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Nanotechnologie
Standby-Modus mit wenig Stromverbrauch

Etwa drei Prozent des deutschen Stromverbrauchs gehen auf das Konto von Elektrogeräten im Stand-by-Modus. Um dem entgegenzuwirken, arbeiten Forscher an einer Stand-by-Schaltung, die praktisch keine Energie mehr verbrauchen soll.

Von Frank Grotelüschen | 27.01.2014
    Feierabend in Deutschland: Endlich aufs Sofa gelümmelt, in der einen Hand die Chipstüte, die andere tastet nach der Fernbedienung. Doch die Bequemlichkeit hat ihren Preis: Damit der Kasten beim sanften Druck aufs Fernbedienungs-Knöpfchen unverzüglich angeht, muss er in ständiger Bereitschaft verharren – im Stand-by-Modus, sagt Thomas Schimmel, Physiker am Karlsruher Institut für Technologie.
    "Ein Fernseher, wenn man ihn über Fernbedienung ausschaltet, ist nur fast ausgeschaltet. Er braucht ständig elektrische Energie. Und wenn man das über alle Stand-by-Geräte addiert, ist es kein vernachlässigbarer Betrag zum gesamten Stromverbrauch."
    Rund 100 Euro Stromkosten pro Jahr verursacht der Wartemodus pro Haushalt – macht 2,3 Milliarden für ganz Deutschland. Eine Summe, die sich deutlich reduzieren ließe, meint Schimmel – und zwar mit einem noch jungen Bauteil aus dem Werkzeugkasten der Nanotechnologie. Sein Name: Einzelatom-Transistor.
    "Praktisch der kleinste Transistor weltweit. Ist im Grunde ein winzig kleiner Schalter, bei dem das schaltende Element, das die beiden Kontakte miteinander verbindet, ein einziges Atom ist."
    Im Prinzip ist der Einzelatom-Transistor aufgebaut wie ein Lichtschalter: zwei elektrische Kontakte, dazwischen eine Lücke. Schaltet man das Licht ein, wird die Lücke überbrückt und der Stromkreis geschlossen. Schaltet man das Licht wieder aus, öffnet sich die Lücke und der Stromkreis ist unterbrochen. Beim Einzelatom-Transistor ist diese Lücke extrem winzig: Weniger als ein Millionstel Millimeter beträgt der Abstand zwischen den Kontakten – der Durchmesser eines einzigen Atoms.
    "Und Sie ahnen schon, was man tun kann: Man kann das kleinste Stück Metall, das man findet, nehmen – ein einzelnes Metallatom – und schiebt es in den Kontakt. Dieses reingeschobene Atom verbindet die beiden elektrischen Kontakte und der Stromkreis ist geschlossen. Das heißt, man hat einen elektrischen Schalter mit nur einem einzigen Atom."
    Nur: Wie schiebt man ein Gebilde zwischen zwei Positionen hin und her, das so winzig ist, dass es allenfalls per Spezialmikroskop zu sehen ist? Um das zu schaffen, lässt Schimmel den atomaren Schaltprozess in einer elektrisch leitfähigen Flüssigkeit ablaufen, einem Elektrolyten.
    "Ich kann an einer elektrischen Spannung, die an dem Elektrolyten anliegt, ein bisschen drehen und übe auf diese Weise Kräfte aus auf das kontaktierende Atom. Das heißt, ich kann mit einigen Millivolt das Atom mechanisch in den Kontakt reinschnappen lassen und die Verbindung zwischen dem rechten und dem linken Kontakt herstellen. Es ist im Grunde eine winzige kleine Mechanik, die elektrisch gesteuert wird mit ganz wenig Energie."
    Die Bereitschaftsschaltung auf Atombasis würde nur ein Zehntausendstel dessen brauchen, was heute eine Stand-by-Schaltung an Strom frisst. Erste Prototypen hat Schimmels Team bereits gebaut.
    "Im Labor funktionieren diese Geräte wunderbar – Einzelexemplare, die wir herstellen und wissenschaftlich untersuchen. Wenn's jetzt drum geht, Millionen von diesen Geräten zu machen – da wird noch einiges zu tun sein. Gerade mit der Fertigung, mit der Verkapselung der einzelnen Einheiten und ähnlichem."
    Technologische Herausforderungen, an denen die Karlsruher Physiker aber schon tüfteln, gemeinsam mit Elektroingenieuren der ETH Zürich.