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Nachruf auf US-Musiker Dr. John
Voodoo, Rhythm & Blues und kreolische Klänge

Dr. John war ein Großer des kreolisch geprägten Rhythm & Blues. Er veröffentlichte mehr als 30 eigene Alben mit Hits wie „Right Place, Wrong Time“, aber er produzierte auch andere Musiker wie Frank Zappa, die Rolling Stones oder Aretha Franklin. Nun ist der sechsfache Grammy-Preisträger mit 77 gestorben.

Von Knut Benzner | 07.06.2019
Der US-Bluespianist Dr. John
Der US-Bluespianist Dr. John ist im Alter von 77 Jahren gestorben (imago / John Gastaldo)
Es muss 2008 gewesen sein.
Dr. John: "Yeah, pleasure."
Er hatte gerade eine CD mit dem Titel "City That Care Forgot" aufgenommen, eine CD mit Songs zum Zustand seiner Heimatstadt New Orleans nach dem Hurricane Katrina beziehungsweise nach George W. Bush. Diese CD sei sehr politisch, sagte er, sehr gegen George Bush und die Politiker der USA. Wir hatten einen Hurricane, und sie taten nichts. Dr. John ging an Krücken und das Reden fiel ihm schwer. Aber er redete, er redete über seine Kindheit...
"Mein Vater verkaufte Schallplatten, als ich ein kleines Kind war, und weil er so viele Schallplatten verkaufte - Schallplatten, die sich 'Race Records' nannten, Rassen-Schallplatten, also schwarze Musik, Blues und Rhythm & Blues und Gospel und Hillbilly, das, was die Leute heutzutage Country-Music nennen - habe ich diese Musik gehört, als kleines Kind, in den 40er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts."
Das war New Orleans.
"Meinen Vater kannte jeder, er war ein guter Mann. New Orleans gehörte eher zur Karibik als zu den USA. Und ich war froh, dabei zu sein. Ich fühlte mich gut."
"Ich war jung, ich war ein Teenager, ich hatte Gitarrenunterricht,... dann wurde mir der Ringfinger abgeschossen und ich wechselte das Instrument: Zum Keyboard.
Der Ringfinger wurde ihm abgeschossen, weil er einen Schulfreund verteidigt hatte.
"Wenn Du das nicht machst, verlierst Du deine Seele"
Bis 1961 in New Orleans, anschließend Los Angeles, dort Produzent und Studiomusiker ...
"... für Sonny & Cher und Phil Spector, aber die Sessions, die mir am meisten behagten, waren die für Johnny 'Guitar' Watson. Ich habe das gemacht, was mir gefiel. Das habe ich immer gemacht. Ich glaube, wenn Du das nicht machst, verlierst Du deine Seele.
1968 der erste Erfolg und bisweilen eine recht eigenwillige Mischung aus Rhythm & Blues, kreolischer Musik sowie Voodoo-Zaubersprüchen, er war schließlich aus New Orleans.
"Ich fragte meinen Vater mal: 'Wo sind wir her?' Und er sagte: 'aus New Orleans'. Wenn man meinen Vater einmal fragte, dann war das so."
Weiß er, wie viele Schallplatten und CDs er gemacht hat?
"Nooo."
50? 60?
"Ich habe sie nie gezählt, ich habe etwa zwei oder dreitausend Songs geschrieben und hunderte Schallplatten und CDs produziert, ich habe sie nie gezählt."
In den 70ern war er mehr als produktiv, er war eine anerkannte und gern gesehene Größe, sonst wäre Dr. John 1978 nicht bei "The Last Waltz", beim Abschiedskonzert der Band The Band dabei gewesen.
Es kann nichts Besseres kommen
Manchmal war er psychedelisch, manchmal einfach nur Boogie-Woogie. Er hat Filmmusik geschrieben, er hat Grammys bekommen, er hat auf Barack Obama gehofft, und er hat Zeit seines Lebens Voodoo-Schmuck getragen.
"Das ist ein Teil der Kultur, Teil von New Orleans. Hier ist eine Feder eines Indianers, hier ist etwas von einem Alligator, hier etwas von einem Choctaw, alles in dieser Tasche aus verschiedenen Regionen, das hat mein Enkel gemacht, und alles bedeutet mir was."
Alles Dinge des Geistes.
Es gibt einen Musiker, der wegen Dr. John seine Karriere beendet hat: Klaus Voormann, der Bassist. Voormann hatte in den 70ern in Dr. Johns Band gespielt - und danach aufgehört. Weil nichts Besseres, wie er sich später erinnerte, hätte kommen können.