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Nachwachsende Rohstoffe

In Deutschland werden immer mehr nachwachsende Rohstoffe, wie Ölfrüchte, Faserpflanzen oder Stärkekartoffeln angepflanzt. Die Anbaufläche wächst Jahr für Jahr. Darüber hinaus ist bereits viel Geld in die Erforschung und Entwicklung nachwachsender Rohstoffe investiert worden. Jetzt gehe es darum, diese Erkenntnisse am Markt einzuführen, so der Wunsch und die Forderung des Bundeslandwirtschaftsministeriums. In Sachsen-Anhalt hat sich Magdeburg als Zentrum für nachwachsende Rohstoffe diese Aufgabe als Ziel gesetzt. Dort gibt man sich nicht damit zufrieden, nur Rohstofflieferant zu sein. Denn zu DDR-Zeiten war hier das Forschungszentrum des Kombinats Öl und Margarine angesiedelt und somit war einiges Wissen um das "gewußt wie" vorhanden. Warum also sollte man die Entwicklung und Veredelung von nachwachsenden Rohstoffen anderen überlassen ? Was sich in der Region Magdeburg tut bei der Produktion mit nachwachsenden Rohstoffen, unsere Landeskorrespondentin für Sachsen-Anhalt, Anke Petermann hat sich erkundigt.

von Anke Petermann |
    Die kleine unscheinbare Fabrikhalle wirkt innen wie mehlbestäubt, Säcke mit pulverisierter Weizenstärke stapeln sich an einer Wand. Eine Bäckerei? Nein, es sind keine Teigstränge, die da aus der langgestreckten Maschine namens Extruder gepreßt werden. Was da klein gehackt in weiße Säcke purzelt, ist Biokunststoff-Granulat, gemacht aus Stärke und Pflanzenöl. Vor zwei Jahren wagten der Chemiker Gert Mustroph und der Wirtschafts-Ingenieur Maik Lyschik den Sprung in die Selbständigkeit, ihre Firma nannten sie supol, sustainable polymeres, zu deutsch nachhaltige Kunststoffe. Allmählich erobern sich die beiden Existenzgründer einen Markt:

    "Die Einsatzgebiete sind hauptsächlich im Garten- und Landschaftsbau, wie Folien, Clips und im Friedhofswesen Urnen und Aschekapseln."

    Produkte also, die nur für eine kurze Zeit Bestand haben müssen und dann zerfallen, ohne Rückstände zu hinterlassen. Entwickelt wurde der neuartige Werkstoff im Magdeburger Innovations- und Gründerzentrum 'Nachwachsende Rohstoffe', eines von drei Entwicklungszentren dieser Art weltweit. Hier forscht man auch nach der Ausgründung von Supol weiter in Sachen Biokunststoff. Hauptziel ist, die Herstellung durch den Einsatz anderer natürlicher Rohstoffe preiswerter zu machen. In einem der Technikumträume im Zentrum füllt Planungsingenieur Hans Österreicher Sojabohnen in eine Maschine:

    "Die Sojabohnen können ja nicht so gepresst werden, sondern müssen vorbereitet, aufgebrochen, zerkleinert werden, um Öl abzupressen - das Maximum ist 20 %, wir wollen sehen, ob wir auf diese Werte kommen."

    Mit einem neuen Verfahren soll die Ölausbeute optimiert werden - mehr verrät der Mitarbeiter von Öhmi Engeneering nicht. Die Firma baut schlüsselfertige Fabriken für die Speiseölindustrie und zur Herstellung von Biodiesel und mietet zu Forschungszwecken die Anlagen von einem Verein im Innovations- und Gründerzentrum an, dem Verein Pilot Pflanzenöltechnologie Magdeburg, kurz PPM . 1995 setzte PPM die Idee, ein Pflanzenöltechnologiezentrum für Deutschland zu gründen, in die Tat um und bildete eine Ölmühle im kleinen nach, erzählt Geschäftsführer Frank Pudel:

    "Von den 50ern bis in die 70er war es so, dass Pflanzenzüchter durch halb Europa reisen mussten, um hier einen Pressversuch, da eine Raffination zu machen. Das war ein großer Aufwand. Wir sind heute die zentrale Stelle für unterschiedliche Versuchsaufgaben."

    18 Firmen sind an dem Verein beteiligt, darunter namhafte Ölmühlen, Chemie-Unternehmen und Maschinenbauer aus ganz Deutschland. Sie testen hier, wie neue Ölsaatzüchtungen oder Wildpflanzenarten effizient verarbeitet werden können und wie Pflanzenschutzmittel beschaffen sein müssen, damit sie nicht ins Speiseöl oder ins Tierfutter gelangen. Rasante Wachstumsraten sind mit nachwachsenden Rohstoffen allerdings noch nicht zu erzielen, sagt Peter Tranksfeld, Vorstandsvorsitzender der ÖHMI AG, noch ist das Ganze ein mühsames Geschäft:

    "Das hängt mit den Preisen zusammen, mit Stückpreisen Grundstoffpreisen, aber das kann sich auch ganz schnell ändern , wir brauchen nur mal auf den Biodiesel zu schauen wie schnell sich dort die Situation geändert hat, wie schnell Biodiesel plötzlich preiswerter geworden ist als Diesel aus Erdöl produziert. Natürlich kann auch die Politik einiges tun, Rahmenbedingungen setzen. Aber die Hoffnung, dass wir damit gutes Geld verdienen, die ist in greifbarer Nähe."