Fragen und Antworten
Nadelöhr am Persischen Golf - Welche Folgen hätte eine Blockade der Straße von Hormus?

Nach dem US-Angriff auf iranische Atomanlagen droht der Iran mit der Schließung der Straße von Hormus: Das Parlament billigte die Sperrung, es fehlt aber noch die Zustimmung des Obersten Nationalen Sicherheitsrats. Wie realistisch ist ein solches Szenario - und was wären die Folgen für die Weltwirtschaft?

    Der Persische Golf, die Straße von Hormus und der Golf von Oman in einer Satellitenaufnahme.
    An ihrer schmalsten Stelle ist die Straße von Hormus nur rund 33 Kilometer breit - die Fahrrinne ist allerdings noch wesentlich enger (Archivbild). (NASA/The Visible Earth)

    Wo liegt die Straße von Hormus?

    Die Meerenge verbindet den Persischen Golf im Westen und den Golf von Oman im Osten, liegt also zwischen Oman und dem Iran. An ihrer schmalsten Stelle ist die Straße von Hormus nur rund 33 Kilometer breit. Die Fahrrinne ist allerdings noch wesentlich enger: Für den Schiffsverkehr tauglich ist hier nur ein drei Kilometer breiter Streifen.

    Welche Bedeutung hat die Meerenge für die Weltwirtschaft?

    Die Straße von Hormus gehört zu einer der wichtigsten Seefahrtsrouten überhaupt. Am Persischen Golf liegen bedeutende Ölförderländer. Neben dem Iran sind dies vor allem Saudi-Arabien, Irak, Kuwait, Katar, Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate. 
    Der Internationalen Energie-Agentur (IEA) zufolge wurden 2023 nahezu 30 Prozent des weltweit verschifften Öls durch die Meerenge transportiert – etwa 20 Millionen Fass Rohöl pro Tag. Das ist rund ein Fünftel des weltweiten Bedarfs. Der größte Teil davon geht Richtung Asien, vor allem nach China und Indien. Pipelines könnten im Fall einer Seeblockade nur einen Bruchteil der Ölmenge aufnehmen. Auch etwa ein Fünftel des weltweit gehandelten Flüssiggases muss das Nadelöhr an der iranischen Südküste passieren.

    Welche ökonomischen Folgen hätte eine Sperrung?

    Der Preis für Rohöl der Sorte Brent könne dann binnen kurzem auf 120 Dollar pro Barrel (159 Liter) steigen, schreiben die Ökonomen Robin Winkler und Marc Schattenberg von Deutsche Bank Research. Aktuell liegt er bei 77 Dollar, umgerechnet 67 Euro. "Die derzeitige Konjunkturerholung würde abbrechen", warnen die Analysten.
    Für Verbraucher würde es demnach teurer: Die Inflation könnte kurzfristig um etwa einen Prozentpunkt nach oben gehen. Schon jetzt steigen die Frachtraten der Reedereien, die ihrerseits Risikoaufschläge berechnen, wie DLF-Wirtschaftsredakteur Marcus Wolf erläutert. Doch auch der Iran selbst, der auf die Einkünfte aus dem eigenen Ölexport angewiesen ist, wäre erheblich betroffen. Zu den Gewinnern zählte indes Russland, dessen Öl und Gas stärker gefragt wäre - und dessen Kriegskasse sich dreieinhalb Jahre nach dem Überfall auf die Ukraine weiter füllen könnte.

    Wie könnte der Iran die Straße von Hormus abriegeln?

    Die Islamische Republik könnte die Meerenge durch Minen unpassierbar machen. Zudem könnten die iranischen Revolutionsgarden Tanker mit Schnellbooten bedrängen oder gar mit Raketen beschießen. Denkbar wäre auch, große Schiffe durch Störsignale vom Kurs abzubringen und durch gestrandete Frachter eine Blockade zu erzeugen. Tatsächlich berichten bereits zahlreiche Kapitäne von gestörten GPS-Signalen in der Region. Größere Schäden blieben bisher offenbar aus; eine direkte Urheberschaft des Irans konnte nicht nachgewiesen werden.

    Wie realistisch ist eine Blockade der Meerenge?

    Zwar hat das iranische Parlament eine Schließung bereits bewilligt. Es fehlt noch die Freigabe durch den Obersten Nationalen Sicherheitsrat. Wichtige politische Entscheidungen treffen in der Islamischen Republik jedoch weder die Abgeordneten noch der Präsident, sondern allein der Oberste Führer, Ajatollah Chamenei.
    In früheren Jahren hatte der Iran mehrfach mit einer Sperrung der Straße von Hormus gedroht, diese aber niemals umgesetzt. Auch diesmal gibt es gleich mehrere Gründe, die gegen den Einsatz dieses scharfen Schwertes sprechen. Sollte der Iran diesen Weg einschlagen, würde er etwa die Beziehungen zu seinen Nachbarn aufs Spiel setzen, zitiert ARD-Korrespondentin Sabina Matthay den Ölmarktanalysten Gaurav Sharma. Vor allem die erreichte Annäherung an den einstigen Erzfeind Saudi-Arabien wäre gefährdet.

    Wie reagieren die USA und China auf die Drohungen?

    Das wichtigste Argument gegen eine Blockade wären die Auswirkungen auf die großen Militärmächte USA und China. Die Volksrepublik gilt als wichtiger Wirtschaftspartner des Irans. Der chinesische Außenamtssprecher Guo teilte mit, der Persische Golf und seine umliegenden Gewässer seien eine wichtige internationale Route für Güter und Energie.
    Sicherheit und Stabilität in der Region zu wahren sei im Interesse der internationalen Gemeinschaft.
    Die USA, die in Bahrain einen Marinestützpunkt unterhalten, wurden noch deutlicher: Außenminister Rubio sagte dem Sender Fox News am Sonntag: "Es wäre eine massive Eskalation, die eine Antwort verdienen würde - nicht nur von uns, sondern auch von anderen." Nach einer früheren Drohung des Irans, die Meerenge von Hormus zu schließen, hatte der damalige Präsident Barack Obama 2012 erklärt, alle Optionen lägen auf dem Tisch. Regierungsbeamte hatten im Anschluss betont, diese Warnung sei wörtlich zu nehmen.
    Diese Nachricht wurde am 23.06.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.