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Nanoröhrchen mit Funktion

Nanotechnologie. – Seit der Mitte der 90er Jahre können die Wissenschaftler Nanoröhrchen herstellen. Die ersten bestanden aus reinem Kohlenstoff, inzwischen können auch Röhrchen aus piezoelektrischen Materialien hergestellt werden.

    Am Max-Planck-Institut für Mikrostrukturtechnik in Halle gießen die Forscher Nanoröhrchen mit Hilfe von porösen Membranen. Die Poren laufen quer durch die Membran, sind nur Zehntel Millimeter lang und Zehntausendstel Millimeter im Durchmesser. durch sie hindurch, nur Zehntel von Millimetern lang und Zehntausendstel von Millimetern dick. Die Wände der Poren kann Martin Steinhart vom MPI beispielsweise mit Kunststoff beschichten. Löst er anschließend die Membran auf, bleiben lauter kleine Röhrchen zurück – hoch geordnet mit frei wählbarem Durchmesser. Steinhart: "Wir können Röhrchen von nanoskaligen Dimensionen bis zu mikroskaligen Dimensionen herstellen. Das hängt davon ab, welche poröse Struktur wir sozusagen als Schablone verwenden." Nicht nur die Dimensionen sondern auch die Materialien lassen sich dabei bestimmen. Die Hallenser MPI-Forscher können inzwischen Nanoröhrchen aus piezoelektrischen Oxiden herstellen.

    Das neue Material erweitert das Spektrum der möglichen Anwendungen. Steinhart: "Kohlenstoffnanoröhrchen sind eine sehr faszinierende Sache, aber Kohlenstoff kann nicht alles. Bei den piezoelektrischen Nanoröhrchen geht es zum Beispiel darum, dass die Nanoröhrchen unter Einfluss eines elektrischen Feldes ihre Form ändern. Und das kann Kohlenstoff nicht." Piezoelektrische Materialien werden überall dort eingesetzt, wo man mit einer elektrischen Spannung eine kleine Bewegung erzeugen möchte. Piezoelektrische Membranen können beispielsweise in Elektrogeräten warnende Pieps-Signale von sich geben.

    Bei der Herstellung der piezoelektrischen Nanoröhrchen müssen die Forscher aus Halle einen Trick anwenden. Denn das Oxid der Röhren lässt sich nicht in die Formen füllen. Daher beschichten die Experten die Schablonen mit einem Kunststoff, der alle Bestandteile des Oxids enthält. Bei der Erhitzung zerfällt der Kuststoff und das Oxid bildet sich. Sie beschichten die Schablonen daher mit einem Kunststoff, der alle Bestandteile des piezoelektrischen Oxides enthält. In einem heissen Ofen zerfällt der Kunststoff, und zurück bleibt das Oxid.

    Anwendungen für diese Nanoröhrchen gibt es viele. So könnten einzelne Röhrchen als winzige Lese-Schreib-Geräte fungieren. Durch die Schablonen werden die Nanoröhrchen allerdings in einer hoch geordneten Form hergestellt, wie Nägel auf einem Reißbrett. Diese Anordnung könnte man auch zur Datenspeicherung nutzen. Jedes einzelne Röhrchen arbeitet dabei wie ein Stempel, der Informationen in einen Film aus Kunststoff einprägt – quasi wie eine Art Blindenschrift. Yun Luo, Nanophysikerin beim MPI in Leipzig: "Viele kleine Spitzen arbeiten gemeinsam. Sie lesen oder schreiben auf einem Kunststofffilm. Alle arbeiten gleichzeitig, so dass die Zugriffszeit sehr gering ist. Wir können solch einen Verbund von Nanoröhrchen auf einer Fläche von mehreren Quadratzentimetern herstellen. Unser Ziel ist es, dass wir jedes einzelne Röhrchen über Elektroden ansteuern können." Die elektrischen Kontakte zur Steuerung können die MPI-Forscher inzwischen problemlos anbringen. Röhrchen mit elektrischen Kontakten zu versehen, das bereitet den Forschern vom Max-Planck-Institut keine Probleme. Doch der Anschluss an eine Steuerelektronik könnte noch Probleme bereiten.

    [Quelle: Arndt Reuning]