Mittwoch, 24. April 2024

Archiv

Nachlese
UN-Klimakonferenz in Warschau "bisher zu kurz gesprungen"

Bei der UN-Klimakonferenz in Warschau, hatten die mehr als 190 Teilnehmerstaaten zentrale Punkte vertagt. So blieb die rechtliche Verbindlichkeit der Klimaschutzziele einzelner Länder offen, außerdem gab es kaum klare Finanzzusagen für ärmere Länder.

Von Georg Ehring | 25.11.2013
    Bundesumweltminister Peter Altmaier CDU): "Nun, wenn man die Erwartungen zugrunde legt, die es vor ein oder zwei Wochen gegeben hat, dann ist noch etwas erreicht worden zum Positiven, aber wenn Sie die Hoffnungen von Millionen und Hundertausenden und von jungen Menschen sich anschauen, dann muss man sagen, wir sind wahrscheinlich zu kurz gesprungen."
    Jule Reimer: Die wie üblich diplomatische Bewertung von Bundesumweltminister Peter Altmaier über die Ergebnisse des UN-Klimagipfels, der am späten Samstag in Warschau zu Ende ging. Bei mir im Studio ist mein Kollege Georg Ehring, der den Gipfel zwei wochenlang beobachtet hat. Man gewann ja den Eindruck, dass Peter Altmaier die politischen Verpflichtungen in Berlin gerade recht kamen, um möglichst wenig Zeit in Warschau zu verbringen. War der Gipfel Zeitverschwendung?
    Georg Ehring: Nein, der Gipfel war keine Zeitverschwendung, auch wenn man wirklich ärgerlich sein kann über den langsamen Fortschritt. Es wurde Wichtiges beschlossen, vor allem in Bezug auf ein mögliches Klimaabkommen, das 2015 in Paris fertiggestellt werden soll. Es gab Einigungen über den Charakter und den Zeitplan bis dahin, dass also bis 2015 die einzelnen Staaten vorschlagen sollen, was sie in Bezug auf die Minderung des CO2-Ausstoßes zu unternehmen gedenken. Es gibt gewisse Vorgaben über den Charakter dieses Klimaabkommens und über seine Verbindlichkeit. Es wird unverbindlicher als wir uns das vielleicht wünschen. Es wird Selbstverpflichtungen der Länder geben mit einer Art Überprüfung der Frage, wie angemessen sie sind und das war alles nötig als Vorarbeit für den Vertrag, so etwas kann man nicht in wenigen Tagen auf einer Konferenz erledigen. Das ist 2009 in Kopenhagen gescheitert, also der Versuch, dies mit wenigen Vorgaben auf einer Konferenz zu erledigen und da war dieser Gipfel wichtig, aber natürlich hätte mehr herauskommen können und müssen.
    Reimer: Der Gipfel war ja durch mehrere Eklats gekennzeichnet. Vergangenen Donnerstag verkündeten die Vertreter von rund 70 großen Nichtregierungsorganisationen ihren Ausmarsch, zuvor hatten China und die Entwicklungsländer die Verhandlungen zum Thema "loss and damages" – also zu Verlusten und Schäden durch die Klimaerwärmung unter Protest verlassen. Tatsächlich gab’s aber zum Schluss genau dazu eine Einigung. Wie sieht die aus?
    Ehring: Diese Einigung sieht so aus, dass ein internationaler Mechanismus eingerichtet wird. Er heißt Warschau-Mechanismus für Verluste und Schäden. Es geht dabei um Verluste und Schäden, die durch Anpassung an den Klimawandel nicht behoben werden können. Also beispielsweise bei der Wüstenbildung: Wenn man künstliche Bewässerung einrichtet, passt man sich an den Klimawandel an und kann weiter Landwirtschaft in der betroffenen Region betreiben. Wenn die Landwirtschaft aufgegeben werden muss, möglicherweise die Menschen auch umziehen müssen, dann ist es ein Schaden, an den man sich nicht mehr anpassen kann und dafür gibt es im Unterschied zu früher künftig Geld, wenn die institutionellen Rahmenbedingungen stimmen. Es gab auf dem Gipfel den Streit: Wo wird das Ganze angesiedelt und da hat man Einigungen erzielt und das ist ein wichtiges Ergebnis dieses Klimagipfels, das auch weiter geht, als man das vorher erwarten konnte.
    Reimer: Gibt es denn Hilfen und Entschädigungszahlungen für Entwicklungsländer, die voraussichtlich stärker als viele Industriestaaten unter Wetterextremen und Anstieg des Meeresspiegels leiden werden?
    Ehring: Für Verluste und Schäden noch nicht, das soll kommen. So schnell ist der internationale Prozess in der Frage nicht, aber es gibt Geld für zwei Bereiche: Einmal den erwähnten Bereich Anpassung an den Klimawandel und dann auch für Klimaschutz-Maßnahmen in Entwicklungsländern, wenn die zum Beispiel ihre Energieversorgung teurer, aber klimafreundlicher gestalten als sie es sonst machen würden, dann können sie auch dafür Geld bekommen. Insgesamt sollen bis 2020 pro Jahr 100 Milliarden Dollar zusammenkommen und es gibt Überlegungen, wie das Geld langsam gesteigert werden kann hin zu dieser ziemlich großen Summe, die aber im Gesamtrahmen der Beeinträchtigung durch den Klimawandel recht klein ist.
    Reimer: Wälder spielen eine wichtige Rolle in der Klimapolitik, weil sie intakt CO2 speichern und abgeholzt solches freigeben. Was ist unter ökologischen und sozialen Leitplanken zu verstehen, die in Warschau beschlossen wurden?
    Ehring: Da hat man beschlossen, dass Entwicklungsländer Unterstützung bekommen können, wenn sie die Wälder stehen lassen. Und das Besondere an diesem Bereich ist: Wälder schützen ist ja nicht nur Klimaschutz, sondern auch Erhaltung von natürlichen Lebensräumen, auch für die Menschen, die dort leben, dass da Sozialstandards beschlossen wurden, dass da beschlossen wurde, dass man die Wälder nicht unter jeder Bedingung weiter bewirtschaften kann. Wenn man da Zuschüsse von der internationalen Gemeinschaft bekommt, dann muss man sich auch an gewisse Standards halten.
    Reimer: Ihr Gesamtfazit?
    Georg Ehring: Gemessen an dem Problem ist jeder Klimagipfel bisher zu kurz gesprungen, auch dieser hier und dieser ist auch gemessen an den Erwartungen zu kurz gesprungen. Es gibt aber auch positive Beispiele: China und die USA zum Beispiel machen viel mehr im Klimaschutz als sie bisher gemacht haben.