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Nachtfrost im August

Mit dem Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes in die CSSR endete das Experiment "Prager Frühling". In seiner kurzen Dauer hat der Versuch, ein realsozialistisches Regime im Namen eines "Sozialismus mit menschlichem Gesicht" reformieren zu wollen, und damit überhaupt einem demokratischen Sozialismus eine historische Chance zu geben, unter Panzerketten ein Ende gefunden.

Moderation: Hans Peter Riese und Franziska Augstein |
    40 Jahre nach diesem Ereignis und nach dem Zerfall des für den Einmarsch verantwortlichen Militärbündnisses "Warschauer Pakt", kann dieses Experiment historisch betrachtet und bewertet werden.

    Unter der Leitung des ehemaligen Deutschlandfunk-Korrespondenten in Prag, Hans Peter Riese, und der Historikerin Franziska Augstein, diskutieren Tschechen und Deutsche die Lehren aus dem "Prager Frühling". Der erste Botschafter der Tschechoslowakei in Bonn, Jir¡i Gruša, heute Präsident des Internationalen PEN-Clubs, Vilem Prec¡an, der herausragende Historiker für dieses Gebiet aus Prag, Barbara Coudenhoven-Kalergi, die von Wien aus die Ereignisse verfolgt.

    In der Sendung werden zahlreiche historische O-Töne von Politikern wie Alexander Dubc¡ek und Schriftstellern wie Václav Havel ebenso eingespielt werden, wie die Musik der Band The plastic people, die damals die Musik zu den historischen Ereignissen machte.


    Studiogäste:
    Jiři Gruša, tschechischer Dichter, Prosaist und Diplomat
    Prof. Dr. Vilem Prečan, Historiker
    Barbara Coudenhove-Kalergi, tschechisch-österreichische Journalistin


    Die Webseite von Radio Prag informiert schriftlich und akustisch über den Prozess des Prager Frühlings, sowie die wichtigsten Stationen im Leben des Alexander Dubček.


    Deutsches Historisches Museum über Alexander Dubček


    Bundeszentrale für Politische Bildungüber den Prager Frühling


    Meyers Lexikon über den Prager Frühling


    Themenabend 1968:- Der Prager Frühling und sein Ende
    Am 20.August 1968 begann die geheime Operation "Donau": in einer Blitzaktion überfielen Truppen des Warschauer Paktes die Tschechoslowakei. Der "Prager Frühling", der Versuch, einen "demokratischen Sozialismus mit menschlichem Antlitz" zu errichten, war niedergeschlagen.

    Was im August 1968 so dramatisch zu Ende ging, hatte Anfang des Jahres mit einem Personalwechsel begonnen. Als Nachfolger des Altstalinisten Antonin Novotny trat der Slowake Alexander Dubcek an die Spitze einer Partei, die in sich tief gespalten war: Tschechen und Slowaken, Reformer und Orthodoxe, junge Karrieristen und die alte Garde der Kriegs- und Nachkriegszeit. So war die KPC danach im Gerangel um Posten und Macht zunächst mit sich selber beschäftigt. In der Öffentlichkeit aber regte sich allenthalben Kritik an den überholten Herrschaftsmethoden und den alten Genossen.


    Der Winter, der ein Frühling war
    Vor 40 Jahren: Alexander Dubcek wird erster Sekretär der tschechoslowakischen KP

    Der totalitäre Tiefschlaf, in den die CSSR nach dem Zweiten Weltkrieg versunken war, hatte 20 Jahre gedauert, als der Reformpolitiker Alexander Dubcek am 5. Januar 1968 an die Spitze der Kommunistischen Partei trat. Aber das junge Pflänzchen Demokratie sollte nur acht Monate blühen. Im August war der Traum von einer freien Gesellschaft ausgeträumt.


    "Das war ein tiefbleibender Schock"
    Botschafter erinnern am 40. Jahrestag des Prager Frühlings an die Bedeutung des Aufstands

    Die Botschafter Tschechiens und der Slowakei in Deutschland, Rudolf Jindrak und Ivan Korcok, haben die Bedeutung des Prager Frühlings für die Entwicklung Europas in den vergangenen vier Jahrzehnten hervorgehoben. Am Ende sei der Fall der Mauer ohne dieses Vorspiel nicht denkbar, sagte Korcok. Als dann die Panzer durch die Straßen rollten, sei das für die Bevölkerung ein Schock gewesen.

    Literatur:

    Stefan Karner u.a. (Hrsg.): Prager Frühling. Das internationale Krisenjahr 1968
    Böhlau 2008, ISBN: 978-3412202088


    Dieter Segert: Prager Frühling: Gespräche über eine europäische Erfahrung
    Braumüller Verlag, ISBN: 978-3700316664, 24,22 Euro

    Für den Politologen und Osteuropa-Spezialisten Dieter Segert markiert der Prager Frühling eine Kette von Ereignissen, die eng mit der weltweiten Bewegung gegen abgestandene Autoritäten und mit einer Kulturrevolution verbunden sind, die die Entstehung einer starken Zivilgesellschaft gefördert hat.


    Bernd-Lutz Lange: Mauer, Jeans und Prager Frühling
    Aufbau Verlag, ISBN: 978-3746622682, 7,95 Euro


    Josef Koudelka und Sophia Marzolff: Invasion Prag 1968: Photograhien
    Schirmer und Mosel, ISBN: 978-3829603591, 49,80 Euro

    In den späten Abendstunden des 20. August 1968 marschieren Truppen von fünf Warschauer-Pakt-Staaten in die Tschechoslowakei ein. Panzer rollen über die Straßen von Prag, Transportflugzeuge setzen Truppen ab. 650.000 Soldaten sollen die Ordnung im sozialistischen Bruderstaat wiederherstellen, die der"Prager Frühling"unter Dubcek und Svoboda angeblich gefährdete. Die Welt hält den Atem an, ein Krieg scheint unvermeidlich. Doch dann geschieht, was später das"Sieben-Tage-Wunder von Prag"genannt wurde: Unbewaffnete Bürger stellen sich zu Tausenden den Invasionstruppen entgegen, der zivile, gewaltlose Widerstand hat begonnen. 2008 jährt sich dieser historische Moment zum 40. Mal. Der tschechische Photograph Josef Koudelka, 1938 geboren und seit 1971 Mitglied bei Magnum, hat die Ereignisse miterlebt und in bewegenden Bildern festgehalten, die er rechtzeitig außer Landes bringen konnte. Sie gelangten ein Jahr später mit Hilfe von Magnum Photos anonym an die Öffentlichkeit.