Ein Versuch, den jeder zu Hause durchführen kann: Man nehme einen leeren Joghurtbecher aus Plastik und stelle ihn in den Backofen. Den Ofen heize man langsam auf. Der Joghurtbecher darf nicht schmelzen, er soll einfach nur weich werden. Ab einer bestimmten Temperatur zieht sich der Kunststoff zusammen, und aus dem Becher wird eine kreisrunde, ebene Scheibe. Denn aus solch einer Scheibe ist der Becher einst gezogen worden. Der Werkstoff erinnert sich förmlich an seine Herkunft. Diesen Form-Gedächtnis-Effekt nutzt Professor Andreas Lendlein vom Institut für Polymerforschung am GKSS-Forschungszentrum in Teltow aus. Nicht für Joghurt-Becher, sondern für Implantate in der Medizin.
"So kann man ein sperriges Implantat in einer komprimierten Form durch einen kleinen Schnitt in den Körper führen, etwa wie bei der Knopfloch-Chirurgie. Durch Erwärmen von Raumtemperatur auf Körpertemperatur entfaltet sich das Implantat und baut das Ganze noch nach einer gewissen Implantationszeit ab, löst sich auf, so dass man nicht eine zweite Operation durchführen muss, um dieses Implantat wieder zu entfernen."
"Multifunktionales Polymer" nennt der Forscher daher sein Material mit den zwei Eigenschaften. Erstens erinnert es sich an seine ursprüngliche Form, zweitens ist es im Körper abbaubar. Viel chemische Feinarbeit war nötig, um beide Eigenschaften in einem Material zu vereinen. Die meisten Kunststoffe entstehen nur aus einem Ausgangsmaterial. Andreas Lendlein hingegen muss immer verschiedene Stoffe im richtigen Verhältnis mischen. So konnte er einen ganz besonderen Faden herstellen: ein Nahtmaterial für Chirurgen, das sich im Körper von alleine zu einer Schlaufe zusammenlegt.
"Dabei wird in der Regel von den Klinikern gewünscht, dass es nur den Knoten legt, aber dass es sich nicht von selbst zuzieht. Denn die Kliniker haben das in den Fingerspitzen. Die Kraft, die angelegt wird an die Wundränder, ist entscheidend für den Heilungserfolg. Knotet man zu lose, entsteht mehr Narbengewebe als man möchte. Knotet man zu fest, zerstört man mehr Gewebe als eigentlich notwendig ist."
Kunststoffe mit Gedächtnis müssen einen ganz speziellen inneren Aufbau besitzen: Molekülketten werden an vielen verschiedenen Punkten zu einem Netzwerk verküpft. Dieses Material kann sozusagen programmiert werden. Dafür sind drei Schritte notwendig. Schritt 1:
"Zunächst wird das Material, wie alle konventionellen Kunststoffe, in eine bestimmte permanente Form gebracht, etwa ein Faden, der fünf Zentimeter lang ist. Nun kann ich diesen Faden aufheizen, und zwar nur ein wenig aufheizen, so dass das Material nicht aufschmilzt, sondern dass ich es leicht deformieren kann. "
Durch das Erwärmen werden die Molekülketten nämlich beweglich. Man kann sie in die Länge ziehen. Zu einem gewissen Maß jedenfalls, denn die Verknüpfungspunkte halten auch ein verzerrtes Netzwerk zusammen. Den Kunststoff dehnen, das ist Schritt 2.
"Ich strecke nun diesen Faden von fünf Zentimetern auf zehn Zentimeter und kühle wieder auf Raumtemperatur ab. Ein flexibles Material würde in seine ursprüngliche Form, also die fünf Zentimeter, zurückschnellen. Ein Form-Gedächtnis-Material ist nun programmiert und wird diese Form von zehn Zentimetern relativ genau einhalten. "
Durch das Abschrecken des Materials, Schritt 3, nimmt man den Ketten ihre Bewegungsmöglichkeit. Ihre Struktur wird geradezu eingefroren. Die Moleküle sind langgezogen, angespannt, aber können nicht entspannen. Denn dazu fehlt ihnen die Wärmeenergie. Mit zunehmender Wärme findet der Faden zu seiner ursprünglichen Länge zurück. Im Moment arbeitet Andreas Lendlein mit seiner Forschungsgruppe an Kunststoffen, die ihre Form ändern, wenn man sie mit hellem Licht anleuchtet. Die Gedächtnis-Materialien, die auf Wärme reagieren, ändern ihre Form immer nur einmal. Dann müssen sie neu programmiert werden. Erste Prototypen von lichtsensiblen Fasern hingegen hat der Chemiker mehrmals hin- und herschalten können, mit Licht unterschiedlicher Wellenlänge. Die Zahl dieser Zyklen zu erhöhen, das ist die Aufgabe der nächsten Jahre.
"So kann man ein sperriges Implantat in einer komprimierten Form durch einen kleinen Schnitt in den Körper führen, etwa wie bei der Knopfloch-Chirurgie. Durch Erwärmen von Raumtemperatur auf Körpertemperatur entfaltet sich das Implantat und baut das Ganze noch nach einer gewissen Implantationszeit ab, löst sich auf, so dass man nicht eine zweite Operation durchführen muss, um dieses Implantat wieder zu entfernen."
"Multifunktionales Polymer" nennt der Forscher daher sein Material mit den zwei Eigenschaften. Erstens erinnert es sich an seine ursprüngliche Form, zweitens ist es im Körper abbaubar. Viel chemische Feinarbeit war nötig, um beide Eigenschaften in einem Material zu vereinen. Die meisten Kunststoffe entstehen nur aus einem Ausgangsmaterial. Andreas Lendlein hingegen muss immer verschiedene Stoffe im richtigen Verhältnis mischen. So konnte er einen ganz besonderen Faden herstellen: ein Nahtmaterial für Chirurgen, das sich im Körper von alleine zu einer Schlaufe zusammenlegt.
"Dabei wird in der Regel von den Klinikern gewünscht, dass es nur den Knoten legt, aber dass es sich nicht von selbst zuzieht. Denn die Kliniker haben das in den Fingerspitzen. Die Kraft, die angelegt wird an die Wundränder, ist entscheidend für den Heilungserfolg. Knotet man zu lose, entsteht mehr Narbengewebe als man möchte. Knotet man zu fest, zerstört man mehr Gewebe als eigentlich notwendig ist."
Kunststoffe mit Gedächtnis müssen einen ganz speziellen inneren Aufbau besitzen: Molekülketten werden an vielen verschiedenen Punkten zu einem Netzwerk verküpft. Dieses Material kann sozusagen programmiert werden. Dafür sind drei Schritte notwendig. Schritt 1:
"Zunächst wird das Material, wie alle konventionellen Kunststoffe, in eine bestimmte permanente Form gebracht, etwa ein Faden, der fünf Zentimeter lang ist. Nun kann ich diesen Faden aufheizen, und zwar nur ein wenig aufheizen, so dass das Material nicht aufschmilzt, sondern dass ich es leicht deformieren kann. "
Durch das Erwärmen werden die Molekülketten nämlich beweglich. Man kann sie in die Länge ziehen. Zu einem gewissen Maß jedenfalls, denn die Verknüpfungspunkte halten auch ein verzerrtes Netzwerk zusammen. Den Kunststoff dehnen, das ist Schritt 2.
"Ich strecke nun diesen Faden von fünf Zentimetern auf zehn Zentimeter und kühle wieder auf Raumtemperatur ab. Ein flexibles Material würde in seine ursprüngliche Form, also die fünf Zentimeter, zurückschnellen. Ein Form-Gedächtnis-Material ist nun programmiert und wird diese Form von zehn Zentimetern relativ genau einhalten. "
Durch das Abschrecken des Materials, Schritt 3, nimmt man den Ketten ihre Bewegungsmöglichkeit. Ihre Struktur wird geradezu eingefroren. Die Moleküle sind langgezogen, angespannt, aber können nicht entspannen. Denn dazu fehlt ihnen die Wärmeenergie. Mit zunehmender Wärme findet der Faden zu seiner ursprünglichen Länge zurück. Im Moment arbeitet Andreas Lendlein mit seiner Forschungsgruppe an Kunststoffen, die ihre Form ändern, wenn man sie mit hellem Licht anleuchtet. Die Gedächtnis-Materialien, die auf Wärme reagieren, ändern ihre Form immer nur einmal. Dann müssen sie neu programmiert werden. Erste Prototypen von lichtsensiblen Fasern hingegen hat der Chemiker mehrmals hin- und herschalten können, mit Licht unterschiedlicher Wellenlänge. Die Zahl dieser Zyklen zu erhöhen, das ist die Aufgabe der nächsten Jahre.