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Nachwuchswissenschaftler ziehen Bilanz

Tagung. - In Lindau ist das 60. Nobelpreisträgertreffen zu Ende gegangen. Über 60 Laureaten und über 600 Nachwuchsforscher hatten während der fünf Tage ausgiebig die Gelegenheit zum Gespräch über Fach- und anderen Themen genutzt. Eine Bilanz aus Sicht der Jugend.

Von Arndt Reuning |
    "Ich bin sehr begeistert von der Tagung und ich muss sagen, man hat tatsächlich mal die Möglichkeit gehabt, mit einem Nobelpreisträger abends am Essenstisch zu sprechen und ihm die Fragen zu stellen, die jetzt nicht direkt mit seinem Thema zu tun haben, sondern auch darüber hinaus gehen: inwieweit irgendwelche Nobelpreise seine Forschung auch beeinflusst haben, ob er auf dem gleichen Gebiet weiter geforscht hat oder sich ein neues Thema gesucht hat. Und das muss ich sagen, das war so ein bisschen meine Erwartung, und die ist voll erfüllt worden, und das finde ich ausgesprochen gut."

    Der Chemie-Doktorand Korbinian Müller-Graff von der Universität Heidelberg lehnt an einem Geländer am Ufer zum Bodensee. Noch einmal lässt er die vergangenen Tage vor seinem geistigen Auge vorbei ziehen. Besonders beeindruckt hat ihn das Gespräch mit dem Physik-Nobelpreisträger David Gross während des Abendessens. Ähnlich ist es Matthew Foreman vom Imperial College London gegangen, der ein Stückchen weiter auf den Stufen zum See sitzt und über das Wasser blickt. Weshalb ist er nach Lindau gekommen?

    "Um die weltbekannten Forscher zu treffen, die man ein Leben lang verehrt hat. Und dann spricht man mit ihnen und merkt, dass das auch nur ganz normale Menschen sind. Ich wollte wissen, wie sie ihr Ziel erreicht haben und mich davon inspirieren lassen."

    Annelise Casellato von der Universität von Rio de Janeiro in Brasilien hatte ein besonderes Anliegen.

    "Well, I came for questions, not for answers. And I think I have a lot of questions now."

    Sie sei nicht gekommen, um Antworten zu erhalten, sondern Fragen. Und die habe sie nun auch, sagt die Chemikerin. In Lindau hat sie sich mit Kolleginnen und Kollegen aus Ungarn, Japan, Italien, Singapur und Deutschland ausgetauscht. Und dabei Einsichten und Anregungen erhalten, die sie in wissenschaftlichen Fachpublikationen niemals gefunden hätte, glaubt sie. Sie ist auch aus sozialen Gründen an den Bodensee gereist.

    "You have like social motivations and this kind of things that we don’t have in the papers. The papers is just scientific."

    Die chinesische Krebsforscherin Lina Zhao hingegen war mit ganz konkreten Fachfragen zum Nobelpreisträgertreffen angereist. Und sie wusste auch ganz genau, wem sie sie stellen wollte.

    "Vor der Veranstaltung hatte ich mir vorgenommen, Professor zur Hausen vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg zu treffen. Denn meine eigene Forschung ist seiner sehr ähnlich. Ich habe ihn tatsächlich gesprochen, das war sehr aufregend. Ich habe viel von ihm gelernt."

    Der Hochschullehrer Emmanuel Unuabonah sagt, das Treffen habe ihn dazu angeregt, die jungen Wissenschaftler in seiner Heimat Nigeria stärker miteinander zu vernetzen. Vermisst hat er in Lindau eigentlich nichts.

    "Ich würde bloß vorschlagen, dass im nächsten Jahr mehr junge Wissenschaftler aus Afrika dazu eingeladen werden, an diesem Programm teilzunehmen. Ich denke, das wird ihren Horizont erweitern. Und das ist sehr gut für Afrika."

    Das Nobelpreisträgertreffen in Lindau werde er auf alle Fälle lange Zeit in guter Erinnerung behalten, sagt der Chemiker.

    "It will last long in my mind, in my heart, in my memories. Thank you!"

    Der Deutschlandfunk berichtet vom 60. Nobelpreisträgertreffen in Lindau