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Nachwuchsschwimmer Melvin Imoudu
Luftikus und Olympiahoffnung

Er habe Probleme sich länger als zwei Minuten zu konzentrieren, sagt Schwimmtrainer Jörg Hoffmann über seinen Schützling Melvin Imoudu. Trotzdem - oder gerade deshalb - sieht er in dem 20-Jährigen einen künftigen Medaillenanwärter im Brustschwimmen. Die nationale Elite hat Imoudu bereits überrascht.

Von Frauke Hain | 17.02.2019
    Melvin Imoudu, deutscher Meister im Brustschwimmen
    Melvin Imoudu gewann im vergangenen Jahr gegen die gesamte nationale Schwimmelite die deutsche Meisterschaft über 100 Meter Brust (imago sportfotodienst)
    Melvin Imoudu checkt noch einmal den Trainingsplan auf dem Smartphone des Trainers – und springt ins Wasser. Schwimmt entspannt eine Bahn. Und gönnt sich schon die erste kleine Pause am anderen Ende des Beckens: "Ich habe oft Probleme mit der Motivation."
    Kein Wunder - der zwei Meter große Brustschwimmer trainiert fünf Stunden am Tag. "Meine Hobbies: schlafen und essen. Da gibt es nicht so viel nebenbei. Schule ist noch ein Thema neben dem Sport." Der 20-Jährige steckt mitten im Abitur. Für Leistungssportler wie ihn gibt es eine Ausnahmeregelung. Er kann die Prüfung über zwei Jahre verteilen. "Die für mich wichtigen Abi-Klausuren habe ich dieses Jahr. Und nächstes Jahr ist dann nur noch Sport und Erdkunde."
    Aus dem Fitnessstudio zum Meistertitel
    In Deutsch und Mathe will er diesen Sommer glänzen, so wie bei der WM. Es ist ein kleines Wunder, dass Melvin Imoudu überhaupt noch dabei ist. Vor zwei Jahren wäre seine Karriere fast vorbei gewesen - noch bevor sie richtig angefangen hatte: "Ich war kurz davor aufzuhören durch meine Rückenprobleme." An Training im Wasser war überhaupt nicht zu denken. Stattdessen rackerte Imoudu, dessen Vater aus Nigeria kommt, im Fitnessstudio.
    Und dazu gab es aufmunternde Worte. "Also ich habe ein sehr gutes Verhältnis zu meiner Familie, vor allem auch zu meiner Schwester, weil sie die letzten zwei Jahre bei mir in Potsdam war." Das Athletiktraining an Land hat sich gelohnt. Im vergangenen Jahr hat Imoudu bei den deutschen Meisterschaften alle überrascht und die deutsche Brustschwimmelite düpiert.
    "Das wird mal ein richtig guter Brustschwimmer"
    Und obwohl Trainer Jörg Hoffmann seinen Schützling immer wieder als Luftikus bezeichnet – setzt er große Stücke auf ihn: "Er hat tierische Probleme, sich länger als zwei Minuten zu konzentrieren. Aber in diesen zwei Minuten kann er eben auch alles abrufen und rausholen. Das wird mal ein richtig guter Brustschwimmer. WM-Glückstreffer - aber für Tokio sehr großes Potential."
    Für Olympia muss die Leistung stabil und solide sein. Und der 20-Jährige gibt offen und ehrlich selbst zu: "Ich bin ein Typ, der sich nicht so viele Gedanken macht über die Dinge. Ich gehe einfach ganz locker in die Sache rein und versuche das Beste daraus zu machen."