe Blutwerte der gespendeten Zellen gefunden, so dass er soweit geschützt war, dass wir ihn auf den Flur gehen lassen konnten. Das erste mal, und er ist jetzt also mit seinem neuen Immunsystem schon etwas mehr dem Risiko der normalen Umgebung auszusetzen, und das ist ein großer Erfolg, in dieser Zeit, dreieinhalb Wochen. Es ist schnell gegangen, er hat in dieser ganzen Zeit keine einzige schwere Infektion erlebt, und das war ein Glücksfall. "
Früher haben die Ärzte die Stammzellen aus dem Knochenmark der Spender gewonnen, meist aus den Hüftbereich. In den letzten Jahren haben die Labors jedoch immer bessere Methoden entwickelt, um die noch nicht ausdifferenzierten Spenderzellen in vitro zu vermehren. So reichen heute oft die niedrigeren Konzentrationen von Stammzellen aus Spenderblut. Einen geeigneten Spender zu finden, ist jedoch nicht so einfach. Denn das Immunsystem bekämpft die meisten fremden Stammzellen. Kein Wunder, schließlich hat es die Aufgabe, fremde Eindringlinge zu erkennen und abzuwehren. Die Stammzellen von Geschwistern werden noch am ehesten angenommen. Bei Einzelkindern müssen die Ärzte dagegen weltweit nach Spendern suchen. Nur einer unter Millionen Menschen besitzt nämlich eine passende Abwehr. Für Dustin fanden die Immunologen dank weltumspannender Datenbanken den Richtigen in Großbritannien. Dr. Ulrich Baumann zeigt alte Röntgenbilder von Dustins Lunge - vor der Stammzelltransplantation:
" Dustin war damals zehn Jahre alt, und als er zu uns kam und in einem sehr kritischen Zustand war und wir das Bild sahen, wussten wir, das wird schwierig, zu überleben, es war eine ausgedehnte Lungenentzündung im Unterlappen auf der linken Seite, Sie sehen hier diesen weißen Bezirk im Röntgenbild. Das war eine Pilzinfektion, wie sich später heraus stellte, und eine Situation, die kaum zu überleben ist. "
Ein halbes Jahr lang lebt Dustin nun schon mit seinem neuen Immunsystem. Eine Zeit ohne Zimmerpflanzen oder etwa Haustiere. Die Schule mit all ihren Ansteckungsgefahren durfte der Junge bisher nur von außen sehen. Noch immer muss er sich von anderen Patienten fern halten. So konnte er auch die Klinik nur durch den Hintereingang betreten, weit am Wartebereich vorbei.
Eine Stammzelltransplantation verheißt zwar dauerhafte Heilung. Sie ist aber ein radikaler Eingriff. Gentherapien könnten künftig gezielter helfen. Hier tauschen die Ärzte lediglich die defekten Gene des Immunsystems durch intakte aus. Professor Reinhold Schmidt von der Medizinischen Hochschule Hannover warnt jedoch:
" Bei der Gentherapie müssen wir noch mit vielen, sag ich mal, unerforschten Bereichen rechnen, für die wir Lösungen finden müssen. Dass die Gene akzeptiert werden, dass die Gene keine Störungen im genetischen Apparat des Empfängers auslösen, und das sind alles Erfahrungen, die wir erst sammeln müssen. Also die Sicherheit der Gentherapie ist etwas, woran wir im Moment noch sehr viel arbeiten. "
So war es nach den ersten Behandlungen in Frankreich später zu krebsartigen Folgeerkrankungen gekommen, was zum Abbruch der Studie geführt hat.
Mit mehreren hundert in Deutschland erfolgreich durchgeführten Transplantationen hat sich die Stammzelltherapie - als Austausch des Immunsystems - dagegen bewährt. Für den Erfolg ist aber der rechtzeitige Beginn der Therapie wichtig. Kinder mit angeborenen Immundefekten werden immer noch viel zu spät erkannt. Aber derzeit finden die Forscher im Monatsrhythmus neue genetische Fehler, nach denen sie bei Verdacht gezielt suchen können.
Am Freitag, den 29. April findet europaweit der erste "Tag der Immunologie" statt. Bundesweit wird es zahlreiche Veranstaltungen zum Thema geben.
" Heute geht’s ihm sehr gut, also er hat sich heute riesig gefreut, dass er auf dem Flur mal spazieren gehen durfte. Er war richtig wie ausgewechselt heute, hat den Onkel Doktor dann noch im Arztzimmer besucht, und mit der Schwester Fangen gespielt. Hat ihm richtig gut getan, mal aus dem Zimmer heraus zu kommen. "
Gefährlich Tage liegen hinter ihm, an denen Jonas allen möglichen Viren und Bakterien schutzlos ausgeliefert war. Nur zwei von drei Kindern überleben diese Radikalkur. Doch welche Chance hätten sie sonst? Kinderarzt Ulrich Baumann:
" Jonas ist jetzt dreieinhalb Wochen transplantiert, in dieser Zeit wächst das Transplantat, die gespendeten Zellen, im Körper an, und wir habe heute zum ersten mal hohe Blutwerte der gespendeten Zellen gefunden, so dass er soweit geschützt war, dass wir ihn auf den Flur gehen lassen konnten. Das erste mal, und er ist jetzt also mit seinem neuen Immunsystem schon etwas mehr dem Risiko der normalen Umgebung auszusetzen, und das ist ein großer Erfolg, in dieser Zeit, dreieinhalb Wochen. Es ist schnell gegangen, er hat in dieser ganzen Zeit keine einzige schwere Infektion erlebt, und das war ein Glücksfall. "
Früher haben die Ärzte die Stammzellen aus dem Knochenmark der Spender gewonnen, meist aus den Hüftbereich. In den letzten Jahren haben die Labors jedoch immer bessere Methoden entwickelt, um die noch nicht ausdifferenzierten Spenderzellen in vitro zu vermehren. So reichen heute oft die niedrigeren Konzentrationen von Stammzellen aus Spenderblut. Einen geeigneten Spender zu finden, ist jedoch nicht so einfach. Denn das Immunsystem bekämpft die meisten fremden Stammzellen. Kein Wunder, schließlich hat es die Aufgabe, fremde Eindringlinge zu erkennen und abzuwehren. Die Stammzellen von Geschwistern werden noch am ehesten angenommen. Bei Einzelkindern müssen die Ärzte dagegen weltweit nach Spendern suchen. Nur einer unter Millionen Menschen besitzt nämlich eine passende Abwehr. Für Dustin fanden die Immunologen dank weltumspannender Datenbanken den Richtigen in Großbritannien. Dr. Ulrich Baumann zeigt alte Röntgenbilder von Dustins Lunge - vor der Stammzelltransplantation:
" Dustin war damals zehn Jahre alt, und als er zu uns kam und in einem sehr kritischen Zustand war und wir das Bild sahen, wussten wir, das wird schwierig, zu überleben, es war eine ausgedehnte Lungenentzündung im Unterlappen auf der linken Seite, Sie sehen hier diesen weißen Bezirk im Röntgenbild. Das war eine Pilzinfektion, wie sich später heraus stellte, und eine Situation, die kaum zu überleben ist. "
Ein halbes Jahr lang lebt Dustin nun schon mit seinem neuen Immunsystem. Eine Zeit ohne Zimmerpflanzen oder etwa Haustiere. Die Schule mit all ihren Ansteckungsgefahren durfte der Junge bisher nur von außen sehen. Noch immer muss er sich von anderen Patienten fern halten. So konnte er auch die Klinik nur durch den Hintereingang betreten, weit am Wartebereich vorbei.
Eine Stammzelltransplantation verheißt zwar dauerhafte Heilung. Sie ist aber ein radikaler Eingriff. Gentherapien könnten künftig gezielter helfen. Hier tauschen die Ärzte lediglich die defekten Gene des Immunsystems durch intakte aus. Professor Reinhold Schmidt von der Medizinischen Hochschule Hannover warnt jedoch:
" Bei der Gentherapie müssen wir noch mit vielen, sag ich mal, unerforschten Bereichen rechnen, für die wir Lösungen finden müssen. Dass die Gene akzeptiert werden, dass die Gene keine Störungen im genetischen Apparat des Empfängers auslösen, und das sind alles Erfahrungen, die wir erst sammeln müssen. Also die Sicherheit der Gentherapie ist etwas, woran wir im Moment noch sehr viel arbeiten. "
So war es nach den ersten Behandlungen in Frankreich später zu krebsartigen Folgeerkrankungen gekommen, was zum Abbruch der Studie geführt hat.
Mit mehreren hundert in Deutschland erfolgreich durchgeführten Transplantationen hat sich die Stammzelltherapie - als Austausch des Immunsystems - dagegen bewährt. Für den Erfolg ist aber der rechtzeitige Beginn der Therapie wichtig. Kinder mit angeborenen Immundefekten werden immer noch viel zu spät erkannt. Aber derzeit finden die Forscher im Monatsrhythmus neue genetische Fehler, nach denen sie bei Verdacht gezielt suchen können.
Am Freitag, den 29. April findet europaweit der erste "Tag der Immunologie" statt. Bundesweit wird es zahlreiche Veranstaltungen zum Thema geben.